Von der Schönheit der Liebe (Kapitel 1–8)

Du bist mein König

Das schönste aller Lieder, von Salomo.

Sie:[a]

Komm und küss mich,
küss mich immer wieder!
Ich genieße deine Liebe
mehr als den besten Wein.

Der Duft deiner Salben betört mich.
Dein Name ist wie ein besonderes Parfüm,
darum lieben dich die Mädchen.

Nimm mich bei der Hand!
Schnell, lass uns laufen,
bring mich zu dir nach Hause!

Du bist mein König!
Ich freue mich über dich,
du bist mein ganzes Glück.

Deine Liebe ist kostbarer
als der edelste Wein.
Kein Wunder, dass die Mädchen für dich schwärmen!

Schaut nicht auf mich herab!

Sie:

5-6 Schaut nicht auf mich herab,
ihr Mädchen von Jerusalem,
weil meine Haut so dunkel ist,
braun wie die Zelte der Nomaden.
Ich bin dennoch schön,
so wie die wertvollen Zeltdecken Salomos.
Meine Brüder waren streng mit mir,
sie ließen mich ihre Weinberge hüten.
Doch mich selbst zu pflegen, meinen eigenen Weinberg,
dafür hatte ich keine Zeit!
Darum bin ich von der Sonne braun gebrannt.

Wo bist du?

Sie:

Sag mir, mein Geliebter,
wo lässt du deine Schafe weiden,
wo lässt du sie am Mittag lagern?
Lass mich nicht vergebens nach dir suchen,
nicht umherirren bei den Herden anderer Hirten!

Er:

Weißt du’s wirklich nicht,
du schönste aller Frauen?
Folg den Spuren meiner Schafe
und weide deine kleinen Ziegen bei den Hirtenzelten!
Dort wirst du mich treffen.

Du bist schön!

Er:

Wie schön du bist, meine Freundin,
schön wie eine Stute vor dem Prachtwagen des Pharaos!
10 Deine Wangen sind von Ohrringen umrahmt,
deinen Hals schmückt eine Kette.
11 Doch ich will dir noch mehr geben:
Ein Geschmeide aus Gold sollst du haben
und Perlen um den Hals, in Silber gefasst!

Sie:

12 Wenn mein König mit mir speist,
riecht er den Duft meines Nardenöls[b].
13 Mein Geliebter ruht an meiner Brust
wie ein Säckchen gefüllt mit Myrrhe.
14 Er duftet wie die Blüten des Hennastrauchs,
der in den Weingärten von En-Gedi wächst.

Er:

15 Wie schön du bist, meine Freundin,
wunderschön bist du,
deine Augen glänzen wie das Gefieder der Tauben.

Sie:

16 Schön bist auch du, mein Liebster –
wie stattlich anzusehen!
Das Gras ist unser Lager,
17 Zedern sind die Balken unsres Hauses
und die Zypressen unser Dach.

Du bist einzigartig!

Sie:

Ich bin nur eine Narzisse in der Scharon-Ebene,
eine Lilie aus den Tälern.

Er:

Ja, eine Lilie bist du, meine Freundin,
eine Lilie unter lauter Dornen,
schöner als alle anderen Mädchen!

Sie:

Und du, mein Liebster,
bist wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes,
du übertriffst alle anderen Männer!
Im Schatten dieses Baumes möchte ich ausruhn
und seine süßen Früchte genießen.

Ich bin krank vor Liebe

Sie:

Ins Weinhaus[c] hat er mich geführt,
dort zeigt er mir, wie sehr er mich liebt[d].
Stärkt mich mit Rosinenkuchen,
erfrischt mich mit Äpfeln,
denn ich bin krank vor Liebe!
Sein linker Arm liegt unter meinem Kopf,
und mit dem rechten hält er mich umschlungen.
Ihr Mädchen von Jerusalem,
ich beschwöre euch bei der Liebe selbst[e]:
Weckt sie nicht auf und facht die Leidenschaft nicht an,
bis die Zeit dafür kommt![f]

Die Regenzeit ist vorbei – der Frühling ist da!

Sie:

Da kommt mein Geliebter!
Ich höre es, ja, ich kann ihn schon sehen!
Er springt über die Berge und hüpft über die Hügel.
Schnell wie eine Gazelle läuft er,
flink wie ein Hirsch.
Schon steht er vor dem Haus!
Er späht durch das Gitter,
blickt zum Fenster herein.

10 Er sagt zu mir:
»Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!
11 Die Regenzeit liegt hinter uns,
der Winter ist vorbei!
12 Die Blumen beginnen zu blühen,
die Vögel zwitschern,
und überall im Land
hört man die Turteltaube gurren.
13 Die ersten Feigen werden reif,
die Reben blühen und verströmen ihren Duft.
Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!
14 Versteck dich nicht wie eine Taube im Felsspalt,
bleib mir nicht fern!
Zeig mir dein schönes Gesicht
und lass mich deine wunderbare Stimme hören!«

Die Mädchen:

15 Fangt uns doch die kleinen Füchse[g],
denn sie verwüsten den Weinberg,
wenn die Reben in schönster Blüte stehn.

Sie:

16 Nur mir gehört mein Liebster,
und ich gehöre ihm.
Er allein darf zwischen den Lilien weiden.
17 Abends, wenn es kühl wird
und die Nacht ihre Schatten über das Land breitet,
dann komm zu mir, mein Liebster!
Sei schnell wie eine Gazelle,
flink wie ein junger Hirsch,
der über die rauen Berge springt!

Footnotes

  1. 1,2 Die Angaben über die jeweils sprechenden Personen finden sich nicht im hebräischen Text, sondern wurden zum besseren Verständnis hinzugefügt.
  2. 1,12 Dieses Öl ist vergleichbar mit unserem heutigen Parfüm und wurde aus der Indischen Narde gewonnen, einer stark duftenden Pflanze im Himalaja.
  3. 2,4 Vermutlich ein frei stehendes Haus, in dem immer wieder Feste gefeiert wurden.
  4. 2,4 Wörtlich: die Liebe ist sein Banner über mir.
  5. 2,7 Wörtlich: bei den Rehen und Gazellen. – Diese Tiere galten als Symbole der Liebe.
  6. 2,7 Oder: Schreckt uns nicht auf, stört unsere Liebe nicht, bis es ihr selber gefällt!
  7. 2,15 »Füchse« steht hier vermutlich für andere Männer, die um die Zuneigung der jungen Frau werben.