Die erste Gemeinde in Jerusalem und die beginnende Verfolgung (Kapitel 3,1–8,3)

Gottes Wunder an einem Gelähmten

An einem Nachmittag gegen drei Uhr gingen Petrus und Johannes zum Tempel. Sie wollten dort am öffentlichen Gebet teilnehmen. Zur selben Zeit brachte man einen Mann, der von Geburt an gelähmt war, und setzte ihn an eine der Tempeltüren, an das sogenannte Schöne Tor. Er wurde jeden Tag dorthin getragen, damit er die Leute, die in den Tempel gingen, um Almosen anbetteln konnte.

Als Petrus und Johannes den Tempel betreten wollten, bat er auch sie um Geld. Sie blieben stehen, richteten den Blick auf ihn, und Petrus sagte: »Schau uns an!« Erwartungsvoll sah der Mann auf: Würde er etwas von ihnen bekommen? Doch Petrus sagte: »Geld habe ich nicht. Aber was ich habe, will ich dir geben. Im Namen von Jesus Christus aus Nazareth: Steh auf und geh!« Dabei fasste er den Gelähmten an der rechten Hand und richtete ihn auf. In demselben Augenblick konnte der Mann Füße und Gelenke gebrauchen. Er sprang auf und konnte sicher stehen, lief einige Schritte hin und her und ging dann mit Petrus und Johannes in den Tempel. Außer sich vor Freude rannte er umher, sprang in die Luft und lobte Gott.

So sahen ihn die anderen Tempelbesucher. 10 Sie erkannten, dass es der Bettler war, der immer an dem Schönen Tor des Tempels gesessen hatte. Fassungslos und voller Staunen starrten sie den Geheilten an. Wieso konnte er jetzt laufen? 11 Alle drängten aufgeregt in die Halle Salomos. Dort umringten sie Petrus, Johannes und den Geheilten, der nicht von der Seite der Apostel wich.

Petrus predigt im Tempel

12 Als Petrus die vielen Menschen sah, sprach er zu ihnen: »Ihr Leute aus Israel! Warum wundert ihr euch darüber, dass dieser Mann jetzt gehen kann? Und weshalb starrt ihr uns an? Glaubt ihr denn, wir hätten diesen Gelähmten aus eigener Kraft geheilt oder weil wir so fromm sind?

13 Nein, es ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Vorfahren, der uns mit dieser Wundertat die Macht und Ehre seines Dieners Jesus gezeigt hat. Diesen Jesus habt ihr an Pilatus ausgeliefert und verleugnet, obwohl Pilatus entschlossen war, ihn freizulassen. 14 Für den, der ganz zu Gott gehörte und ohne jede Schuld war, habt ihr das Todesurteil verlangt, aber den Mörder habt ihr begnadigt. 15 Ihr habt den getötet, von dem alles Leben kommt. Aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Das können wir bezeugen. 16 Das Vertrauen auf Jesus und die Macht seines Namens haben diesen Mann hier vollständig geheilt. Ihr alle kennt ihn und wisst, dass er gelähmt war. Doch nun ist er vor euren Augen gesund geworden durch den Glauben, den Jesus in ihm geweckt hat. 17 Ich weiß, liebe Brüder und Schwestern, euch war nicht klar, was ihr damals getan habt, und auch eure führenden Männer wussten es nicht. 18 Doch so hat Gott erfüllt, was er durch alle Propheten angekündigt hatte: Der von ihm versprochene Retter musste leiden.

19 Jetzt aber kehrt um und wendet euch Gott zu, damit er euch die Sünden vergibt. 20 Dann wird auch die Zeit kommen, in der Gott sich euch freundlich zuwendet. Er wird euch Jesus senden, den Retter, den er für euch bestimmt hat.

21 Jesus musste zuerst in den Himmel zurückkehren und dort seine Herrschaft antreten, aber die Zeit wird kommen, in der alles neu wird. Davon hat Gott schon immer durch seine auserwählten Propheten gesprochen. 22 Bereits Mose hat gesagt: ›Einen Propheten wie mich wird der Herr, euer Gott, zu euch senden, einen Mann aus eurem Volk. Ihr sollt alles befolgen, was er euch sagt. 23 Wer aber nicht auf ihn hört, der soll aus dem Volk verstoßen werden.‹[a]

24 Ebenso haben Samuel und alle Propheten nach ihm diese Zeit angekündigt. 25 Was diese Männer gesagt haben, gilt auch für euch. Ihr habt Anteil an dem Bund, den Gott mit euren Vorfahren geschlossen hat. Denn Gott sprach zu Abraham: ›Durch deinen Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden.‹[b]

26 Gott hat Jesus, seinen Diener, zuerst zu euch geschickt, nachdem er ihn in diese Welt gesandt hatte, und ihn beauftragt, euch zu segnen. Er wird euch helfen, umzukehren und euer Leben zu ändern.«

Petrus und Johannes werden verhört

Noch während Petrus und Johannes zu den Leuten sprachen, kamen einige Priester und Sadduzäer zusammen mit dem Hauptmann der Tempelwache auf sie zu. Sie waren empört, weil Petrus und Johannes in aller Öffentlichkeit lehrten. Erst recht störten sie sich daran, dass diese Männer verkündeten, Jesus sei auferstanden und es gebe somit eine Auferstehung der Toten. Sie ließen die beiden Apostel verhaften und über Nacht ins Gefängnis sperren, weil es inzwischen Abend geworden war. Aber viele von den Zuhörern begannen durch die Predigt der Apostel an Jesus zu glauben, so dass nun etwa fünftausend Männer zur Gemeinde gehörten, Frauen und Kinder nicht mitgerechnet.

Am nächsten Morgen versammelte sich der Hohe Rat in Jerusalem. Dazu gehörten die führenden Männer der Stadt, die Schriftgelehrten und der Hohepriester Hannas[c], außerdem Kaiphas, Johannes, Alexander und alle anderen aus der Verwandtschaft des Hohenpriesters. Sie ließen Petrus und Johannes hereinbringen und fragten sie: »Wer hat euch für das, was ihr getan habt, die Kraft und den Auftrag gegeben?«

Erfüllt vom Heiligen Geist antwortete ihnen Petrus: »Ihr führenden Männer und Oberhäupter unseres Volkes! Wir werden heute vor Gericht gestellt, weil wir einem Kranken geholfen haben. Auf die Frage, wie der Mann hier gesund geworden ist, 10 gibt es nur eine Antwort, und die wollen wir euch und dem ganzen Volk Israel gern geben: Dass dieser Mann geheilt wurde, geschah allein im Namen von Jesus Christus aus Nazareth. Er ist es, den ihr gekreuzigt habt und den Gott von den Toten auferweckte. 11 Jesus ist der Stein, von dem in der Heiligen Schrift gesprochen wird: Ihr Bauleute habt ihn als unbrauchbar weggeworfen. Nun aber ist er zum Grundstein des ganzen Hauses geworden.[d] 12 Nur Jesus kann den Menschen Rettung bringen. Nichts und niemand sonst auf der ganzen Welt rettet uns.[e]«

13 Die Mitglieder des Hohen Rates wunderten sich darüber, mit welcher Sicherheit Petrus und Johannes auftraten; wussten sie doch, dass es einfache Leute ohne besondere Bildung waren. Aber sie erkannten die beiden als Jünger von Jesus wieder. 14 Sie wussten nicht, was sie den beiden entgegenhalten sollten, denn der Geheilte stand vor ihnen. 15 Deshalb ließen sie zunächst einmal die Angeklagten aus dem Sitzungssaal führen und berieten sich:

16 »Was sollen wir nur mit diesen Leuten anfangen? Dass durch sie ein Wunder geschehen ist, können wir nicht bestreiten. Die Nachricht davon hat sich bereits in ganz Jerusalem herumgesprochen. 17 Damit sich ihre Botschaft unter dem Volk aber nicht noch weiter ausbreitet, sollten wir ihnen streng verbieten, jemals wieder zu predigen und sich dabei auf diesen Jesus zu berufen.« 18 Nachdem sie die Apostel wieder in den Sitzungssaal gerufen hatten, verboten sie ihnen nachdrücklich, noch einmal als Lehrer aufzutreten und in der Öffentlichkeit von Jesus zu reden. 19 Aber Petrus und Johannes antworteten nur: »Urteilt selbst: Ist es vor Gott recht, euch mehr zu gehorchen als ihm? 20 Wir können unmöglich verschweigen, was wir gesehen und gehört haben!« 21 Da verwarnte der Hohe Rat die Apostel noch einmal, ließ sie jedoch ohne eine Strafe frei, weil er sonst Unruhe im Volk befürchtete. Denn alle Menschen in Jerusalem lobten Gott für das, was er getan hatte. 22 Immerhin war der Mann, an dem dieses Wunder geschah, von Geburt an über vierzig Jahre lang gelähmt gewesen.

Die Apostel berichten der Gemeinde

23 Kaum waren Petrus und Johannes frei, gingen sie zu den anderen Gläubigen und berichteten, was ihnen die obersten Priester und die führenden Männer des Volkes angedroht hatten. 24 Da beteten alle gemeinsam zu Gott: »Herr, du hast den Himmel, die Erde und das Meer erschaffen und dazu alles, was lebt. 25 Es sind deine Worte, die unser Vater David, dein Diener, durch den Heiligen Geist gesprochen hat: ›Warum geraten die Völker in Aufruhr? Weshalb schmieden sie Pläne, die doch zu nichts führen? 26 Die Mächtigen dieser Welt rebellieren. Sie verschwören sich gegen Gott und den König, den er erwählt und eingesetzt hat.‹[f] 27 Genau das ist in dieser Stadt geschehen. Sie haben sich verbündet: Herodes und Pontius Pilatus, Menschen aus anderen Völkern und ganz Israel. Sie sind eins geworden im Kampf gegen Jesus, deinen heiligen Diener, den du als Retter zu uns gesandt hast. 28 Doch sie erfüllten nur, was du in deiner Macht schon seit langem geplant und beschlossen hattest. 29 Und nun, Herr, höre ihre Drohungen! Hilf allen, die an dich glauben, deine Botschaft mutig und unerschrocken weiterzusagen. 30 Zeig deine Macht! Lass Heilungen, Zeichen und Wunder geschehen, wenn wir den Namen von Jesus, deinem heiligen Diener, anrufen!«

31 Als sie gebetet hatten, bebte die Erde an dem Ort, wo sie zusammengekommen waren. Sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und verkündeten furchtlos Gottes Botschaft.

Die Gemeinde wächst

32 Alle, die zum Glauben an Jesus gefunden hatten, waren ein Herz und eine Seele. Niemand betrachtete sein Eigentum als privaten Besitz, sondern alles gehörte ihnen gemeinsam. 33 Mit großer Überzeugungskraft berichteten die Apostel von der Auferstehung des Herrn Jesus, und alle erlebten Gottes Güte. 34 Keiner der Gläubigen musste Not leiden. Denn wenn es an irgendetwas fehlte, war jeder gerne bereit, Häuser oder Äcker zu verkaufen 35 und das Geld den Aposteln zu übergeben. Die verteilten es an die Bedürftigen. 36 Josef, ein Levit aus Zypern, gehörte auch zu denen, die ihr Hab und Gut zur Verfügung stellten. Die Apostel nannten ihn Barnabas, das heißt übersetzt: »der anderen Mut macht«. 37 Er verkaufte seinen Acker und überreichte das Geld den Aposteln.

Hananias und Saphira betrügen Gott

Ein Mann namens Hananias verkaufte zusammen mit seiner Frau Saphira ein Grundstück. Hananias beschloss, heimlich einen Teil des Geldes für sich zu behalten, wovon auch seine Frau wusste. Den Rest brachte er zu den Aposteln. Aber Petrus durchschaute ihn. »Hananias«, fragte er, »warum hast du es zugelassen, dass der Satan von dir Besitz ergreift? Warum hast du den Heiligen Geist belogen und einen Teil des Geldes unterschlagen? Niemand hat dich gezwungen, das Land zu verkaufen. Es war dein Eigentum. Und auch nach dem Verkauf hättest du das Geld behalten können. Wie konntest du dich nur auf so etwas einlassen! Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott selbst.«

Nach diesen Worten brach Hananias tot zusammen. Alle, die davon hörten, waren entsetzt. Einige junge Männer hüllten den Toten in ein Tuch ein und trugen ihn hinaus, um ihn zu begraben.

Etwa drei Stunden später kam seine Frau Saphira. Sie wusste noch nicht, was geschehen war. Petrus fragte sie: »Ist das hier die ganze Summe, die ihr für euren Acker bekommen habt?« »Ja«, antwortete sie, »das ist alles.« Da erwiderte Petrus: »Warum habt ihr beiden beschlossen, den Geist des Herrn herauszufordern? Sieh doch, die Männer, die deinen Mann begraben haben, kommen gerade zurück. Sie werden auch dich hinaustragen.« 10 Im selben Augenblick fiel Saphira vor ihm tot zu Boden. Als die jungen Männer hereinkamen und sahen, dass sie tot war, trugen sie Saphira hinaus und begruben sie neben ihrem Mann. 11 Die ganze Gemeinde aber und alle, die davon hörten, erschraken zutiefst.

Gott bekennt sich zu seiner Gemeinde

12 In Gottes Auftrag vollbrachten die Apostel viele Zeichen und Wunder. Die ganze Gemeinde traf sich immer wieder im Tempel in der Halle Salomos, fest vereint im Glauben. 13 Die anderen, die nicht zur Gemeinde gehörten, wagten nicht, sich ihnen anzuschließen; sie sprachen aber mit Hochachtung von ihnen. 14 Immer mehr glaubten an Jesus, den Herrn, viele Männer und Frauen. 15 Sogar die Kranken trug man an die Straße und legte sie dort auf Betten und Bahren, damit wenigstens der Schatten von Petrus auf sie fiel, wenn er vorüberging. 16 Selbst aus den umliegenden Städten Jerusalems strömten die Menschen herbei. Sie brachten ihre Kranken und solche, die von bösen Geistern geplagt waren, und alle wurden gesund.

Erneute Verfolgung der Apostel

17 Der Hohepriester aber und seine Gefolgsleute, die Sadduzäer, waren neidisch auf die ständig wachsende Gemeinde von Christus und beschlossen deshalb, nicht länger tatenlos zuzusehen. 18 Kurzerhand ließen sie die Apostel festnehmen und ins Gefängnis werfen.

19 Aber in der Nacht öffnete ein Engel des Herrn die Gefängnistüren und führte die Apostel hinaus. 20 »Geht in den Tempel«, sagte er, »und verkündet dort allen die Botschaft vom neuen Leben durch Jesus! Lasst nichts davon weg!« 21 Also gingen die Apostel frühmorgens in den Tempel und lehrten dort in aller Öffentlichkeit.

Zur selben Zeit berief der Hohepriester mit seinen Gefolgsleuten den Hohen Rat samt den führenden Männern des Volkes zu einer Sitzung ein. Dann ließen sie die Apostel zum Verhör holen. 22 Aber die waren nicht mehr im Gefängnis. So kehrten die Beauftragten des Hohenpriesters zurück und meldeten: 23 »Die Gefangenen sind fort. Die Türen des Gefängnisses waren sorgfältig verschlossen, und die Wachen standen davor. Aber als wir die Türen öffneten, war niemand in der Zelle.« 24 Der Befehlshaber der Tempelwache und der Hohepriester waren ratlos: Wie sollte das alles noch enden?[g]

25 Da kam jemand mit der Nachricht herein: »Die Männer, die ihr ins Gefängnis geworfen habt, sind schon wieder im Tempel und lehren dort!« 26 Sofort zog der Befehlshaber der Tempelwache mit seinen Männern zum Tempel und holte die Apostel. Allerdings wendeten sie keine Gewalt an, weil sie sonst fürchten mussten, vom Volk gesteinigt zu werden.

27 Die Apostel wurden in den Gerichtssaal vor den Hohen Rat gebracht, wo der Hohepriester sie verhörte. 28 »Haben wir euch nicht streng verboten, jemals wieder öffentlich zu predigen und euch dabei auf diesen Jesus zu berufen?«, begann er. »Und doch habt ihr dafür gesorgt, dass inzwischen ganz Jerusalem von eurer Lehre spricht. Ihr wollt uns sogar für den Tod dieses Menschen verantwortlich machen!«

29 Petrus und die anderen Apostel erwiderten: »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen! 30 Der Gott unserer Vorfahren hat Jesus, den ihr ans Kreuz geschlagen und getötet habt, von den Toten auferweckt. 31 Gott hat ihn durch seine Macht zum Herrscher und Retter erhoben,[h] damit das Volk Israel zu Gott umkehren kann und ihnen ihre Sünden vergeben werden. 32 Das werden wir immer bezeugen und auch der Heilige Geist, den Gott allen gegeben hat, die ihm gehorchen.«

33 Diese Worte versetzten die Mitglieder des Hohen Rates in maßlose Wut, und sie wollten die Apostel hinrichten lassen.

Gamaliels weiser Rat

34 Da stand Gamaliel auf, ein Pharisäer und im Volk hoch angesehener Gesetzeslehrer. Er ließ die Apostel für kurze Zeit hinausbringen; 35 dann wandte er sich an die Versammelten: »Ihr Männer von Israel, seid vorsichtig und überlegt euch genau, was ihr gegen diese Leute unternehmt. 36 Schon früher glaubten manche, etwas Besonderes zu sein, wie Theudas zum Beispiel. Etwa vierhundert Männer schlossen sich ihm an. Aber er wurde getötet, und von seinen Leuten ist keiner mehr zu finden. Niemand spricht mehr von ihnen. 37 Danach, zur Zeit der Volkszählung, unternahm Judas aus Galiläa einen Aufstand. Er konnte viele Anhänger gewinnen. Aber auch er kam um, und alle, die sich ihm angeschlossen hatten, wurden auseinandergetrieben. 38 Deshalb rate ich euch in dieser Sache: Lasst diese Männer in Ruhe! Geht nicht gegen sie vor! Wenn es ihre eigenen Ideen und Taten sind, für die sie sich einsetzen, werden sie damit scheitern. 39 Steht aber Gott dahinter, könnt ihr ohnehin nichts dagegen unternehmen. Oder wollt ihr am Ende als Leute dastehen, die gegen Gott kämpfen?«

Das überzeugte alle. 40 Man rief die Apostel wieder herein, ließ sie auspeitschen und verbot ihnen noch einmal, in der Öffentlichkeit zu sprechen und sich dabei auf Jesus zu berufen. Dann wurden sie freigelassen. 41 Die Apostel aber verließen den Hohen Rat voller Freude darüber, dass Gott sie dazu auserwählt hatte, für Jesus Verachtung und Schande zu ertragen. 42 Sie lehrten weiterhin jeden Tag öffentlich im Tempel und auch in Häusern und verkündeten, dass Jesus der Christus ist, der versprochene Retter.

Die Wahl der sieben Diakone

In dieser Zeit wuchs die Gemeinde rasch. Dabei kam es zu Spannungen zwischen den einheimischen Juden mit hebräischer Muttersprache und denen, die aus dem Ausland zugezogen waren und Griechisch sprachen. Die Griechisch sprechenden Juden beklagten sich darüber, dass ihre Witwen bei der täglichen Versorgung benachteiligt würden. Deshalb riefen die zwölf Apostel die ganze Gemeinde zusammen. »Es ist nicht richtig«, sagten sie, »wenn wir Lebensmittel verteilen müssen, statt Gottes Botschaft zu verkünden. Darum, liebe Brüder und Schwestern, sucht in der Gemeinde nach sieben Männern mit gutem Ruf, die ihr Leben ganz vom Heiligen Geist bestimmen lassen und sich durch ihre Weisheit auszeichnen. Ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir selbst aber wollen nach wie vor unsere ganze Kraft dafür einsetzen, zu beten und Gottes Botschaft zu verkünden.« Mit diesem Vorschlag waren alle einverstanden. Sie wählten Stephanus, einen Mann mit festem Glauben und erfüllt mit dem Heiligen Geist; außerdem Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus von Antiochia; dieser war früher einmal zum jüdischen Glauben übergetreten. Diese sieben Männer wurden vor die Apostel gestellt, die für sie beteten und ihnen die Hände auflegten, um ihnen diese Aufgabe zu übertragen.

Die Botschaft Gottes aber wurde immer mehr Menschen verkündet. Vor allem in Jerusalem nahm die Zahl der Gläubigen stark zu. Unter ihnen waren viele jüdische Priester, die auf Gott gehört und zum Glauben an Jesus gefunden hatten.

Stephanus vor Gericht

Stephanus vollbrachte öffentlich durch Gottes Gnade und Kraft große Zeichen und Wunder. Eines Tages verwickelten ihn Anhänger einer jüdischen Gemeinde, die sich die »Freigelassenen«[i] nannten, in ein Streitgespräch. Auch Leute aus Kyrene, Alexandria, Zilizien und der Provinz Asia beteiligten sich daran. 10 Aber keiner von ihnen hatte der Weisheit, mit der er sprach, etwas entgegenzusetzen, denn in ihm wirkte der Heilige Geist mit seiner Kraft. 11 Deshalb stifteten sie ein paar Leute zu der Behauptung an: »Er hat Gott gelästert und Mose beleidigt. Wir haben es selbst gehört.« 12 Dadurch gelang es ihnen, das Volk, seine führenden Männer und die Schriftgelehrten so aufzuwiegeln, dass sie über Stephanus herfielen und ihn vor den Hohen Rat schleppten.

13 Dort traten Zeugen gegen Stephanus auf, die man vorher bestochen hatte. »Dieser Mensch«, so behaupteten sie, »wendet sich in seinen Reden ständig gegen den heiligen Tempel und das Gesetz Gottes. 14 Wir haben selbst gehört, dass er gesagt hat: ›Jesus aus Nazareth wird den Tempel abreißen und die Ordnungen ändern, die Mose uns gegeben hat.‹«

15 Die Mitglieder des Hohen Rates blickten gespannt auf Stephanus, und jedem fiel auf, dass sein Gesicht aussah wie das eines Engels.

Die Verteidigungsrede von Stephanus

Der Hohepriester fragte Stephanus: »Stimmt es, was die Männer hier von dir behaupten?« Stephanus antwortete: »Hört mich an, liebe Brüder und Väter unseres Volkes! Gott, dem alle Ehre zukommt, erschien unserem Vater Abraham in Mesopotamien, noch ehe Abraham nach Haran gezogen war. Gott forderte ihn auf: ›Verlass deine Heimat und deine Verwandten und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde!‹[j] So verließ Abraham das Land der Chaldäer und wohnte in Haran. Als sein Vater gestorben war, zog er von dort weiter, und Gott brachte ihn hierher, wo ihr jetzt wohnt. Zwar gab Gott ihm hier kein eigenes Land – nicht einmal einen Fußbreit –, doch er sagte zu ihm, dass ihm und seinen Nachkommen einmal das ganze Land gehören würde. Zu der Zeit aber hatte Abraham noch keine Kinder! Gott sagte zu ihm: ›Deine Nachkommen werden in einem fremden Land heimatlos sein. Vierhundert Jahre wird man sie als Sklaven ausbeuten, und sie werden viel leiden müssen.‹ Aber Gott versprach Abraham auch: ›Ich werde das Volk bestrafen, das sie so lange unterdrückt. Dann werden deine Nachkommen das fremde Land verlassen und mir hier dienen.‹[k]

Damals schloss Gott mit Abraham den Bund, dessen Zeichen die Beschneidung ist. Als später Isaak geboren wurde, beschnitt ihn sein Vater Abraham deshalb am achten Tag nach der Geburt. Auch Isaak befolgte diese Ordnung, und sein Sohn Jakob hielt es ebenso mit seinen zwölf Söhnen, unseren Stammvätern. Weil aber Jakobs Söhne auf ihren Bruder Josef neidisch waren, verkauften sie ihn als Sklaven nach Ägypten. Doch Gott stand Josef bei 10 und half ihm jedes Mal, wenn er in Not geriet. So konnte Josef die Gunst des ägyptischen Königs, des Pharaos, gewinnen. Wegen der ungewöhnlichen Weisheit, die Gott ihm gegeben hatte, wurde Josef vom Pharao schließlich zum Verwalter über ganz Ägypten und den Königshof eingesetzt.

11 Dann aber brach in Ägypten und Kanaan eine Hungersnot aus. Die Not war so groß, dass auch unsere Vorfahren nichts mehr zu essen hatten. 12 Als Jakob erfuhr, dass es in Ägypten noch Getreide gab, schickte er seine Söhne, unsere Stammväter, in dieses Land. 13 Bei ihrer zweiten Reise nach Ägypten gab sich Josef seinen Brüdern zu erkennen. Nun erfuhr der Pharao noch mehr über Josefs Familie. 14 Josef ließ seinen Vater Jakob und alle seine Verwandten nach Ägypten kommen, insgesamt fünfundsiebzig Menschen[l]. 15 So kam Jakob nach Ägypten. Er und alle unsere Vorfahren lebten dort bis zu ihrem Tod. 16 Später wurden ihre Gebeine nach Sichem überführt und in dem Grab beigesetzt, das Abraham von Hamors Nachkommen erworben hatte.

17 Dann kam die Zeit, in der Gott das Versprechen erfüllen wollte, das er Abraham gegeben hatte. Die Nachkommen von Josef und seinen Brüdern waren in Ägypten inzwischen zu einem großen Volk geworden. 18 Ein neuer Pharao kam an die Macht, der von Josef nichts mehr wusste. 19 Grausam und voller Hinterlist unterdrückte er unser Volk. Er zwang unsere Vorfahren, ihre neugeborenen Kinder auszusetzen, damit sie starben und das Volk nicht noch größer wurde.

20 In dieser Zeit wurde Mose geboren; er war ein sehr schönes Kind[m]. Drei Monate lang versteckten ihn seine Eltern in ihrem Haus. 21 Als er dann doch ausgesetzt werden musste, fand ihn die Tochter des Pharaos. Sie nahm ihn bei sich auf und erzog ihn wie ihren eigenen Sohn. 22 Mose wurde in allen Wissenschaften der Ägypter gründlich ausgebildet, und er zeichnete sich durch eindrucksvolle Worte und Taten aus.

23 Als Mose 40 Jahre alt war, beschloss er, sich um seine Brüder, die Israeliten, zu kümmern. 24 Eines Tages musste er mit ansehen, wie ein Israelit von einem Ägypter misshandelt wurde. Da griff er ein, übte Rache und schlug den Ägypter tot. 25 Mose meinte, seine Landsleute müssten jetzt erkennen, dass Gott ihn zur Befreiung seines Volkes geschickt hatte. Doch sie erkannten es nicht. 26 Am nächsten Tag kam er gerade dazu, als sich zwei Israeliten stritten. Er versuchte, den Streit zu schlichten, und sagte zu ihnen: ›Ihr gehört doch zu ein und demselben Volk, warum schlagt ihr euch?‹ 27 Aber der mit dem Streit angefangen hatte, stieß ihn zurück und rief: ›Wer hat dich eigentlich zu unserem Aufseher und Richter gemacht? 28 Willst du mich etwa auch umbringen, wie du gestern den Ägypter getötet hast?‹ 29 Mose erschrak über diese Worte. Er verließ Ägypten und floh nach Midian, wo er als Ausländer lebte. Dort wurden auch seine beiden Söhne geboren. 30 Vierzig Jahre vergingen. Da erschien ihm in der Wüste am Berg Sinai ein Engel im Feuer eines brennenden Dornbusches. 31 Mose sah die Flamme und wunderte sich über die seltsame Erscheinung. Als er aber näher herantrat, um genau hinzuschauen, hörte er die Stimme des Herrn:

32 ›Ich bin der Gott deiner Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.‹ Mose zitterte vor Angst und wagte nicht hinzusehen. 33 Aber der Herr sprach weiter zu ihm: ›Zieh deine Schuhe aus, denn du stehst auf heiligem Boden! 34 Ich habe gesehen, wie schlecht es meinem Volk in Ägypten geht, und ich habe auch gehört, wie sie über ihre Unterdrückung stöhnen. Nun bin ich herabgekommen, um sie zu retten. Darum geh, ich sende dich zurück nach Ägypten!‹[n] 35 Gott sandte also gerade den Mann als Anführer und Befreier zu den Israeliten, den sie mit den Worten abgewiesen hatten: ›Wer hat dich zu unserem Aufseher und Richter gemacht?‹ Er beauftragte Mose durch den Engel, der ihm im brennenden Dornbusch erschien, 36 und Mose führte das Volk aus Ägypten. Überall vollbrachte er Zeichen und Wunder: in Ägypten, am Roten Meer und während der vierzig Jahre in der Wüste.

37 Mose war es auch, der zum Volk Israel sagte: ›Einmal wird euch der Herr, euer Gott, einen Propheten wie mich senden, einen Mann aus eurem Volk.‹[o] 38 Dieser Mose wurde zum Vermittler zwischen unserem Volk und dem Engel, der auf dem Berg Sinai zu ihm sprach. Er empfing Gottes Weisungen, die zum Leben führen, und bekam den Auftrag, sie uns zu übermitteln. 39 Aber unsere Vorfahren wollten nicht auf ihn hören. Sie trauerten dem Leben in Ägypten nach und lehnten sich sogar gegen Mose auf, als er auf dem Berg Sinai war. 40 Von seinem Bruder Aaron verlangten sie: ›Los, mach uns Götterfiguren! Sie sollen uns voranziehen und den Weg zeigen. Wer weiß, was diesem Mose zugestoßen ist, der uns aus Ägypten herausgeführt hat!‹

41 Daraufhin machten sie sich ein Stierkalb, das ihr Gott sein sollte. Als es fertig war, feierten sie ein Fest zu Ehren ihres selbst gemachten Götzen und brachten ihm ihre Opfer. 42 Da wandte sich Gott von ihnen ab und überließ sie ihrem Schicksal. So kam es, dass sie die Sonne, den Mond und die Sterne verehrten, wie es im Buch der Propheten[p] steht: ›Ihr Israeliten, als ihr vierzig Jahre in der Wüste umhergezogen seid, habt ihr mir da Schlachtopfer und Speiseopfer dargebracht? 43 Nein, ihr habt das Zelt des Götzen Moloch und den Stern des Götzen Räfan[q] vor euch hergetragen. Diese Götter habt ihr euch selbst gemacht, um sie anzubeten. Darum lasse ich euch in die Gefangenschaft ziehen, noch weit über Babylon hinaus.‹[r]

44 Während ihrer ganzen Wanderung durch die Wüste hatten unsere Vorfahren ein Zelt bei sich, das ihnen als Tempel diente. Gott selbst hatte befohlen, ein solches Zelt zu bauen, und zwar genau so, wie er es Mose gezeigt hatte. 45 Die folgende Generation übernahm das Zelt. Als die Israeliten später unter der Führung von Josua das Land eroberten, aus dem die heidnischen Völker von Gott vertrieben wurden, nahmen sie das Zelt mit in ihre neue Heimat. Dort blieb es noch bis zur Zeit von König David.

46 Diesem König wandte sich Gott in Liebe zu, und so bat David Gott darum, für die Israeliten einen Tempel bauen zu dürfen[s]. 47 Doch erst Salomo verwirklichte diesen Plan. 48 Aber der höchste Gott wohnt ohnehin nicht in Häusern, die ihm Menschen bauen. So sagt schon der Prophet Jesaja: 49 ›Der Himmel ist mein Thron und die Erde mein Fußschemel. Und da wollt ihr mir, dem Herrn, ein Haus bauen? An welchem Ort soll ich mich denn niederlassen? 50 Ich habe doch Himmel und Erde geschaffen!‹[t]«

51 »Ihr seid wirklich unbelehrbar!«, fuhr Stephanus fort. »Ihr habt eure Ohren für Gottes Botschaft verschlossen, und auch euer Herz gehört ihm nicht.[u] Genau wie eure Vorfahren widersetzt ihr euch ständig dem Heiligen Geist. 52 Nennt mir einen einzigen Propheten, den eure Vorfahren nicht verfolgt haben. Sie haben alle umgebracht, die vom Kommen des Retters[v] sprachen. Und diesen Unschuldigen habt ihr nun verraten und ermordet! 53 Gott hat euch durch seine Engel das Gesetz gegeben, aber ihr habt euch nicht danach gerichtet.«

Der Märtyrertod von Stephanus

54 Über diese Worte von Stephanus gerieten die Mitglieder des Hohen Rates in maßlose Wut. 55 Stephanus aber blickte, erfüllt vom Heiligen Geist, fest zum Himmel auf und sah dort Gott in seiner Herrlichkeit und Jesus an seiner rechten Seite. 56 »Ich sehe den Himmel offen«, rief Stephanus, »und Jesus, den Menschensohn, auf dem Ehrenplatz an Gottes rechter Seite stehen!« 57 Jetzt schrien sie ihn nieder, hielten sich die Ohren zu, um seine Worte nicht länger hören zu müssen, und stürzten sich auf ihn. 58 Sie zerrten ihn aus der Stadt und begannen, ihn zu steinigen. Die Zeugen, die daran beteiligt waren, legten ihre Obergewänder ab und gaben sie einem jungen Mann namens Saulus, der sie bewachen sollte.

59 Noch während die Steine Stephanus trafen, betete er laut: »Herr Jesus, nimm meinen Geist bei dir auf!« 60 Er sank auf die Knie und rief mit lauter Stimme: »Herr, vergib ihnen diese Schuld!« Mit diesen Worten starb er.

Die Gemeinde in Jerusalem wird verfolgt

Saulus war mit der Steinigung von Stephanus völlig einverstanden. Noch am selben Tag setzte eine schwere Verfolgung der Gemeinde in Jerusalem ein. Alle außer den Aposteln flohen und zerstreuten sich in die Landbezirke von Judäa und Samarien. Stephanus wurde von einigen frommen Männern begraben, die für ihn eine große Totenklage hielten.

Saulus aber setzte alles daran, die Gemeinde auszurotten. Er ließ die Häuser durchsuchen, Männer und Frauen fortschleppen und ins Gefängnis werfen.

Footnotes

  1. 3,23 5. Mose 18,15
  2. 3,25 1. Mose 22,18
  3. 4,6 Hannas hatte 6–15 n.Chr. das Amt des Hohenpriesters inne, behielt aber nach jüdischem Gesetz diesen Titel auf Lebenszeit und hatte weiterhin großen Einfluss.
  4. 4,11 Vgl. Psalm 118,22.
  5. 4,12 Wörtlich: Und in keinem anderen ist die Rettung. Es gibt auch keinen anderen Namen unter dem Himmel, der den Menschen gegeben worden ist (und) durch den wir gerettet werden können. – Vgl. »Name Gottes« in den Sacherklärungen.
  6. 4,26 Psalm 2,1‒2. Das griechische Wort heißt »Christus« (= der gesalbte König). Vgl. »salben/Salbung« in den Sacherklärungen.
  7. 5,24 Oder: Wie konnte das geschehen?
  8. 5,31 Oder: Gott hat ihm den Ehrenplatz an seiner rechten Seite gegeben und ihn zum Herrscher und Retter erhoben.
  9. 6,9 Es handelt sich dabei wohl um ehemalige jüdische Sklaven und deren Nachkommen.
  10. 7,3 1. Mose 12,1
  11. 7,7 1. Mose 15,13‒14
  12. 7,14 Stephanus nennt die Zahl, die sich in der griechischen Übersetzung von 1. Mose 46,27 findet und womöglich weitere Nachkommen von Josef mitzählt. Im hebräischen Text ist von siebzig Personen die Rede.
  13. 7,20 Oder: Gott hatte Gefallen an ihm.
  14. 7,34 2. Mose 3,5‒10
  15. 7,37 5. Mose 18,15
  16. 7,42 Gemeint ist das »Zwölfprophetenbuch« des Alten Testaments (Hosea bis Maleachi). Die Schriften dieser zwölf Propheten fanden zusammen auf einer Schriftrolle Platz.
  17. 7,43 Räfan war eine heidnische Sterngottheit.
  18. 7,43 Amos 5,25‒27
  19. 7,46 Oder nach anderen Handschriften: und so bat David den Gott Israels darum, ihm einen Tempel bauen zu dürfen.
  20. 7,50 Jesaja 66,1‒2
  21. 7,51 Wörtlich: Ihr seid an Herz und Ohren unbeschnitten.
  22. 7,52 Wörtlich: des Gerechten.