Leiden, Tod und Auferstehung von Jesus (Kapitel 14–16)

Verschwörung gegen Jesus (Matthäus 26,1‒5; Lukas 22,1‒2)

14 Es waren nur noch zwei Tage bis zum Passahfest und zum Fest der ungesäuerten Brote. Die obersten Priester und die Schriftgelehrten suchten nach einer günstigen Gelegenheit, bei der sie Jesus heimlich festnehmen und umbringen lassen könnten. Sie waren sich aber einig: »Es darf auf keinen Fall während der Festtage geschehen, damit es nicht zu einem Aufruhr im Volk kommt!«

Ein Vermögen für Jesus (Matthäus 26,6‒13; Johannes 12,1‒8)

Jesus war in Betanien zu Gast bei Simon, der früher einmal aussätzig gewesen war. Während der Mahlzeit kam eine Frau herein. In ihren Händen hielt sie ein Fläschchen mit reinem, kostbarem Nardenöl[a]. Sie öffnete das Gefäß und salbte mit dem Öl den Kopf von Jesus. Darüber regten sich einige Gäste auf: »Das ist ja die reinste Verschwendung! Dieses Öl ist mindestens 300 Silberstücke wert. Man hätte es lieber verkaufen und das Geld den Armen geben sollen!« So machten sie der Frau heftige Vorwürfe.

Aber Jesus sagte: »Lasst sie in Ruhe! Warum macht ihr der Frau Schwierigkeiten? Sie hat etwas Gutes für mich getan. Arme, die eure Hilfe nötig haben, wird es immer geben. Ihnen könnt ihr helfen, sooft ihr wollt. Ich dagegen bin nicht mehr lange bei euch. Diese Frau hat getan, was sie konnte: Mit diesem Salböl hat sie meinen Körper für mein Begräbnis vorbereitet. Ich versichere euch: Überall in der Welt, wo Gottes rettende Botschaft verkündet wird, wird man auch von dieser Frau sprechen und von dem, was sie getan hat.«

Der Verrat (Matthäus 26,14‒16; Lukas 22,3‒6)

10 Anschließend ging Judas Iskariot, einer von den zwölf Jüngern, zu den obersten Priestern, weil er Jesus an sie ausliefern wollte. 11 Hocherfreut versprachen sie ihm eine Belohnung. Von da an suchte Judas eine günstige Gelegenheit, um Jesus zu verraten.

Vorbereitungen für das Passahfest (Matthäus 26,17‒19; Lukas 22,7‒13)

12 Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm geschlachtet wurde, fragten die Jünger Jesus: »Wo sollen wir für dich das Passahmahl vorbereiten?« 13 »Geht in die Stadt«, beauftragte Jesus zwei von ihnen. »Dort wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Diesem Mann folgt, 14 bis er in ein Haus geht. Dem Besitzer des Hauses sollt ihr sagen: ›Der Lehrer lässt fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Passahmahl feiern kann?‹ 15 Er wird euch ein großes Zimmer im Obergeschoss zeigen, das mit Polstern ausgestattet und für das Festmahl hergerichtet ist. Bereitet dort alles Weitere für uns vor.«

16 Die beiden Jünger gingen in die Stadt und trafen alles so an, wie Jesus es ihnen gesagt hatte. Dann bereiteten sie das Passahmahl vor.

Jesus feiert mit seinen Jüngern das Passahmahl (Matthäus 26,20‒30; Lukas 22,14‒23; Johannes 13,21‒26)

17 Am Abend kam Jesus mit den zwölf Jüngern. 18 Beim Essen erklärte er ihnen: »Ich versichere euch: Einer von euch, der jetzt mit mir isst, wird mich verraten!« 19 Bestürzt fragte einer nach dem andern: »Du meinst doch nicht etwa mich?«

20 Jesus antwortete: »Es ist einer von euch zwölf, der mit mir das Brot in die Schüssel getaucht hat. 21 Der Menschensohn muss zwar sein Leben lassen, wie es in der Heiligen Schrift vorausgesagt ist; aber wehe dem, der ihn verrät! Dieser Mensch wäre besser nie geboren worden.«

22 Während sie aßen, nahm Jesus ein Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot in Stücke und gab es ihnen mit den Worten: »Nehmt und esst! Das ist mein Leib.« 23 Anschließend nahm er einen Becher Wein, dankte Gott und reichte ihn seinen Jüngern. Sie tranken alle daraus. 24 Jesus sagte: »Das ist mein Blut, mit dem der neue Bund zwischen Gott und den Menschen besiegelt wird. Es wird zur Vergebung ihrer Sünden vergossen. 25 Ich versichere euch: Von jetzt an werde ich keinen Wein mehr trinken, bis ich ihn wieder in Gottes Reich trinken werde.«

26 Nachdem sie das Danklied[b] gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

Jesus kündigt seine Verleugnung durch Petrus an (Matthäus 26,31‒35; Lukas 22,31‒34; Johannes 13,36‒38)

27 Unterwegs sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Ihr werdet euch alle von mir abwenden. Denn in der Heiligen Schrift steht:

›Ich werde den Hirten erschlagen, und die Schafe werden auseinanderlaufen.‹[c]

28 Aber nach meiner Auferstehung werde ich nach Galiläa gehen, und dort werdet ihr mich wiedersehen.«

29 Da beteuerte Petrus: »Wenn sich auch alle anderen von dir abwenden – ich halte zu dir!« 30 Jesus erwiderte: »Ich versichere dir: Heute Nacht, noch ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du dreimal geleugnet haben, mich zu kennen.« 31 »Ausgeschlossen!«, rief Petrus. »Auch wenn es bedeutet, dass ich mit dir sterben muss, werde ich das niemals tun!« Alle anderen Jünger beteuerten dies ebenfalls.

Im Garten Gethsemane (Matthäus 26,36‒46; Lukas 22,40‒46)

32 Dann ging Jesus mit seinen Jüngern in einen Garten, der am Ölberg liegt und Gethsemane heißt. Dort bat er sie: »Setzt euch hier hin und wartet auf mich, bis ich gebetet habe!« 33 Petrus, Jakobus und Johannes nahm er mit. Angst und Entsetzen überfielen Jesus, 34 und er sagte zu ihnen: »Ich zerbreche beinahe unter der Last, die ich zu tragen habe.[d] Bleibt hier und wacht mit mir!« 35 Jesus ging ein paar Schritte weiter, warf sich nieder und betete, dass Gott ihm, wenn es möglich wäre, diese schwere Stunde ersparte: 36 »Abba[e], Vater, alles ist dir möglich. Lass diesen bitteren Kelch des Leidens an mir vorübergehen. Aber nicht was ich will, sondern was du willst, soll geschehen.«

37 Dann kam er zu den drei Jüngern zurück und sah, dass sie eingeschlafen waren. Er weckte Petrus. »Simon«, rief er, »du schläfst? Konntest du denn nicht eine einzige Stunde mit mir wachen? 38 Bleibt wach und betet, damit ihr der Versuchung widerstehen könnt. Ich weiß, ihr wollt das Beste, aber aus eigener Kraft könnt ihr es nicht erreichen.[f]« 39 Noch einmal ging er ein Stück weg und betete mit den gleichen Worten wie vorher. 40 Als er zurückkam, schliefen die Jünger schon wieder. Die Augen waren ihnen zugefallen, und sie wussten vor Müdigkeit nicht, was sie Jesus sagen sollten. 41 Als er zum dritten Mal zu ihnen zurückkehrte, sagte er: »Ihr schlaft immer noch und ruht euch aus? Genug jetzt! Die Stunde ist gekommen: Der Menschensohn wird den gottlosen Menschen ausgeliefert. 42 Steht auf, lasst uns gehen! Der Verräter ist schon da.«

Verrat und Verhaftung (Matthäus 26,47‒56; Lukas 22,47‒53; Johannes 18,2‒18)

43 Noch während Jesus sprach, kam Judas, einer der zwölf Jünger, zusammen mit vielen Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren. Die obersten Priester, die Schriftgelehrten und die führenden Männer des Volkes hatten sie geschickt. 44 Judas, der Verräter, hatte mit den Bewaffneten ein Zeichen vereinbart: »Der Mann, den ich zur Begrüßung küssen werde[g], der ist es. Den müsst ihr festnehmen und gut bewacht abführen!« 45 Er ging direkt auf Jesus zu: »Rabbi!«, sagte er. Dann küsste er ihn. 46 Sofort packten die bewaffneten Männer Jesus und nahmen ihn fest.

47 Aber einer von den Männern, die bei Jesus standen, wollte das verhindern. Er zog sein Schwert, schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm ein Ohr ab.

48 Jesus fragte die Leute, die ihn festgenommen hatten: »Bin ich denn ein Verbrecher, dass ihr euch mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet habt, um mich zu verhaften? 49 Jeden Tag habe ich öffentlich im Tempel gelehrt. Warum habt ihr mich nicht dort festgenommen? Aber auch dies geschieht, damit sich die Vorhersagen der Heiligen Schrift erfüllen.«

50 Da ließen ihn alle seine Jünger im Stich und ergriffen die Flucht.

51 Ein junger Mann allerdings folgte Jesus. Er trug nur ein leichtes Untergewand aus Leinen. Als die Männer versuchten, auch ihn festzunehmen, 52 riss er sich los. Sie blieben mit dem Gewand in den Händen zurück, und der junge Mann konnte nackt entkommen.

Jesus vor Gericht (Matthäus 26,57‒68; Lukas 22,63‒71; Johannes 18,19‒24)

53 Gleich darauf brachte man Jesus zum Hohenpriester. Bei ihm hatten sich alle obersten Priester, die führenden Männer des Volkes und die Schriftgelehrten versammelt. 54 In sicherem Abstand folgte Petrus den Männern bis in den Innenhof des hohepriesterlichen Palastes. Dort setzte er sich zu den Dienern und wärmte sich am Feuer.

55 Die obersten Priester und der ganze Hohe Rat suchten Zeugen, die durch ihre Aussagen Jesus so belasten sollten, dass man ihn zum Tode verurteilen konnte. Aber es gelang ihnen nicht. 56 Viele Zeugen brachten zwar falsche Anschuldigungen vor, doch ihre Aussagen widersprachen sich. 57 Schließlich traten einige Männer vor, die man bestochen hatte, und erklärten: 58 »Wir haben gehört, wie dieser Jesus behauptete: ›Ich will den von Menschen gebauten Tempel abreißen und dafür in drei Tagen einen anderen aufbauen, der nicht von Menschen errichtet ist.‹« 59 Doch auch ihre Aussagen stimmten nicht überein.

60 Jetzt erhob sich der Hohepriester, stellte sich mitten unter die Versammelten und fragte Jesus: »Warum antwortest du nicht? Hast du nichts gegen diese Anschuldigungen zu sagen?« 61 Aber Jesus schwieg. Weil er keine Antwort gab, stellte ihm der Hohepriester eine weitere Frage: »Bist du der Christus, der von Gott erwählte Retter, der Sohn Gottes[h] 62 »Ja, der bin ich«, antwortete Jesus. »Ihr werdet den Menschensohn an der rechten Seite des allmächtigen Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.«

63 Empört zerriss der Hohepriester sein Gewand und rief: »Das genügt! Wozu brauchen wir noch weitere Zeugen? 64 Ihr habt ja seine Gotteslästerung selbst gehört. Wie lautet euer Urteil?« Einstimmig beschlossen sie: »Er ist schuldig. Er muss sterben.«

65 Darauf spuckten einige von ihnen Jesus an, verbanden ihm die Augen und schlugen mit den Fäusten auf ihn ein. »Na, du Prophet«, verhöhnten sie ihn, »sag uns, wer hat dich geschlagen?« Auch die Diener des Hohenpriesters, die Jesus abführten, schlugen ihn.

Petrus behauptet, Jesus nicht zu kennen (Matthäus 26,69‒75; Lukas 22,54‒62; Johannes 18,17.25‒27)

66 Petrus war immer noch unten im Hof. Eine Dienerin des Hohenpriesters kam dazu 67 und bemerkte, wie er sich am Feuer wärmte. Sie sah Petrus genauer an und sagte: »Du gehörst doch auch zu diesem Jesus aus Nazareth!« 68 Doch Petrus behauptete: »Ich weiß nicht, wovon du redest!« Schnell ging er hinaus in den Vorhof. Da krähte ein Hahn.

69 Aber auch hier entdeckte ihn die Dienerin und sagte zu den Umstehenden: »Das ist auch einer von denen, die bei Jesus waren!« 70 Wieder bestritt Petrus es heftig. Doch nach einer Weile sagten auch die anderen, die dort standen: »Natürlich gehörst du zu seinen Freunden; du kommst doch auch aus Galiläa!« 71 Da rief Petrus: »Ich schwöre euch: Ich kenne diesen Menschen überhaupt nicht, von dem ihr da redet! Gott soll mich verfluchen, wenn ich lüge!«

72 In diesem Augenblick krähte der Hahn zum zweiten Mal, und Petrus fielen die Worte ein, die Jesus zu ihm gesagt hatte: »Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du dreimal geleugnet haben, mich zu kennen.« Da fing Petrus an zu weinen.

Footnotes

  1. 14,3 Dieses Öl ist vergleichbar mit unserem heutigen Parfüm und wurde aus der Indischen Narde gewonnen, einer stark duftenden Pflanze im Himalaja.
  2. 14,26 Zum Abschluss des Passahmahls wurden die Psalmen 115–118 gesungen.
  3. 14,27 Vgl. Sacharja 13,7.
  4. 14,34 Wörtlich: Tief betrübt ist meine Seele bis zum Tod.
  5. 14,36 Abba ist aramäisch und bedeutet »Papa« oder »Vater«. So redete ein Kind in der damaligen Zeit seinen Vater im vertrauten Familienkreis an.
  6. 14,38 Wörtlich: Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach.
  7. 14,44 Seinen Rabbi zu küssen war für einen Jünger in der damaligen Zeit die übliche Form, ihn respektvoll zu begrüßen.
  8. 14,61 Wörtlich: der Sohn des Hochgelobten.

Gesetzlichkeit oder Liebe? (Matthäus 12,9‒14; Lukas 6,6‒11)

Als Jesus wieder einmal in die Synagoge ging, war dort ein Mann mit einer verkrüppelten Hand. Die Gegner von Jesus beobachteten aufmerksam, wie er sich verhalten würde. Sollte Jesus es nämlich wagen, den Kranken am Sabbat zu heilen, so könnten sie Anklage gegen ihn erheben.

Jesus rief dem Mann mit der verkrüppelten Hand zu: »Steh auf und stell dich in die Mitte, damit alle dich sehen können Dann fragte er seine Gegner: »Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses? Soll man das Leben eines Menschen retten oder soll man ihn zugrunde gehen lassen?« Doch er bekam keine Antwort.

Zornig und zugleich traurig über ihre Hartherzigkeit, sah Jesus einen nach dem anderen an. Zu dem Mann aber sagte er: »Streck deine Hand aus!« Er streckte sie aus, und die Hand war gesund.

Da verließen die Pharisäer die Synagoge und trafen sich mit den Anhängern von König Herodes. Sie fassten miteinander den Beschluss, Jesus zu töten.

Jesus heilt am See Genezareth (Matthäus 12,15‒16; Lukas 6,17‒19)

Jesus zog sich mit seinen Jüngern an das Ufer des Sees Genezareth zurück. Aber die Menschen liefen ihm in Scharen aus ganz Galiläa nach. Sogar aus Judäa, Jerusalem, Idumäa, von der anderen Seite des Jordan und aus Tyrus und Sidon waren sie gekommen, weil sie von seinen Taten gehört hatten.

Als immer mehr Menschen dazukamen, beauftragte er seine Jünger, ein Boot bereitzuhalten, falls ihn die Menge zu sehr bedrängen sollte. 10 Jesus heilte nämlich viele Kranke, und darum umringten ihn die Leute. Sie wollten ihn berühren, um dadurch gesund zu werden. 11 Menschen, die von bösen Geistern beherrscht wurden, fielen vor ihm nieder und schrien: »Du bist der Sohn Gottes!« 12 Aber Jesus schärfte ihnen ein, kein Aufsehen um ihn zu erregen.

Die zwölf Apostel (Matthäus 10,1‒4; Lukas 6,12‒16)

13 Danach stieg Jesus auf einen Berg. Er rief die Jünger, die er bei sich haben wollte, und sie kamen zu ihm. 14 Dann wählte er zwölf von ihnen aus, die er Apostel nannte. Sie sollten ständig bei ihm bleiben und von ihm lernen. Er wollte sie mit dem Auftrag aussenden, die rettende Botschaft zu verkünden 15 und mit seiner Vollmacht Menschen aus der Gewalt dämonischer Mächte zu befreien.

16 Diese zwölf Männer waren: Simon, dem Jesus den Namen Petrus gab; 17 dann Jakobus und sein Bruder Johannes, die Söhne von Zebedäus – Jesus nannte sie Boanerges, das bedeutet »Donnersöhne« –; 18 dazu Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn von Alphäus, Thaddäus, Simon, der ehemalige Freiheitskämpfer, 19 und Judas Iskariot, der Jesus später verriet.

Widerstand gegen Jesus (Matthäus 12,24‒32; Lukas 11,15‒23; 12,10)

20 Dann kehrte Jesus nach Hause[a] zurück. Sogleich liefen wieder so viele Menschen zu ihm, dass er und seine Jünger nicht einmal Zeit zum Essen hatten. 21 Als seine Angehörigen das erfuhren, wollten sie ihn mit Gewalt von dort wegholen. »Er hat den Verstand verloren!«, sagten sie.

22 Einige der Schriftgelehrten aus Jerusalem behaupteten sogar: »Er ist vom Teufel[b] besessen. Nur weil er vom Obersten der Dämonen die Macht bekommen hat, kann er Dämonen austreiben.«

23 Da rief Jesus sie zu sich und antwortete ihnen mit einer Reihe von Vergleichen: »Warum sollte sich Satan denn selbst vertreiben? 24 Ein Staat kann nicht bestehen, wenn in ihm verschiedene Herrscher um die Macht kämpfen. 25 Eine Familie, die ständig in Zank und Streit lebt, bricht auseinander. 26 Wenn sich der Satan also selbst bekämpft und gegen sich auflehnt, ist es aus mit ihm. Das wäre sein Untergang. 27 Niemand kann einfach so in das Haus eines starken Mannes eindringen und seinen Besitz rauben. Erst muss er den Mann fesseln, und dann kann er sein Haus plündern.

28 Ich versichere euch: Alles kann den Menschen vergeben werden – jede Sünde und jede Gotteslästerung, ganz gleich, wie sehr sie Gott beleidigen. 29 Wer aber den Heiligen Geist verlästert, der wird niemals Vergebung finden; seine Sünde lastet für immer auf ihm.«

30 Das sagte er zu den Schriftgelehrten, weil sie behauptet hatten: »Er ist von einem bösen Geist besessen.«

Wer gehört zu Jesus? (Matthäus 12,46‒50; Lukas 8,19‒21)

31 Noch während Jesus sprach, kamen seine Mutter und seine Geschwister. Aber weil so viele Menschen bei ihm waren, konnten sie nicht zu ihm gelangen. Sie blieben vor dem Haus stehen und baten, Jesus herauszurufen. 32 Drinnen saßen die Leute dicht um Jesus gedrängt; sie richteten ihm aus: »Deine Mutter, deine Brüder und deine Schwestern warten draußen auf dich. Sie wollen mit dir reden!« 33 Doch Jesus fragte zurück: »Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Geschwister?« 34 Dann sah er seine Zuhörer an, die rings um ihn saßen, und sagte: »Das hier sind meine Mutter und meine Geschwister. 35 Denn wer Gottes Willen tut, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter!«

Gleichnisse über das Reich Gottes (Kapitel 4)

Das Gleichnis vom Bauern, der Getreide aussät (Matthäus 13,1‒9; Lukas 8,4‒8)

Wieder einmal lehrte Jesus am See. Bald hatte sich eine große Menschenmenge um ihn versammelt. Darum stieg er in ein Boot und sprach von dort zu den Menschen am Ufer. Was er ihnen zu sagen hatte, erklärte er durch Gleichnisse:

»Hört mir zu! Ein Bauer ging aufs Feld, um Getreide zu säen. Als er die Körner ausstreute, fielen ein paar von ihnen auf den Weg. Sofort kamen die Vögel und pickten sie auf. Andere Körner fielen auf felsigen Boden, wo nur wenig Erde war. In der dünnen Erdschicht ging die Saat zwar schnell auf, als dann aber die Sonne am Himmel hochstieg, vertrockneten die Pflänzchen. Sie hatten keine starken Wurzeln und verdorrten deshalb in der Hitze. Wieder andere Körner fielen ins Dornengestrüpp, doch dieses hatte die junge Saat bald überwuchert, so dass sie schließlich erstickte. Es konnte kein Getreide wachsen. Die übrigen Körner aber fielen auf fruchtbaren Boden, gingen auf, wuchsen heran und brachten das Dreißigfache, das Sechzigfache, ja sogar das Hundertfache der Aussaat als Ertrag.« Und Jesus fügte hinzu: »Wer Ohren hat, der soll auf meine Worte hören!«

Warum Jesus in Gleichnissen redet (Matthäus 13,10‒17; Lukas 8,9‒10)

10 Später, als Jesus mit seinen zwölf Jüngern und den anderen Begleitern allein war, fragten sie ihn: »Warum verwendest du Gleichnisse?«[c] 11 Er antwortete: »Euch lässt Gott das Geheimnis seines Reiches verstehen. Die anderen aber, die nicht zu mir gehören,[d] erfahren das alles nur durch Gleichnisse. 12 Denn ›sie sollen sehen, aber doch nichts erkennen; sie sollen hören, aber doch nichts verstehen. Sonst würden sie zu Gott umkehren, und ihre Sünde würde ihnen vergeben.‹[e]«

Jesus erklärt das Gleichnis von der Aussaat (Matthäus 13,18‒23; Lukas 8,11‒15)

13 Dann sagte er zu seinen Jüngern: »Ihr versteht schon dieses Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann all die anderen begreifen?

14 Was der Bauer im Gleichnis aussät, ist die Botschaft Gottes. 15 Die Menschen, bei denen die Saatkörner auf den Weg fallen, haben die Botschaft zwar gehört. Aber dann kommt der Satan und nimmt alles wieder weg, was in ihr Herz gesät war.

16 Andere Menschen wiederum sind wie der felsige Boden, auf den die Körner fallen: Sie hören die Botschaft und nehmen sie sofort mit Begeisterung an. 17 Aber ihr Glaube hat keine starken Wurzeln und deshalb keinen Bestand. Wenn solche Menschen wegen ihres Glaubens in Schwierigkeiten geraten oder gar verfolgt werden, wenden sie sich gleich wieder davon ab.

18 Noch andere Menschen gleichen dem von Dornengestrüpp überwucherten Boden: Sie hören die Botschaft zwar, 19 doch dann kommen die Sorgen des Alltags, die Verlockungen des Reichtums und die Gier nach all den Dingen dieses Lebens und ersticken Gottes Botschaft, so dass keine Frucht daraus entstehen kann.

20 Aber dann gibt es auch Menschen, die wie der fruchtbare Boden sind, auf den die Saatkörner fallen: Sie hören Gottes Botschaft, nehmen sie an und bringen Frucht, dreißig-, sechzig- oder hundertfach.«

Das Beispiel von der Öllampe (Lukas 8,16‒18)

21 Dann fragte Jesus die Zuhörer: »Holt man etwa eine Öllampe herbei, um sie dann unter einen Eimer oder unters Bett zu stellen? Im Gegenteil! Eine brennende Lampe stellt man auf den Lampenständer, damit sie den ganzen Raum erhellt. 22 So soll alles, was jetzt noch verborgen ist, eines Tages ans Licht kommen, und was jetzt noch ein Geheimnis ist, soll jeder verstehen. 23 Wer Ohren hat, der soll auf meine Worte hören!«

24 Dann fuhr Jesus fort: »Achtet sorgfältig auf das, was ich euch sage! In dem Maß, wie ihr auf meine Worte hört, wird euch Gott Verständnis schenken, ja noch weit darüber hinaus.[f] 25 Denn wer meine Worte begreift, der wird noch mehr Einsicht bekommen. Doch wer sich dafür verschließt, dem wird selbst das Wenige, was er hat, noch genommen.[g]«

Das Gleichnis von der aufwachsenden Saat

26 Jesus erklärte weiter: »Gottes Reich kann man vergleichen mit einem Bauern und der Saat, die er auf sein Feld gesät hat. 27 Nach getaner Arbeit legt er sich schlafen, steht wieder auf, und das tagaus, tagein. Währenddessen wächst die Saat ohne sein Zutun heran. 28 Ganz von selbst lässt die Erde die Frucht aufgehen: Zuerst kommt der Halm, dann die Ähre und schließlich als Frucht die Körner. 29 Sobald aus der Saat das reife Getreide geworden ist, lässt der Bauer es abmähen, denn die Erntezeit ist da.«

Das Gleichnis vom Senfkorn (Matthäus 13,31‒32; Lukas 13,18‒19)

30 »Womit sollen wir Gottes Reich noch vergleichen?«, fragte Jesus dann. »Welches Bild könnte euch helfen, es zu verstehen? 31 Mit Gottes Reich ist es wie mit einem Senfkorn, das auf ein Feld gesät wird. Es ist zwar das kleinste von allen Samenkörnern. 32 Wenn es aber in die Erde kommt, wächst es schnell heran und wird größer als die anderen Gartenpflanzen. Ja, es wird zu einem Strauch mit so ausladenden Zweigen, dass die Vögel in seinem Schatten ihre Nester bauen können.«

33 Jesus gebrauchte viele Gleichnisse dieser Art, um den Menschen Gottes Botschaft verständlich zu machen. 34 In keiner seiner Predigten fehlten sie. Wenn er aber später mit seinen Jüngern allein war, erklärte er ihnen die Bedeutung.

Herr über Wind und Wellen (Matthäus 8,23‒27; Lukas 8,22‒25)

35 Am Abend dieses Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Lasst uns über den See ans andere Ufer fahren!« 36 Sie schickten die Menschen nach Hause und fuhren mit dem Boot, in dem Jesus saß, auf den See hinaus. Einige andere Boote folgten ihnen.

37 Da brach ein gewaltiger Sturm los. Hohe Wellen schlugen ins Boot, es lief voll Wasser und drohte zu sinken. 38 Jesus aber schlief hinten im Boot auf einem Kissen. Da weckten ihn die Jünger und riefen: »Lehrer, wir gehen unter! Kümmert dich das denn gar nicht?«

39 Jesus stand auf, gebot dem Wind Einhalt und befahl dem See: »Sei still! Schweig!« Sofort legte sich der Sturm, und es wurde ganz still.

40 »Warum habt ihr Angst?«, fragte Jesus seine Jünger. »Habt ihr denn noch immer kein Vertrauen zu mir?« 41 Voller Entsetzen sagten sie zueinander: »Was ist das für ein Mensch? Selbst Wind und Wellen gehorchen ihm!«

Jesus versorgt, rettet, heilt, befreit (Kapitel 5–9)

Jesus heilt einen Besessenen (Matthäus 8,28‒34; Lukas 8,26‒39)

Als sie auf der anderen Seite des Sees das Gebiet der Gerasener erreichten und Jesus eben aus dem Boot stieg, kam ihm ein Mann entgegen. Dieser Mensch wurde von einem bösen Geist beherrscht und hauste in Grabhöhlen. Er war so wild, dass er nicht einmal mit Ketten gebändigt werden konnte. Sooft man ihn auch an Händen und Füßen fesselte, jedes Mal zerbrach er die Ketten wieder und riss sich los. Niemand konnte ihn überwältigen. Tag und Nacht hielt er sich in den Grabhöhlen auf oder irrte in den Bergen umher. Dabei schrie er und schlug mit Steinen auf sich ein.

Kaum hatte er Jesus von weitem gesehen, rannte er los, warf sich vor ihm nieder und rief laut: »Was willst du von mir, Jesus, du Sohn Gottes, des Höchsten? Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht!« Jesus hatte nämlich dem Dämon befohlen: »Verlass diesen Menschen, du böser Geist!« Da fragte ihn Jesus: »Wie heißt du?« Der Dämon antwortete: »Mein Name ist Legion[h]; wir sind nämlich viele.« 10 Er flehte Jesus an: »Vertreibe uns nicht aus dieser Gegend!«

11 Nicht weit entfernt an einem Abhang weidete eine große Herde Schweine. 12 »Lass uns in diese Schweine fahren!«, baten die Dämonen. 13 Jesus erlaubte es ihnen. Jetzt verließen die bösen Geister den Mann und bemächtigten sich der Schweine. Die ganze Herde – ungefähr zweitausend Tiere – stürzte den Abhang hinunter in den See und ertrank.

14 Die Schweinehirten ergriffen die Flucht und erzählten in der Stadt und in den umliegenden Dörfern, was geschehen war. Von überall her kamen die Leute gelaufen, um sich selbst zu überzeugen. 15 Sie sahen den Mann, den die vielen Dämonen gequält hatten. Er war ordentlich angezogen und bei klarem Verstand. Ganz ruhig saß er neben Jesus – und das, obwohl so viele Dämonen ihn in ihrer Gewalt gehabt hatten! Da wurde ihnen unheimlich zumute. 16 Diejenigen aber, die alles mit angesehen hatten, erzählten, wie der Besessene geheilt wurde und was mit den Schweinen geschehen war. 17 Daraufhin baten die Leute Jesus, er möge ihre Gegend wieder verlassen.

18 Jesus wollte gerade in das Boot steigen, als ihn der Geheilte bat, bei ihm bleiben zu dürfen. 19 Aber Jesus erlaubte es ihm nicht. Er sagte: »Geh nach Hause zu deiner Familie und erzähle ihnen, welches große Wunder der Herr an dir getan hat und wie barmherzig er mit dir gewesen ist!« 20 Da ging der Mann weg und berichtete im ganzen Gebiet der Zehn Städte, was Jesus für ihn getan hatte. Und alle staunten.

Macht über Krankheit und Tod (Matthäus 9,18‒26; Lukas 8,40‒56)

21 Kaum war Jesus ans andere Ufer zurückgefahren, als sich dort wieder eine große Menschenmenge um ihn versammelte. 22 Da kam ein Vorsteher der jüdischen Gemeinde namens Jaïrus. Als er Jesus entdeckte, warf er sich ihm zu Füßen 23 und flehte ihn an: »Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird und am Leben bleibt!« 24 Jesus ging mit ihm, dicht gefolgt von einer großen Menschenmenge.

25 Unter den Leuten war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an starken Blutungen litt. 26 Sie hatte sich schon von vielen Ärzten behandeln lassen, dabei sehr gelitten und ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Aber niemand hatte ihr helfen können. Ihr Leiden war nur noch schlimmer geworden. 27 Dann hatte sie von Jesus gehört. Deshalb drängte sie sich durch die Menge von hinten an ihn heran und berührte heimlich sein Gewand. 28 Denn sie sagte sich: »Wenn ich wenigstens seine Kleider berühren kann, werde ich bestimmt gesund.« 29 Und tatsächlich: Die Blutungen hörten sofort auf, und sie spürte, dass sie von ihrem Leiden befreit war.

30 Im selben Augenblick merkte auch Jesus, dass heilende Kraft von ihm ausgegangen war. Deshalb drehte er sich um und fragte: »Wer hat mein Gewand angefasst?« 31 Seine Jünger antworteten: »Du siehst doch, dass die Leute dich von allen Seiten bedrängen, und da fragst du, wer dich angefasst hat?« 32 Aber Jesus blickte sich weiter um und versuchte herauszufinden, wer ihn berührt hatte. 33 Die Frau war erschrocken und zitterte am ganzen Leib, denn sie wusste ja, was mit ihr geschehen war. Sie trat hervor, fiel vor ihm nieder und erzählte ihm alles. 34 Jesus sagte zu ihr: »Meine Tochter, dein Glaube hat dich geheilt. Geh in Frieden. Du bist gesund.«

35 Noch während er mit der Frau redete, kamen einige Leute aus dem Haus von Jaïrus gelaufen und sagten zu ihm: »Deine Tochter ist gestorben. Es hat keinen Zweck mehr, den Lehrer zu bemühen.« 36 Jesus hörte das und sagte zu Jaïrus: »Verzweifle nicht! Vertrau mir einfach!« 37 Er wies die Menschen zurück, die ihm folgen wollten. Nur Petrus und die Brüder Jakobus und Johannes durften ihn begleiten.

38 Als sie zum Haus von Jaïrus kamen, sah Jesus die vielen aufgeregten Menschen und hörte ihr Weinen und lautes Klagen. 39 Er ging hinein und fragte: »Weshalb macht ihr solchen Lärm? Warum weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur.« 40 Da lachten sie ihn aus. Jesus schickte sie alle weg; nur die Eltern und seine drei Jünger gingen mit in das Zimmer, wo das Mädchen lag. 41 Dann nahm er ihre Hand und sagte: »Talita kum!« Das heißt übersetzt: »Mädchen, steh auf!« 42 Da stand das zwölfjährige Kind auf und ging im Zimmer umher. Alle waren völlig fassungslos. 43 Jesus verbot ihnen nachdrücklich, anderen davon zu erzählen. »Und nun gebt dem Mädchen etwas zu essen!«, sagte er.

Jesus in seiner Heimatstadt Nazareth (Matthäus 13,53‒58; Lukas 4,15‒30)

Jesus verließ diese Gegend und kehrte mit seinen Jüngern in seinen Heimatort Nazareth zurück. Am Sabbat lehrte er dort in der Synagoge. Viele Leute hörten ihm zu und waren tief beeindruckt von ihm. Sie fragten: »Wie ist so etwas nur möglich? Woher hat er diese Weisheit? Wie können solche Wunder durch ihn geschehen? Er ist doch der Zimmermann, Marias Sohn. Wir kennen seine Brüder Jakobus, Joses, Judas und Simon. Und auch seine Schwestern leben hier bei uns.«

So kam es, dass sie ihn ablehnten. Da sagte Jesus: »Nirgendwo gilt ein Prophet weniger als in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner eigenen Familie.«

Deshalb konnte er dort keine Wunder tun. Nur einigen Kranken legte er die Hände auf und machte sie gesund. Er wunderte sich über den Unglauben der Leute.

Der Auftrag an die Apostel (Matthäus 10,1.7‒15; Lukas 9,1‒6)

Jesus ging in die umliegenden Dörfer und lehrte dort. Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und erteilte ihnen den Auftrag, jeweils zu zweit durch das Land zu ziehen. Er gab ihnen die Vollmacht, böse Geister auszutreiben. Dann befahl er ihnen: »Nehmt nichts mit auf die Reise außer einem Wanderstock! Ihr sollt kein Essen, keine Tasche und kein Geld bei euch haben. Nur Schuhe dürft ihr tragen, aber kein zweites Hemd mitnehmen.«

10 Weiter sagte er: »Wenn ihr in ein Haus kommt, dann bleibt dort zu Gast, bis ihr weiterzieht. 11 Seid ihr aber irgendwo nicht willkommen und will man eure Botschaft nicht hören, so geht fort und schüttelt den Staub von euren Füßen als Zeichen dafür, dass ihr die Stadt dem Urteil Gottes überlasst[i]

12 Dann zogen die Jünger los und forderten die Menschen auf: »Kehrt um zu Gott!« 13 Sie befreiten Menschen, die von bösen Geistern beherrscht waren, salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

Der Mord an Johannes dem Täufer (Matthäus 14,1‒12; Lukas 3,19‒20; 9,7‒9)

14 Überall sprach man von Jesus und dem, was er tat. Auch König Herodes[j] hörte von ihm. Einige Leute sagten: »Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden! Deshalb kann er solche Wunder tun.« 15 Andere meinten: »Er ist der Prophet Elia.« Wieder andere behaupteten: »Er ist ein Prophet, wie Gott sie schon früher geschickt hat.« 16 Aber Herodes hatte Angst, weil er überzeugt war: »Es ist Johannes, den ich enthaupten ließ. Er ist wieder lebendig geworden.«

17 Herodes hatte Johannes nämlich verhaften und gefesselt ins Gefängnis werfen lassen. Der Grund dafür war, dass der König die Frau seines eigenen Bruders Philippus geheiratet hatte; sie hieß Herodias. 18 Daraufhin hatte Johannes ihm vorgehalten: »Es ist nicht richtig, dass du die Frau deines Bruders geheiratet hast!« 19 Darum war Herodias sehr wütend auf Johannes. Sie wollte ihn sogar umbringen lassen, aber Herodes war dagegen. 20 Er fürchtete sich nämlich vor Johannes, weil er wusste, dass dieser ein Mann war, der nach Gottes Willen lebte und ganz zu ihm gehörte. Noch im Gefängnis hielt Herodes seine schützende Hand über Johannes und hörte ihm gerne zu, auch wenn ihn seine Worte sehr beunruhigten.

21 Schließlich aber kam die Stunde der Herodias. Herodes hatte zu seinem Geburtstag seine Hofleute, Offiziere und die führenden Männer von Galiläa eingeladen. 22 Während des Festessens kam die Tochter von Herodias herein und tanzte. Herodes und seine Gäste waren begeistert. Der König versprach ihr deshalb: »Bitte mich, um was du willst; ich will es dir geben!« 23 »Ja«, schwor er, »ich gebe dir alles, worum du mich bittest, und wenn es die Hälfte meines Königreichs wäre.«

24 Sie ging hinaus zu ihrer Mutter und fragte sie: »Was soll ich mir denn vom König wünschen?« »Den Kopf von Johannes dem Täufer!«, antwortete die Mutter. 25 Schnell lief die Tochter zu Herodes zurück und bat: »Ich will, dass du mir sofort den Kopf von Johannes dem Täufer auf einem Teller bringen lässt!«

26 Der König war sehr bestürzt. Aber weil er sein Versprechen gegeben hatte – noch dazu vor allen Gästen –, konnte er die Bitte nicht abschlagen. 27 Unverzüglich schickte er nach einem Henker und befahl ihm, den Kopf von Johannes dem Täufer zu bringen. Der Henker ging ins Gefängnis, enthauptete Johannes dort 28 und brachte den Kopf auf einem Teller. Er überreichte ihn dem Mädchen, und die gab ihn ihrer Mutter.

29 Als die Jünger von Johannes das erfuhren, holten sie seinen Leichnam und bestatteten ihn.

Fünftausend werden satt (Matthäus 14,13‒21; Lukas 9,11‒17; Johannes 6,1‒13)

30 Die zwölf Apostel kehrten zu Jesus zurück und erzählten ihm, was sie auf ihrer Reise getan und den Menschen verkündet hatten. 31 »Kommt mit«, forderte Jesus sie auf, »wir gehen jetzt an einen einsamen Ort, wo wir für uns sind. Dort könnt ihr euch ein wenig ausruhen.« Es war nämlich ein ständiges Kommen und Gehen, so dass sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden. 32 Deshalb fuhren sie mit dem Boot in eine entlegene Gegend, um allein zu sein. 33 Aber das hatten viele Leute beobachtet. Aus allen Dörfern liefen sie dorthin und kamen sogar noch vor Jesus und seinen Jüngern am Seeufer an.

34 Als Jesus aus dem Boot stieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Deshalb nahm er sich viel Zeit, ihnen Gottes Botschaft zu erklären. 35 Gegen Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: »Es ist spät geworden, und die Gegend hier ist einsam. 36 Schick die Leute weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Höfe gehen und dort etwas zu essen kaufen können!«

37 Aber Jesus antwortete: »Gebt ihr ihnen zu essen!« »Sollen wir etwa losgehen und für 200 Silberstücke Brot kaufen, um sie alle zu verpflegen?«, fragten die Jünger verwundert. 38 »Wie viel Brot habt ihr denn bei euch?«, erkundigte sich Jesus. »Seht einmal nach!« Kurz darauf kamen sie zurück und berichteten: »Fünf Brote. Und außerdem noch zwei Fische.«

39 Da ordnete Jesus an, dass sich die Leute in Gruppen ins Gras setzen sollten. 40 So bildeten sie Gruppen von jeweils fünfzig oder hundert Personen. 41 Jetzt nahm Jesus die fünf Brote und die beiden Fische, sah zum Himmel auf und dankte Gott. Dann teilte er das Brot und reichte es seinen Jüngern, damit diese es an die Menge weitergaben. Ebenso ließ er auch die Fische verteilen. 42 Alle aßen und wurden satt. 43 Als man anschließend die Reste einsammelte, waren es noch zwölf volle Körbe mit Brot. Auch von den Fischen war noch etwas übrig. 44 An der Mahlzeit hatten fünftausend Männer teilgenommen, außerdem noch viele Frauen und Kinder.

Jesus geht auf dem Wasser (Matthäus 14,22‒33; Johannes 6,16‒21)

45 Gleich darauf drängte Jesus seine Jünger, in ihr Boot zu steigen und an das andere Ufer nach Betsaida vorauszufahren. Er selbst blieb zurück, denn er wollte erst noch die Leute verabschieden.

46 Danach ging er auf einen Berg, um zu beten. 47 Bei Einbruch der Nacht war Jesus immer noch allein an Land, und das Boot mit den Jüngern befand sich mitten auf dem See. 48 Jesus sah, dass sie große Mühe mit dem Rudern hatten, weil ein starker Gegenwind blies. In den frühen Morgenstunden[k] kam er über den See zu ihnen. Er war schon beinahe an ihnen vorüber, 49 als die Jünger ihn auf dem Wasser gehen sahen. Sie schrien auf, denn sie hielten ihn für ein Gespenst. 50 Bei seinem Anblick waren sie zu Tode erschrocken.

Aber Jesus sprach sie sofort an: »Habt keine Angst! Ich bin es doch, fürchtet euch nicht!« 51 Er stieg zu ihnen ins Boot, und sogleich legte sich der Sturm.

Da waren sie außer sich vor Entsetzen. 52 Selbst nach dem Wunder mit den Broten hatten sie noch nicht begriffen, wer Jesus eigentlich war. Ihre Herzen waren für seine Botschaft immer noch verschlossen.

Heilungen in Genezareth (Matthäus 14,34‒36)

53 Nach ihrer Überfahrt legten sie in Genezareth an. 54 Als sie das Boot verließen, erkannten die Leute Jesus sofort. 55 Von überall holten sie die Kranken, um sie auf ihren Tragen dahin zu bringen, wo sie Jesus gerade vermuteten. 56 Wohin er auch immer kam, in den Dörfern, Städten und draußen auf den Höfen, trug man die Kranken auf die Plätze und Straßen. Die Kranken baten Jesus, wenigstens ein Stück seiner Kleidung[l] berühren zu dürfen; und alle, die das taten, wurden gesund.

Was ist rein – was unrein? (Matthäus 15,1‒20)

Eines Tages kamen Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem zu Jesus. Dabei entdeckten sie, dass einige seiner Jünger mit ungewaschenen Händen aßen. Dadurch verletzten sie die jüdischen Speisevorschriften und wurden unrein. Die Pharisäer und alle Juden essen nämlich erst, wenn sie sich die Hände sorgfältig gewaschen haben. So entspricht es den Überlieferungen ihrer Gesetzeslehrer.

Footnotes

  1. 3,20 Vgl. die Anmerkung zu Kapitel 2,1.
  2. 3,22 Wörtlich: Beelzebul. – Ein anderer Name für Satan, den Obersten aller Dämonen.
  3. 4,10 Oder: Was bedeuten diese Gleichnisse?
  4. 4,11 Wörtlich: die draußen sind.
  5. 4,12 Vgl. Jesaja 6,9‒10.
  6. 4,24 Wörtlich: Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugeteilt werden, und es wird euch noch mehr gegeben werden.
  7. 4,25 Wörtlich: Denn wer hat, dem wird gegeben. Wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen werden, was er hat.
  8. 5,9 »Legion« bezeichnet eigentlich die größte Einheit des römischen Heeres (4000–6000 Soldaten). Hier beschreibt das Wort die große Anzahl der Dämonen.
  9. 6,11 Wörtlich: schüttelt den Staub unter euren Füßen ab, ihnen zu einem Zeugnis.
  10. 6,14 Es handelt sich um Herodes Antipas. Vgl. »Herodes« im Biblischen Personen- und Ortsverzeichnis.
  11. 6,48 Wörtlich: Um die vierte Nachtwache. – Das ist die Zeit zwischen drei und sechs Uhr morgens.
  12. 6,56 Wörtlich: die Quaste seines Gewandes. – Vgl. 4. Mose 15,37‒41. Vgl. »Quaste« in den Sacherklärungen.