Beginning
Die Zeder auf dem Libanon; Ägypten und Assyrien
31 Und es begab sich im elften Jahr, im dritten Monat, am ersten Tage des Monats, daß das Wort des Herrn also an mich erging:
2 Menschensohn, sprich zum Pharao, dem Könige von Ägypten, und zu seiner Menge:
Wem gleichst du in deiner Größe?
3 Siehe, Assur war wie ein Zedernbaum auf dem Libanon,
von schönen Ästen,
so dicht, daß er Schatten gab, und hoch aufgeschossen,
daß sein Wipfel bis zu den Wolken reichte.
4 Das Wasser machte ihn groß,
und die Flut machte ihn hoch;
ihre Ströme umspülten seine Pflanzung,
und ihre Kanäle erstreckten sich zu allen Bäumen des Feldes.
5 Darum wuchs er höher als alle Bäume des Feldes;
er bekam viele Äste und lange Zweige
von dem vielen Wasser, in dem er sich ausbreitete.
6 Auf seinen Ästen nisteten alle Vögel des Himmels,
und unter seinen Zweigen warfen alle Tiere des Feldes ihre Jungen;
unter seinem Schatten wohnten alle großen Nationen.
7 Er ward schön in seiner Größe und wegen der Länge seiner Äste;
denn seine Wurzeln bekamen sehr viel Wasser.
8 Die Zedernbäume im Garten Gottes übertrafen ihn nicht,
die Zypressen waren seinen Ästen nicht zu vergleichen,
die Platanen waren nicht wie seine Äste;
kein Baum im Garten Gottes war ihm zu vergleichen in seiner Schönheit.
9 Ich hatte ihn schön gemacht durch die Menge seiner Äste,
so daß ihn alle Bäume Edens, die im Garten Gottes standen, beneideten.
10 Darum spricht Gott, der Herr, also:
Weil du so hoch gewachsen bist,
ja, weil sein Wipfel bis zu den Wolken reichte
und sein Herz sich erhoben hat wegen seiner Höhe,
11 so habe ich ihn der Hand eines Mächtigen unter den Nationen preisgegeben,
daß er ihn behandelte nach seinem Belieben.
Ich verstieß ihn wegen seiner Gottlosigkeit.
12 Und Fremde, die Gewalttätigsten unter den Nationen,
rissen ihn aus und warfen ihn hin.
Auf die Berge und in alle Täler fielen seine Äste,
und seine Zweige wurden zerbrochen in allen Talschluchten des Landes,
so daß alle Völker der Erde
seinen Schatten verließen und aufgaben.
13 Auf seinem gefällten Stamm wohnen alle Vögel des Himmels,
und auf seinen Ästen lagern sich alle wilden Tiere des Feldes,
14 auf daß sich hinfort kein Baum am Wasser wegen seiner Höhe überhebe
und seinen Wipfel bis zu den Wolken erhebe;
daß auch alle Großen unter ihnen, die vom Wasser getränkt werden, nicht mehr in ihrer Höhe dastehen,
da sie doch alle dem Tode preisgegeben sind,
der Unterwelt,
inmitten der Menschenkinder,
die zur Grube hinabfahren.
15 Gott, der Herr, hat also gesprochen:
An dem Tage, da er ins Totenreich hinabfuhr,
ließ ich eine Klage abhalten; ich ließ über ihn trauern die Flut;
ich hemmte ihre Ströme,
und die großen Wasser wurden zurückgehalten,
und ich ließ den Libanon um ihn trauern,
und alle Bäume des Feldes verschmachteten seinetwegen.
16 Von dem Getöse seines Falles machte ich die Heiden erbeben,
da ich ihn ins Totenreich hinabstieß mit denen,
welche in die Grube hinabfahren.
Und es trösteten sich in den Tiefen der Erde alle Bäume Edens,
samt allen auserlesenen und besten Bäumen Libanons,
alle, die vom Wasser getränkt worden waren.
17 Auch sie fuhren mit ihm ins Totenreich hinab
zu denen, welche durchs Schwert umgekommen sind
und als seine Setzlinge[a] unter seinem Schatten gewohnt haben inmitten der Heiden.
18 Wem bist du an Herrlichkeit und Größe
unter den Bäumen Edens zu vergleichen?
Dennoch wirst du mit den Bäumen Edens
in die Tiefen der Erde hinabgestoßen,
wo du mitten unter den Unbeschnittenen
bei denen liegen sollst, welche durchs Schwert gefallen sind.
Das ist der Pharao und seine ganze Menge,
spricht Gott, der Herr.
Klagelied über den Pharao
32 Im zwölften Jahr, im zwölften Monat, am ersten Tage des Monats, erging das Wort des Herrn an mich also:
2 Menschensohn,
hebe ein Klagelied an über den Pharao, den König von Ägypten,
und sprich zu ihm: Du warst gleich einem jungen Löwen unter den Heiden,
und du warst wie ein Krokodil im Meere.
Du schossest einher in deinen Strömen;
du trübtest das Wasser mit deinen Füßen
und wühltest ihre Flüsse auf.
3 So spricht Gott, der Herr:
Ich will mein Netz über dich ausspannen
unter der Versammlung vieler Völker;
die werden dich in meinem Garne heraufziehen.
4 Denn ich will dich auf das Land werfen
und aufs Feld hinstrecken,
daß alle Vögel des Himmels sich auf dich setzen sollen;
ich will die Tiere der ganzen Erde mit dir sättigen.
5 Ich will dein Fleisch auf die Berge werfen
und die Täler mit deinem Aas füllen.
6 Ich will das Land mit deinem Ausflusse, mit deinem Blute, tränken
bis an die Berge hin,
und die Kanäle sollen voll werden von dir.
7 Wenn ich dich auslöschen werde, so will ich den Himmel bedecken
und seine Sterne finster machen;
ich will die Sonne mit einer Wolke überziehen,
und der Mond wird seinen Schein nicht geben;
8 ich will alle leuchtenden Himmelslichter über dir verdunkeln
und Finsternis über dein Land bringen,
spricht Gott, der Herr.
9 Ich will auch das Herz vieler Völker ängstigen,
wenn ich deinen Untergang bekannt mache unter den Heiden
und in den Ländern, welche du nicht kennst.
10 Und ich werde machen, daß sich viele Völker über dich entsetzen
und daß ihre Könige deinetwegen erschaudern werden,
wenn ich mein Schwert vor ihren Augen schwingen werde.
Sie werden jeden Augenblick erzittern, ein jeder für sein Leben,
an dem Tage deines Falls.
11 Denn also spricht Gott, der Herr:
Das Schwert des Königs von Babel wird über dich kommen.
12 Durch das Schwert der Helden will ich deine Menge fällen -
die Gewalttätigsten unter den Heiden sind sie alle -,
und sie werden die stolze Pracht Ägyptens verwüsten,
und all seine Volksmenge wird vertilgt werden.
13 Ich will auch alle seine Tiere an den großen Wassern umbringen,
daß hinfort weder die Füße der Menschen,
noch die Klauen der Tiere sie trüben sollen.
14 Alsdann will ich machen, daß ihre Wasser sinken
und ihre Ströme wie Öl daherfließen sollen,
spricht Gott, der Herr.
15 Wenn ich Ägyptenland wüste gelegt
und das Land von allem, was darinnen ist, entblößt habe,
wenn ich alle, die darin wohnen, geschlagen habe,
so werden sie erfahren, daß ich der Herr bin.
16 Das ist das Klagelied, welches die Töchter der Heiden anstimmen werden;
ja, sie werden eine Wehklage über sie erheben;
über Ägypten und über alle seine Menge werden sie eine Klage anheben,
spricht Gott, der Herr.
17 Und im zwölften Jahr, am fünfzehnten Tage des Monats, erging das Wort des Herrn an mich also:
18 Menschensohn,
erhebe eine Wehklage über die Menge in Ägypten
und laß sie mit den Töchtern mächtiger Völker
in die Unterwelt hinabfahren
zu denen, welche zur Grube fahren.
19 Wen übertriffst du an Lieblichkeit? -
Steig hinab! Lege dich zu den Unbeschnittenen!
20 Mitten unter den vom Schwerte Erschlagenen sollen sie fallen.
Das Schwert ist übergeben;
ziehet sie hinab samt all ihrer Menge!
21 Es werden die Starken unter den Helden
aus der Mitte der Unterwelt von ihm und seinen Helfern sagen:
„Sie sind hinabgefahren, sie liegen da,
die Unbeschnittenen,
die vom Schwerte durchbohrt sind!“
22 Da ist Assur mit seinem ganzen Haufen,
ringsum sind seine Gräber,
sie alle sind mit dem Schwerte erschlagen und gefallen.
23 Ihre Gräber sind in die tiefste Grube gelegt.
Und rings um sein Grab ist seine Schar;
sie sind alle erschlagen, durchs Schwert gefallen,
die zuvor Schrecken verbreitet haben im Lande der Lebendigen.
24 Da ist auch Elam und alle seine Menge
rings um sein Grab;
sie alle sind erschlagen, durchs Schwert gefallen,
unbeschnitten in die Unterwelt hinabgefahren;
sie, die einst Schrecken verbreiteten im Lande der Lebendigen
und nun ihre Schmach tragen mit denen, welche in die Grube hinabgefahren sind.
25 Man hat ihn mit all seiner Menge unter die Erschlagenen gelegt;
ihre Gräber sind rings um ihn her.
Alle sind unbeschnitten, mit dem Schwerte erschlagen;
weil sie Schrecken verbreitet haben im Lande der Lebendigen,
müssen sie ihre Schande tragen samt denen, welche zur Grube hinabfahren;
man hat ihn mitten unter die Erschlagenen gelegt.
26 Da sind auch Mesech, Tubal und ihre ganze Menge
und ihre Gräber ringsum.
Diese alle sind unbeschnitten durchs Schwert umgekommen,
weil sie Schrecken verbreitet haben im Lande der Lebendigen.
27 Und sie liegen nicht bei den Helden,
welche unter den Unbeschnittenen[b] gefallen sind,
die mit ihren Kriegswaffen in die Unterwelt hinabfuhren,
denen man ihre Schwerter unter ihre Häupter legte;
sondern ihre Missetat ist auf ihrem Gebein,
weil sie ein Schrecken der Helden waren im Lande der Lebendigen.
28 So sollst auch du unter den Unbeschnittenen zerschmettert werden
und unter denen liegen, welche durch das Schwert umgekommen sind!
29 Da ist auch Edom mit seine Königen und allen seinen Fürsten,
welche mit ihrer Macht zu denen gelegt sind,
die durch das Schwert erschlagen wurden.
Sie liegen bei den Unbeschnittenen
und bei denen, welche in die Grube hinabfahren.
30 Da sind auch alle Fürsten des Nordens und alle Zidonier,
welche mit den Erschlagenen hinabgefahren sind.
Sie sind mit ihrer erschreckenden Stärke zuschanden geworden
und liegen unbeschnitten unter denen, welche mit dem Schwerte erschlagen sind,
und tragen ihre Schande samt denen, welche zur Grube hinabfuhren.
31 Wenn nun der Pharao diese sehen wird,
so wird er getröstet werden über alle seine Menge.
Vom Schwerte erschlagen ist der Pharao und all sein Heer,
spricht Gott, der Herr.
32 Denn ich habe ihn Schrecken verbreiten lassen im Lande der Lebendigen;
darum soll der Pharao und seine ganze Menge unter Unbeschnittenen hingestreckt werden
und bei denen, welche vom Schwerte erschlagen worden sind,
spricht Gott, der Herr.
Der Prophet im Wächteramt
33 Und das Wort des Herrn erging also an mich:
2 Menschensohn, rede mit den Kindern deines Volks und sage zu ihnen: Wenn ich das Schwert über ein Land bringe, so nimmt das Volk des Landes einen Mann aus seiner Mitte und bestellt ihn zu seinem Wächter. 3 Wenn nun dieser das Schwert über sein Land kommen sieht, so stößt er in die Posaune und warnt das Volk. 4 Wenn dann jemand den Schall der Posaune hört und sich nicht warnen lassen will und das Schwert kommt und rafft ihn weg, so fällt sein Blut auf seinen Kopf! 5 Denn da er den Schall der Posaune hörte, sich aber nicht warnen ließ, so sei sein Blut auf ihm! Hätte er sich warnen lassen, so hätte er seine Seele errettet! 6 Wenn aber der Wächter das Schwert kommen sieht und nicht in die Posaune stößt und das Volk nicht gewarnt wird und das Schwert kommt und aus ihnen einen Menschen wegrafft, so wird dieser zwar um seiner Missetat willen weggerafft, aber sein Blut werde ich von der Hand des Wächters fordern.
7 Nun habe ich dich, o Menschensohn, dem Hause Israel zum Wächter bestellt, damit du das Wort aus meinem Munde hören und sie von mir aus warnen sollst. 8 Wenn ich zu dem Gottlosen sage: „ Du, Gottloser, sollst des Todes sterben!“ und du sagst es ihm nicht, um ihn vor seinem gottlosen Wege zu warnen, so wird der Gottlose um seiner Missetat willen sterben; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. 9 Wenn du aber den Gottlosen vor seinem Wandel warnst, daß er sich davon abwende, er sich aber von seinem Wandel nicht abwenden will, so wird er um seiner Sünde willen sterben, du aber hast deine Seele errettet.
10 Du nun, Menschensohn, sage zu dem Hause Israel: Ihr sprechet also: Unsere Übertretungen und unsere Sünden liegen auf uns, daß wir darunter verschmachten; wie können wir leben? 11 Sprich zu ihnen: So wahr ich lebe, spricht Gott, der Herr, ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daran, daß der Gottlose sich abwende von seinem Wege und lebe! Wendet euch ab, wendet euch ab von euren bösen Wegen! Warum wollt ihr sterben, Haus Israel?
12 Und du, Menschensohn, sage zu den Kindern deines Volkes: Den Gerechten wird seine Gerechtigkeit nicht erretten am Tage, da er sich versündigt; und den Gottlosen wird seine Gottlosigkeit nicht fällen am Tage, da er sich von seinem gottlosen Wesen abwendet, so wenig als den Gerechten seine Gerechtigkeit am Leben erhalten wird, wenn er sündigt. 13 Wenn ich vom Gerechten sage: „Er soll sicherlich leben!“ und er verläßt sich auf seine Gerechtigkeit und tut Unrecht, so soll aller seiner Gerechtigkeit nicht mehr gedacht werden; sondern um seiner Bosheit willen, die er getan hat, soll er sterben. 14 Und wenn ich zum Gottlosen sage: „Du sollst sterben!“ und er wendet sich ab von seiner Sünde und tut, was recht und billig ist, 15 also daß der Gottlose das Pfand wiedergibt, den Raub zurückerstattet und in den Satzungen des Lebens wandelt, also daß er kein Unrecht tut, so soll er gewiß leben und nicht sterben. 16 Auch soll ihm aller seiner Sünden, die er getan hat, nimmermehr gedacht werden; er hat getan, was recht und billig ist, er soll gewiß leben!
17 Dennoch sagen die Kinder deines Volkes: „Der Weg des Herrn ist nicht richtig!“ so doch vielmehr ihr Weg nicht richtig ist! 18 Wenn der Gerechte von seiner Gerechtigkeit absteht und Unrecht tut, so muß er deshalb sterben; 19 wenn aber der Gottlose von seiner Gottlosigkeit absteht und tut, was recht und billig ist, so soll er um deswillen leben! 20 Da ihr aber sagt: „Der Weg des Herrn ist nicht richtig!“ so will ich einen jeden von euch nach seinen Wegen richten, Haus Israel!
Die Einnahme Jerusalems begründet
21 Im zwölften Jahr, am fünfzehnten Tage des zehnten Monats unserer Gefangenschaft, begab es sich, daß ein Flüchtling von Jerusalem zu mir kam und sprach: Die Stadt ist geschlagen! 22 Aber des Herrn Hand war auf mich gekommen am Abend, ehe der Flüchtling zu mir kam, und hatte mir den Mund geöffnet, als jener am Morgen zu mir kam; und der Mund ward mir aufgetan, daß ich nicht mehr stumm war.
23 Da erging das Wort des Herrn also an mich: 24 Menschensohn, die Bewohner dieser Ruinen im Lande Israel sagen also: „Abraham war nur ein einzelner Mann und hat das Land zum Besitz erhalten; unser aber sind viele, und uns ist das Land zum Erbe gegeben!“ 25 Darum sprich zu ihnen: So spricht Gott, der Herr: Ihr habt mitsamt dem Blut gegessen; ihr habt eure Augen zu euren Götzen erhoben und habt Blut vergossen; und ihr solltet dennoch das Land besitzen? 26 Ihr verlaßt euch auf euer Schwert; ihr tut Greuel und verunreinigt einer des andern Weib; und ihr solltet dennoch das Land besitzen?
27 Darum sage ihnen also: So spricht Gott, der Herr: So wahr ich lebe, alle die, welche in diesen Ruinen wohnen, sollen durchs Schwert fallen; und wer auf dem Felde ist, den will ich den wilden Tieren zum Fraße geben; welche aber in den Festungen und Höhlen sind, die sollen an der Pest sterben; 28 und ich will das Land zur Einöde machen und es verwüsten; und ihre Kraft, worauf sie stolz sind, soll ein Ende haben; und die Berge Israels sollen so wüst daliegen, daß niemand darüber gehen wird. 29 Alsdann werden sie erkennen, daß ich der Herr bin, wenn ich das Land zur Wüste und Einöde machen werde wegen aller ihrer Greuel, die sie begangen haben.
30 Und du, Menschensohn, - die Kinder deines Volkes unterreden sich deinethalben an den Wänden und unter den Türen der Häuser und sagen zueinander, ein jeder zu seinem Bruder: „Kommt doch und hört, was für ein Wort vom Herrn ausgeht!“ 31 Und sie werden zu dir kommen, wie das Volk zusammenkommt, und werden als mein Volk vor dir sitzen und deine Worte hören, aber nicht darnach tun. Denn ob sie gleich mit dem Munde schmeicheln, so wandeln sie doch mit ihren Herzen dem Gewinne nach. 32 Und siehe, du bist für sie wie ein Liebeslied, wie einer, der eine schöne Stimme hat und gut die Saiten spielen kann; sie werden deine Worte hören, aber nicht darnach tun.
33 Wenn es aber kommt - und siehe, es kommt! -, so werden sie erkennen, daß ein Prophet unter ihnen gewesen ist.
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