Revised Common Lectionary (Semicontinuous)
Er trug unsere Sünde
13 So spricht der Herr: »Mein Diener wird seine Aufgabe erfüllen. Er wird eine überragende Stellung erlangen und hoch geehrt sein. 14 Viele waren entsetzt, als sie ihn sahen. Denn in der Tat: Er war völlig entstellt und kaum mehr als Mensch zu erkennen. 15 Dann aber werden viele Völker über ihn staunen,[a] sprachlos werden die Könige dastehen. Denn vor ihren Augen geschieht etwas, wovon sie noch nie gehört haben, und sie begreifen plötzlich, was ihnen bisher unbekannt war!«
53 Doch wer glaubt schon unserer Botschaft? Wer erkennt, dass der Herr es ist, der diese mächtigen Taten vollbringt? 2 Gott ließ seinen Diener emporwachsen wie einen jungen Trieb aus trockenem Boden. Er war weder stattlich noch schön. Nein, wir fanden ihn unansehnlich, er gefiel uns nicht! 3 Er wurde verachtet, von allen gemieden. Von Krankheit und Schmerzen war er gezeichnet. Man konnte seinen Anblick kaum ertragen. Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet.
4 Dabei war es unsere Krankheit, die er auf sich nahm; er erlitt die Schmerzen, die wir hätten ertragen müssen. Wir aber dachten, diese Leiden seien Gottes gerechte Strafe für ihn. Wir glaubten, dass Gott ihn schlug und leiden ließ, weil er es verdient hatte. 5 Doch er wurde blutig geschlagen, weil wir Gott die Treue gebrochen hatten; wegen unserer Sünden wurde er durchbohrt. Er wurde für uns bestraft – und wir? Wir haben nun Frieden mit Gott! Durch seine Wunden sind wir geheilt. 6 Wir alle irrten umher wie Schafe, die sich verlaufen haben; jeder ging seinen eigenen Weg. Der Herr aber lud alle unsere Schuld auf ihn.
7 Er wurde misshandelt, aber er duldete es ohne ein Wort. Er war stumm wie ein Lamm, das man zur Schlachtung führt. Und wie ein Schaf, das sich nicht wehrt, wenn es geschoren wird, hat er alles widerspruchslos ertragen. Man hörte von ihm keine Klage. 8 Er wurde verhaftet, zum Tode verurteilt und grausam hingerichtet. Niemand glaubte, dass er noch eine Zukunft haben würde.[b] Man hat sein Leben auf dieser Erde ausgelöscht. Wegen der Sünden meines Volkes wurde er zu Tode gequält! 9 Man begrub ihn bei Gottlosen, im Grab eines reichen Mannes,[c] obwohl er sein Leben lang kein Unrecht getan hatte. Nie kam ein betrügerisches Wort über seine Lippen.
10 Doch es war der Wille des Herrn: Er musste leiden und blutig geschlagen werden. Wenn er mit seinem Leben für die Schuld der anderen bezahlt hat, wird er Nachkommen haben. Er wird weiterleben und den Plan des Herrn ausführen. 11 Wenn er dieses schwere Leid durchgestanden hat, sieht er wieder das Licht[d] und wird für sein Leiden belohnt. Der Herr sagt:
»Mein Diener kennt meinen Willen, er ist schuldlos und gerecht. Aber er lässt sich für die Sünden vieler bestrafen, um sie von ihrer Schuld zu befreien. 12 Deshalb gebe ich ihm die Ehre, die sonst nur mächtige Herrscher erhalten. Mit seinen starken Kämpfern wird er sich die Beute teilen. So wird er belohnt, weil er den Tod auf sich nahm und wie ein Verbrecher behandelt wurde. Er hat viele von ihren Sünden erlöst und für die Schuldigen gebetet[e].«
Mein Gott, warum hast du mich verlassen?
22 Ein Lied von David, nach der Melodie: »Eine Hirschkuh früh am Morgen«.
2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie verzweifelt, doch du bist so weit weg,
nirgendwo scheint mir Rettung in Sicht zu sein.
3 Mein Gott, Tag und Nacht rufe ich zu dir um Hilfe,
aber du antwortest nicht und schenkst mir keine Ruhe.
4 Du bist doch der heilige Gott!
Du bist es, dem das Volk Israel seine Loblieder singt.
5 Unsere Vorfahren haben sich auf dich verlassen,
und du hast ihnen immer wieder geholfen.
6 Zu dir schrien sie und wurden gerettet.
Sie vertrauten dir, und du hast sie nicht enttäuscht.
7 Und was ist mit mir? Ein Wurm bin ich, kein Mensch mehr –
nur noch Hohn und Spott hat man für mich übrig.
8 Alle Leute machen sich über mich lustig.
Wer mich sieht, verzieht sein Gesicht
und schüttelt verächtlich den Kopf.
9 »Überlass Gott deine Not!«, lästern sie,
»der soll dir helfen und dich retten!
Er liebt dich doch, oder etwa nicht?«
10 Du, Herr, hast mich aus dem Leib meiner Mutter gezogen.
Schon an ihrer Brust hast du mich Vertrauen gelehrt.
11 Du bist mein Gott, seitdem mein Leben begann.
Seit der Stunde meiner Geburt bin ich auf dich angewiesen.
12 Bleib mir jetzt doch nicht fern! Groß ist meine Angst!
Weit und breit gibt es keinen, der mir hilft.
13 Viele Feinde kesseln mich ein,
umringen mich wie wilde Stiere.
14 Sie reißen ihr Maul auf wie brüllende Löwen,
die ihre Beute zerfleischen wollen.
15 Meine Kraft schwindet wie Wasser, das versickert,
und alle meine Knochen sind wie ausgerenkt.
Mein Herz verkrampft sich vor Angst[a],
16 und meine ganze Kraft ist dahin,
verdorrt wie eine staubige Tonscherbe.
Die Zunge klebt mir am Gaumen.
Du lässt mich im Tode versinken.
17 Eine Meute böswilliger Menschen umkreist mich,
gierig wie wildernde Hunde.
Hände und Füße haben sie mir durchbohrt.[b]
18 Ich kann alle meine Knochen zählen.
Sie aber starren mich schadenfroh an.
19 Schon teilen sie meine Kleider unter sich auf
und losen um mein Gewand.
20 Herr, wende dich nicht länger von mir ab!
Nur du kannst mir neue Kraft geben, komm mir schnell zu Hilfe!
21 Rette mich vor dem tödlichen Schwert,
bewahre mich vor den Krallen der Hundemeute!
Ich habe doch nur dieses eine Leben!
22 Reiß mich heraus aus dem Rachen der Löwen
und beschütze mich vor den Hörnern dieser wilden Stiere!
Und tatsächlich, Herr: Du hast mich erhört!
23 Ich will meinen Brüdern deinen Namen bekannt machen,
vor der ganzen Gemeinde will ich dich loben.
24 Alle, die ihr den Herrn achtet, preist ihn!
Ihr Nachkommen von Jakob, ehrt ihn!
Begegnet ihm in Ehrfurcht, ihr vom Volk Israel!
25 Denn er hat den Hilflosen nicht verachtet,
über sein Elend ging er nicht hinweg.
Nein, Gott wandte sich nicht von ihm ab,
sondern hörte auf ihn, als er um Hilfe schrie.
26 Herr, jetzt habe ich allen Grund,
dir vor der großen Gemeinde ein Loblied zu singen.
Was ich dir in meiner Not versprochen habe, löse ich nun ein;
alle, die Ehrfurcht vor dir haben, sind meine Zeugen.
27 Die Armen sollen sich wieder satt essen.[c]
Alle, die nach dem Herrn fragen, sollen ihn loben.
Euer Leben lang dürft ihr euch daran freuen!
28 Auch in den fernsten Ländern werden Menschen
Gott erkennen und zu ihm umkehren,
ja, alle Völker werden sich vor ihm niederwerfen.
29 Denn der Herr ist König,
er herrscht über alle Nationen.
30 Auch die Großen dieser Erde müssen vor ihm niederfallen,
sie, die immer mehr als genug zu essen hatten.
Ja, vor ihm werden einmal alle Menschen ihre Knie beugen,
alle Sterblichen, denen das Leben zwischen den Fingern zerrinnt.
31 Die kommenden Generationen werden ihm dienen,[d]
eine wird der nächsten von ihm erzählen.
32 Selbst die Menschen, die noch nicht geboren sind,
werden von seinen gerechten Taten hören,
und man wird sagen: »Der Herr hat es vollbracht!«
16 »Der neue Bund, den ich dann mit meinem Volk Israel schließen werde, wird ganz anders aussehen, spricht der Herr. Ich schreibe mein Gesetz in ihr Herz, es soll ihr ganzes Denken und Handeln bestimmen.« 17 Und dann heißt es: »Ich vergebe ihnen ihre Schuld und denke nicht mehr an ihre Sünden.«[a] 18 Sind aber die Sünden vergeben, dann ist kein Opfer mehr nötig.
Aufruf zu festem Glauben und zum Widerstand gegen das Böse (Kapitel 10,19–12,29)
Haltet an der Hoffnung fest!
19 Und so, liebe Brüder und Schwestern, können wir jetzt durch das Blut, das Jesus Christus am Kreuz für uns vergossen hat, frei und ungehindert ins Allerheiligste eintreten. 20 Christus hat den Tod auf sich genommen und damit den Vorhang niedergerissen, der uns von Gott trennte. Durch seinen geopferten Leib hat er uns einen neuen Weg gebahnt, der zum Leben führt.[b] 21 Er ist unser Hoherpriester und herrscht nun über das Haus Gottes, seine Gemeinde. 22 Darum wollen wir zu Gott kommen mit aufrichtigem Herzen und im festen Glauben; denn das Blut von Jesus Christus hat uns von unserem schlechten Gewissen befreit, und unser Körper wurde mit reinem Wasser von aller Schuld reingewaschen. 23 Haltet an dieser Hoffnung fest, zu der wir uns bekennen, und lasst euch durch nichts davon abbringen. Ihr könnt euch felsenfest auf sie verlassen, weil Gott sein Wort hält.
24 Lasst uns aufeinander achten! Wir wollen uns zu gegenseitiger Liebe ermutigen und einander anspornen, Gutes zu tun. 25 Versäumt nicht die Zusammenkünfte eurer Gemeinde, wie es sich einige angewöhnt haben. Ermahnt euch gegenseitig dabeizubleiben. Ihr seht ja, dass der Tag nahe ist, an dem der Herr kommt.
Christus tritt vor Gott für uns ein
14 Lasst uns also unerschütterlich an unserem Bekenntnis zu Jesus Christus festhalten, denn in ihm haben wir einen großen Hohenpriester, der vor Gott für uns eintritt. Er, der Sohn Gottes, ist durch den Himmel bis zu Gottes Thron gegangen. 15 Doch er gehört nicht zu denen, die unsere Schwächen nicht verstehen und zu keinem Mitleiden fähig sind. Jesus Christus musste mit denselben Versuchungen kämpfen wie wir, doch im Gegensatz zu uns hat er nie gesündigt. 16 Er tritt für uns ein, daher dürfen wir voller Zuversicht und ohne Angst vor Gottes Thron[a] kommen. Gott wird uns seine Barmherzigkeit und Gnade zuwenden, wenn wir seine Hilfe brauchen.
7 Als Jesus unter uns Menschen lebte, schrie er unter Tränen zu Gott, der ihn allein vom Tod retten konnte. Und Gott erhörte sein Gebet, weil Jesus den Vater ehrte und ihm gehorsam war. 8 Dennoch musste auch Jesus, der Sohn Gottes, durch sein Leiden Gehorsam lernen. 9 Als er darin vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, zum Retter und Erlöser geworden.
Leiden, Tod und Auferstehung von Jesus (Kapitel 18–21)
Jesus stellt sich seinen Gegnern (Matthäus 26,47‒56; Markus 14,43‒50; Lukas 22,47‒53)
18 Nach diesem Gebet verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt und überquerte den Bach Kidron. Auf der anderen Seite lag ein Garten. Dorthin ging Jesus mit seinen Jüngern. 2 Judas, der Verräter, kannte diese Stelle, denn Jesus hatte sich oft mit seinen Jüngern dort aufgehalten. 3 Nun erschien Judas mit einem Trupp römischer Soldaten sowie einigen Männern der Tempelwache, die ihm die obersten Priester und die Pharisäer mitgegeben hatten. Sie trugen Fackeln und Laternen und waren bewaffnet.
4 Jesus wusste, was ihm jetzt bevorstand. Er ging aus dem Garten zu ihnen hinaus und fragte: »Wen sucht ihr?« 5 »Jesus aus Nazareth«, war die Antwort. »Ich bin es!«, erklärte Jesus. Judas, sein Verräter, stand bei den Soldaten. 6 Als Jesus klar und offen sagte: »Ich bin es«, wichen die Bewaffneten erschrocken zurück und fielen zu Boden. 7 Jesus fragte sie noch einmal: »Wen sucht ihr?« »Jesus aus Nazareth!«, antworteten sie wieder. 8 »Ich habe euch doch schon gesagt, dass ich es bin«, entgegnete Jesus. »Wenn ihr also nur mich sucht, dann lasst die anderen hier gehen!« 9 Damit sollte sich erfüllen, was Jesus früher gesagt hatte: »Ich habe keinen von denen verloren, die du mir anvertraut hast.«[a]
10 Simon Petrus hatte ein Schwert dabei. Plötzlich zog er es, schlug damit auf Malchus, den Diener des Hohenpriesters, ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. 11 Aber Jesus befahl Petrus: »Steck dein Schwert weg! Soll ich etwa den bitteren Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?«
12 Die römischen Soldaten, ihr Offizier und die Männer der Tempelwache nahmen Jesus fest und fesselten ihn. 13 Dann brachten sie ihn zunächst zu Hannas. Hannas war der Schwiegervater von Kaiphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war. 14 Kaiphas war es gewesen, der früher den führenden Männern der Juden geraten hatte: »Es ist für euch alle besser, wenn dieser eine Mann für das ganze Volk stirbt!«[b]
Petrus behauptet, Jesus nicht zu kennen (Matthäus 26,69‒70; Markus 14,66‒68; Lukas 22,55‒57)
15 Simon Petrus und ein anderer Jünger folgten Jesus, als er abgeführt wurde. Weil dieser andere Jünger mit dem Hohenpriester bekannt war, ließ man ihn mit Jesus bis in den Innenhof des hohepriesterlichen Palastes gehen. 16 Petrus blieb draußen vor dem Tor stehen. Da kam der andere Jünger, der Bekannte des Hohenpriesters, wieder zurück, redete mit der Pförtnerin und verschaffte Petrus Zutritt. 17 Die Pförtnerin fragte Petrus: »Gehörst du nicht auch zu den Jüngern dieses Mannes?« »Nein, ich nicht!«, antwortete er. 18 Die Männer der Tempelwache und die Diener des Hohenpriesters hatten ein Kohlenfeuer angezündet. Sie standen um das Feuer herum und wärmten sich, denn es war kalt. Petrus ging zu ihnen, um sich auch zu wärmen.
Das Verhör vor dem Hohenpriester (Matthäus 26,59‒66; Markus 14,55‒64; Lukas 22,66‒71)
19 Drinnen im Palast begann das Verhör. Der Hohepriester Hannas[c] fragte Jesus nach seinen Jüngern und nach seiner Lehre. 20 Jesus antwortete: »Ich habe in aller Öffentlichkeit zu den Menschen gesprochen. Niemals habe ich etwas im Geheimen gelehrt, sondern immer in den Synagogen und im Tempel, wo es jeder hören konnte. 21 Weshalb fragst du mich also? Frag doch die Leute, die mich gehört haben! Sie wissen, was ich gesagt habe.«
22 Da schlug ihm einer von den Wächtern, die neben ihm standen, ins Gesicht und rief: »Was fällt dir ein, so mit dem Hohenpriester zu reden?« 23 Jesus erwiderte: »Wenn ich etwas Falsches gesagt habe, dann weise es mir nach! War es aber richtig, weshalb schlägst du mich dann?« 24 Da ließ Hannas Jesus in Fesseln zum Hohenpriester Kaiphas bringen.
Petrus verleugnet Jesus noch einmal (Matthäus 26,71‒75; Markus 14,69‒72; Lukas 22,58‒62)
25 Simon Petrus stand noch immer am Feuer und wärmte sich. Da fragte man ihn: »Bist du nicht auch einer von seinen Jüngern?« »Nein, ich bin es nicht«, leugnete er. 26 Aber ein Diener des Hohenpriesters, ein Verwandter des Mannes, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte, meinte: »Ich habe dich doch selbst im Garten bei ihm gesehen!« 27 Wieder stritt Petrus ab, Jesus zu kennen. Und im selben Augenblick krähte ein Hahn.
Jesus wird von Pilatus verhört (Matthäus 27,2.11‒26; Markus 15,1‒15; Lukas 23,1‒25)
28 In den frühen Morgenstunden wurde Jesus vom Haus des Hohenpriesters Kaiphas zum Palast des Statthalters gebracht. Die Juden selbst betraten dieses Gebäude nicht, denn sie wollten nicht unrein werden. Dann hätten sie nicht das Passahmahl essen dürfen.
29 Deshalb ging Pilatus zu ihnen hinaus und fragte: »Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Mann? Was hat er getan?« 30 Sie antworteten: »Wenn er kein Verbrecher wäre, hätten wir ihn nicht zu dir gebracht.« 31 »Dann nehmt ihn mit und verurteilt ihn nach eurem Gesetz!«, entgegnete Pilatus. »Aber wir dürfen doch niemanden hinrichten«, wandten sie ein. 32 So sollten sich die Worte von Jesus erfüllen, mit denen er vorausgesagt hatte, wie er sterben würde.
33 Pilatus kam nun in den Gerichtssaal zurück, ließ Jesus vorführen und fragte ihn: »Bist du der König der Juden?« 34 Jesus entgegnete: »Bist du selbst auf die Frage gekommen oder haben dir das andere über mich gesagt?« 35 »Bin ich etwa ein Jude?«, fragte Pilatus. »Die führenden Männer deines eigenen Volkes und die obersten Priester haben dich hergebracht, damit ich über dich urteile. Was also hast du getan?«
36 Jesus antwortete: »Mein Königreich gehört nicht zu dieser Welt. Wäre ich ein weltlicher Herrscher, dann hätten meine Leute für mich gekämpft, damit ich nicht in die Hände der Juden falle. Aber mein Reich ist von ganz anderer Art.« 37 Da fragte ihn Pilatus: »Dann bist du also doch ein König?« Jesus antwortete: »Ja, du hast recht. Ich bin ein König. Und dazu bin ich Mensch geworden und in diese Welt gekommen, um ihr die Wahrheit zu bezeugen. Wer sich von der Wahrheit bestimmen lässt, der hört auf mich.« 38 »Wahrheit? Was ist das überhaupt?«, erwiderte Pilatus.
Dann ging er wieder zu den Juden hinaus und sagte ihnen: »Meiner Meinung nach ist der Mann unschuldig. 39 Ich will euch wie üblich auch in diesem Jahr am Passahfest einen Gefangenen freigeben. Wenn ihr wollt, lasse ich diesen König der Juden frei.« 40 Aber sie schrien laut: »Nein! Nicht den! Wir wollen Barabbas!« Barabbas aber war ein Verbrecher.
Das Todesurteil (Matthäus 27,26‒31; Markus 15,15‒20; Lukas 23,13‒25)
19 Da befahl Pilatus, Jesus abzuführen und ihn auszupeitschen. 2 Die Soldaten flochten eine Krone aus Dornenzweigen und drückten sie ihm auf den Kopf. Dann hängten sie ihm einen purpurroten Mantel um, 3 stellten sich vor ihn hin und spotteten: »Es lebe der König der Juden!« Dabei schlugen sie ihm ins Gesicht.
4 Pilatus ging erneut zu den Juden hinaus und sagte: »Hört zu! Ich will ihn euch noch einmal vorführen, damit ihr erkennt, dass er unschuldig ist!« 5 Dann kam Jesus heraus. Er trug die Dornenkrone und den roten Mantel. Pilatus forderte die Menge auf: »Seht ihn euch an, was für ein Mensch!«
6 Aber kaum hatten die obersten Priester und die Männer der Tempelwache Jesus erblickt, fingen sie an zu schreien: »Ans Kreuz! Ans Kreuz mit ihm!« Daraufhin rief Pilatus: »Dann nehmt ihn doch selbst und kreuzigt ihn! Denn ich bin überzeugt: Er ist unschuldig!« 7 Die Juden entgegneten: »Wir haben ein Gesetz, an das wir uns halten; und nach dem Gesetz muss er sterben, denn er hat sich als Gottes Sohn ausgegeben.«
8 Als Pilatus das hörte, bekam er noch mehr Angst. 9 Er ging wieder in den Palast zurück und fragte Jesus: »Woher kommst du?« Doch Jesus gab ihm keine Antwort. 10 »Redest du nicht mehr mit mir?«, fragte Pilatus. »Ist dir nicht klar, dass es in meiner Macht steht, dich freizugeben oder dich ans Kreuz nageln zu lassen?« 11 Jetzt antwortete Jesus: »Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre. Deshalb hat der größere Schuld auf sich geladen, der mich dir ausgeliefert hat.«
12 Da versuchte Pilatus noch einmal, Jesus freizulassen. Aber die Juden schrien: »Wenn du den laufen lässt, bist du kein Freund des Kaisers; denn wer sich selbst zum König macht, lehnt sich gegen den Kaiser auf.«
13 Als Pilatus das hörte, ließ er Jesus hinausführen an die Stelle, die man »Steinpflaster« nannte, auf Hebräisch: »Gabbata«. Er selbst setzte sich dort auf den Richterstuhl. 14 Es war um die Mittagszeit, am Tag vor dem Passahfest, an dem alle mit Vorbereitungen beschäftigt waren. Pilatus sagte zu den Juden: »Hier ist euer König!«
15 »Weg mit ihm!«, brüllten sie. »Ans Kreuz mit ihm!« »Soll ich wirklich euren König kreuzigen lassen?«, fragte Pilatus. Die obersten Priester riefen: »Wir haben keinen König, nur den Kaiser!« 16 Da gab Pilatus nach und befahl, Jesus zu kreuzigen.
Die Kreuzigung (Matthäus 27,32‒44; Markus 15,21‒32; Lukas 23,26‒43)
Die Soldaten führten Jesus ab. 17 Sein Kreuz trug er selbst aus der Stadt hinaus zu dem Ort, der »Schädelstätte« genannt wird, auf Hebräisch »Golgatha«. 18 Dort nagelten sie ihn ans Kreuz. Mit ihm wurden noch zwei andere Männer gekreuzigt, der eine rechts und der andere links von ihm. Jesus hing in der Mitte.
19 Pilatus ließ ein Schild am Kreuz anbringen, auf dem die Worte standen: »Jesus aus Nazareth, der König der Juden«. 20 Die Stelle, an der Jesus gekreuzigt worden war, lag nahe bei der Stadt. Und so lasen viele Juden diese Inschrift, die in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache abgefasst war. 21 Da kamen die obersten Priester zu Pilatus und verlangten von ihm: »Lass das ändern. Es darf nicht heißen: ›Der König der Juden‹, sondern: ›Er hat behauptet: Ich bin der König der Juden‹.« 22 Pilatus aber weigerte sich: »Es bleibt genau so stehen, wie ich es geschrieben habe!«
23 Als die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und teilten sie in vier Stücke, so dass jeder der Soldaten eines davon bekam. Das Untergewand war jedoch durchgehend gewebt, ohne jede Naht. 24 Deshalb beschlossen sie: »Dieses Untergewand wollen wir nicht zerschneiden. Wir werden losen, wer es bekommen soll.« Damit sollte sich die Vorhersage der Heiligen Schrift erfüllen: »Meine Kleider haben sie unter sich aufgeteilt und um mein Gewand gelost.«[d] Genauso geschah es auch.
25 Bei dem Kreuz, an dem Jesus hing, standen seine Mutter und ihre Schwester, außerdem Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala. 26 Als Jesus nun seine Mutter sah und neben ihr den Jünger, den er sehr lieb hatte, sagte er zu ihr: »Das ist jetzt dein Sohn!« 27 Und zu dem Jünger sagte er: »Sie ist jetzt deine Mutter.« Von da an nahm der Jünger sie zu sich in sein Haus.
»Es ist vollbracht!« (Matthäus 27,45‒56; Markus 15,33‒41; Lukas 23,44‒49)
28 Jesus wusste, dass nun sein Auftrag erfüllt war. Doch die Vorhersage der Heiligen Schrift sollte voll und ganz in Erfüllung gehen, darum sagte er: »Ich habe Durst!«[e] 29 In der Nähe stand ein Krug mit Essigwasser. Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein, steckten ihn auf einen Ysopstängel und hielten Jesus den Schwamm an den Mund. 30 Nachdem Jesus ein wenig davon probiert hatte, rief er: »Es ist vollbracht!« Dann ließ er den Kopf sinken und starb[f].
31 Das alles geschah am Tag vor dem Passahfest, das in diesem Jahr auf einen Sabbat fiel. Die führenden Männer der Juden wollten nicht, dass die Toten über den Sabbat – noch dazu an einem solch hohen Feiertag – am Kreuz hängen blieben. Darum gingen sie mit der Bitte zu Pilatus, er solle den Gekreuzigten die Beine brechen lassen, damit ihr Tod schneller eintrat. Danach sollten sie vom Kreuz abgenommen werden. 32 Pilatus schickte seine Soldaten los. Zuerst brachen sie dem einen Verbrecher, der mit Jesus gekreuzigt worden war, die Beine, dann dem anderen. 33 Doch als sie zu Jesus kamen, stellten sie fest, dass er bereits tot war. Deshalb brachen sie ihm nicht die Beine. 34 Aber einer der Soldaten stieß ihm eine Lanze in die Seite. Sofort flossen Blut und Wasser aus der Wunde.
35 Dies alles bezeugt ein Mann, der es mit eigenen Augen gesehen hat. Sein Bericht ist zuverlässig und wahr; er selbst weiß genau, dass er die Wahrheit sagt, und hat dies alles geschildert, damit auch ihr glaubt. 36 Auch das ist geschehen, damit das Wort der Heiligen Schrift in Erfüllung geht: »Kein Knochen soll ihm zerbrochen werden.«[g] 37 Ebenso erfüllte sich die andere Voraussage: »Sie werden auf den sehen, den sie durchbohrt haben.«[h]
Jesus wird begraben (Matthäus 27,57‒61; Markus 15,42‒47; Lukas 23,50‒56)
38 Nachdem das alles geschehen war, ging Josef aus Arimathäa zu Pilatus und bat ihn um die Erlaubnis, den Leichnam vom Kreuz abnehmen zu dürfen. Insgeheim war er ein Jünger von Jesus, doch aus Angst vor den Juden hatte er das bisher verschwiegen. Pilatus erlaubte es ihm, und so ging er zum Kreuz und nahm den Leichnam von Jesus ab. 39 Auch Nikodemus, der Jesus einmal nachts aufgesucht hatte, kam und brachte etwa 30 Kilogramm einer Mischung aus Myrrhe und Aloe. 40 Mit diesen wohlriechenden Salbölen wickelten sie den Leichnam von Jesus in Leinentücher ein. So war es beim Begräbnis von Juden üblich.
41 In der Nähe der Hinrichtungsstätte lag ein Garten. Dort gab es eine Grabkammer, die erst kürzlich aus dem Felsen gehauen und noch nicht benutzt worden war. 42 In dieses nahe gelegene Grab legten sie Jesus, denn sie hatten es eilig, weil bald der Sabbat begann.
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