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Read the Bible from start to finish, from Genesis to Revelation.
Duration: 365 days
Schlachter 1951 (SCH1951)
Version
Hiob 14-16

Hiob beschreibt das Elend des Menschen

14 Der Mensch, vom Weibe geboren,
lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe.
Wie eine Blume blüht er und verwelkt;
gleich einem Schatten flieht er und hat keinen Bestand.
Und über einem solchen tust du deine Augen auf
und gehst mit mir ins Gericht?
Gibt es einen Reinen unter den Unreinen?
Keinen einzigen!
Wenn doch seine Tage und die Zahl seiner Monde bei dir bestimmt sind
und du ihm ein Ziel gesetzt hast, das er nicht überschreiten kann,
so schaue doch weg von ihm und laß ihn in Ruhe,
bis er seines Tages froh werde wie ein Tagelöhner!
Denn für einen Baum ist Hoffnung vorhanden:
wird er abgehauen, so sproßt er wieder, und sein Schößling bleibt nicht aus.
Wenn seine Wurzel in der Erde auch alt wird
und sein Stumpf im Staub erstirbt,
so grünt er doch wieder vom Duft des Wassers
und treibt Schosse hervor, als wäre er neu gepflanzt.
10 Der Mann aber stirbt und ist dahin,
der Mensch vergeht, und wo ist er?
11 Wie Wasser zerrinnen aus dem See
und ein Strom vertrocknet und versiegt,
12 also legt sich auch der Mensch nieder und steht nicht wieder auf;
bis keine Himmel mehr sind, regen sie sich nicht
und wachen nicht auf aus ihrem Schlaf.
13 O daß du mich doch im Scheol verstecktest,
daß du mich verbärgest, bis dein Zorn sich wendet;
daß du mir eine Frist setztest und dann meiner wieder gedächtest!
14 Wenn der Mensch stirbt, wird er wieder leben?
Die ganze Zeit meines Kriegsdienstes würde ich harren,
bis meine Ablösung käme.
15 Dann würdest du rufen, und ich würde dir antworten;
nach dem Werk deiner Hände würdest du dich sehnen.
16 Nun aber zählst du meine Schritte.
Achtest du nicht auf meine Sünde?
17 Versiegelt ist meine Übertretung in einem Bündlein,
und du hast zugeklebt meine Schuld.
18 Doch stürzen ja auch Berge ein und sinken dahin,
und Felsen weichen von ihrem Ort, 19 das Wasser höhlt Steine aus,
und die Flut schwemmt das Erdreich fort;
also machst du auch die Hoffnung des Sterblichen zunichte;
20 du überfällst ihn unaufhörlich, und er fährt dahin,
du entstellst sein Angesicht und jagst ihn fort.
21 Ob seine Kinder zu Ehren kommen, weiß er nicht,
und kommen sie herunter, so wird er dessen nicht gewahr.
22 Sein Fleisch empfindet nur seine eigenen Schmerzen,
und seine Seele trauert nur über sich selbst!

Zweite Rede ds Eliphas

15 Da antwortete Eliphas, der Temaniter, und sprach:

Soll ein Weiser mit windigem Wissen antworten
und seinen Leib mit Ostwind füllen?
Zurechtweisung mit Worten nützt nichts,
und mit Reden richtet man nichts aus.
Doch du hebst die Gottesfurcht auf
und schwächst die Andacht vor Gott.
Denn deine Missetat lehrt deinen Mund,
und du wählst die Sprache der Schlauen.
Dein eigener Mund soll dich verurteilen und nicht ich,
deine Lippen sollen zeugen wider dich!
Bist du der Erstgeborene der Menschen,
und warest du vor den Hügeln da?
Hast du Gottes Rat belauscht
und alle Weisheit aufgesogen[a]?
Was weißt du, das wir nicht wüßten?
Verstehst du mehr als wir?
10 Ergraute Häupter sind auch unter uns,
Greise, die älter sind als dein Vater!
11 Sind dir zu gering die Tröstungen Gottes,
der so sanft mit dir geredet hat?
12 Was hat dir die Besinnung geraubt,
und wie übermütig wirst du,
13 daß du deinen Zorn gegen Gott auslässest
und solche Worte ausstößt aus deinem Mund?
14 Wie kann der Sterbliche denn rein,
der vom Weibe Geborene gerecht sein?
15 Siehe, seinen Heiligen traut er nicht,
die Himmel sind nicht rein vor ihm.
16 Wie sollte es denn der Abscheuliche, der Verdorbene,
der Mensch sein, der Unrecht wie Wasser säuft?

17 Ich will dich unterweisen, höre mir zu,
und was ich gesehen habe, will ich dir erzählen;
18 was Weise verkündigten
und nicht verhehlt haben von ihren Vätern her,
19 als noch ihnen allein das Land gehörte
und noch kein Fremder zu ihnen herübergekommen war:
20 Der Gottlose quält sich sein Leben lang,
all die Jahre, die dem Tyrannen bestimmt sind;
21 ein Schreckensgetön ist in seinen Ohren,
und der Verderber überfällt ihn in seinem Glück.
22 Er soll nicht glauben, daß er aus der Finsternis wiederkehren wird;
ausersehen ist er für das Schwert!
23 Er irrt umher nach Brot: wo [findet er es]?
Er weiß, daß ein finsterer Tag ihm nahe bevorsteht.
24 Not und Bedrängnis überfallen ihn,
sie überwältigen ihn, wie ein König, der zum Streit gerüstet ist.
25 Denn er hat seine Hand gegen Gott ausgestreckt
und sich gegen den Allmächtigen aufgelehnt;
26 er ist gegen ihn angelaufen mit erhobenem Haupt,
unter dem dicken Buckel seiner Schilde;
27 sein Angesicht bedeckte sich mit Fett,
und Schmer umhüllte seine Lenden;
28 er schlug seine Wohnung in zerstörten Städten auf,
in Häusern, die unbewohnt bleiben sollten,
zu Trümmerhaufen bestimmt.
29 Er wird nicht reich, sein Vermögen hat keinen Bestand,
und sein Besitz breitet sich nicht aus im Land.
30 Der Finsternis entgeht er nicht,
die Flamme versengt seine Sprößlinge,
vor dem Hauch Seines Mundes flieht er dahin.
31 Er verlasse sich nicht auf Lügen, er ist betrogen;
und Betrug wird seine Vergeltung sein.
32 Ehe sein Tag kommt, ist sie reif;
sein Zweig grünt nicht mehr.
33 Wie ein Weinstock, der seine Herlinge abstößt,
und wie ein Ölbaum [ist er], der seine Blüten abwirft.
34 Denn die Rotte der Ruchlosen ist unfruchtbar,
und Feuer frißt die Zelte der Bestechung.
35 Mit Mühsal schwanger, gebären sie Eitles,
und ihr Schoß bereitet Enttäuschung.

Hiobs Antwort; Vorwürfe an die Freunde

16 Und Hiob antwortete und sprach:

Dergleichen habe ich oft gehört;
ihr seid allzumal leidige Tröster.
Haben die geistreichen Worte ein Ende?
Oder was reizt dich zu antworten?
Auch ich könnte reden wie ihr,
befände sich nur eure Seele an meiner Statt;
da wollte ich Reden halten gegen euch
und den Kopf schütteln über euch!
Ich wollte euch stärken mit meinem Munde
und mit dem Trost meiner Lippen lindern euren Schmerz!

Hiob klagt über sein Schicksal

Wenn ich rede, so wird mein Schmerz nicht gelindert,
unterlasse ich es aber, was geht mir dann ab?
Doch jetzt hat Er mich erschöpft.
Du hast all meinen Hausstand verwüstet
und hast mich zusammenschrumpfen lassen;
zum Zeugen ist das geworden, und meine Magerkeit antwortet gegen mich.
Sein Zorn hat mich zerrissen und verfolgt;
er knirscht mit den Zähnen über mich,
mein Feind blickt mich mit scharfem Auge an.
10 Sie haben ihr Maul gegen mich aufgesperrt,
unter Schimpfreden schlagen sie mich auf meine Backen,
sie rüsten sich allesamt wider mich.
11 Gott hat mich den Buben preisgegeben
und den Händen der Gottlosen überliefert.
12 Sorglos war ich; da hat er mich überfallen,
er hat mich beim Nacken ergriffen
und zerschmettert
und mich zu seiner Zielscheibe aufgestellt.
13 Seine Schützen haben mich umringt,
er hat meine Nieren durchbohrt ohne Erbarmen
und meine Galle auf die Erde ausgeschüttet.
14 Er hat mir eine Wunde um die andere zugefügt,
ist gegen mich angelaufen wie ein Held.
15 Ich habe einen Sack um meine Haut genäht
und mein Horn in den Staub gesenkt.
16 Mein Angesicht ist gerötet vom Weinen,
und auf meinen Augenlidern liegt Todesschatten -
17 dafür, daß kein Unrecht an meinen Händen klebt
und mein Gebet lauter ist!

Hiob ruft den Tod herbei

18 O Erde, decke mein Blut nicht zu,
und mein Geschrei komme nicht zur Ruhe!
19 Aber auch jetzt noch, siehe, ist mein Zeuge im Himmel
und mein Verteidiger in der Höhe!
20 Meine Freunde spotten meiner;
aber mein Auge tränt zu Gott,
21 daß er dem Manne Recht schaffe vor Gott
und entscheide zwischen dem Menschen und seinem Nächsten.
22 Denn meine Jahre sind gezählt,
und auf dem Pfad, den ich nun wandle, komme ich nicht mehr zurück.

Schlachter 1951 (SCH1951)

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