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Jeremia wird in die Zisterne geworfen und später befreit

38 Schephatja aber, der Sohn Mattans, und Gedalja, der Sohn Paschhurs, und Juchal, der Sohn Schelemjas, und Paschhur, der Sohn Malkijas, hörten die Worte, die Jeremia zu dem ganzen Volk redete, indem er sprach:

So spricht der Herr: Wer in dieser Stadt bleibt, der muss sterben durch Schwert, Hungersnot oder Pest; wer aber zu den Chaldäern hinausgeht, der soll am Leben bleiben; er wird seine Seele als Beute davontragen und leben!

So spricht der Herr: Diese Stadt wird ganz gewiss in die Hand des Heeres des Königs von Babel gegeben werden, und er wird sie einnehmen!

Da sprachen die Fürsten zum König: Dieser Mann muss endlich getötet werden; denn damit macht er nur die Hände der Kriegsleute schlaff, die in dieser Stadt noch übrig geblieben sind, und auch die Hände des ganzen Volkes, weil er solche Worte an sie richtet; denn dieser Mensch sucht nicht das Wohl, sondern das Unglück dieses Volkes!

Da antwortete der König Zedekia: Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch!

Da nahmen sie Jeremia und warfen ihn in die Zisterne des Königssohnes Malkija, die sich im Gefängnishof befand; und sie ließen ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne aber war kein Wasser, sondern nur Schlamm; und Jeremia sank in den Schlamm.

Als aber Ebed-Melech, der Kuschit, ein Kämmerer im Palast des Königs, hörte, dass man Jeremia in die Zisterne geworfen hatte — der König saß gerade im Tor Benjamin —,

da verließ Ebed-Melech den königlichen Palast und redete mit dem König und sprach:

Mein Herr und König, jene Männer haben unrecht getan in allem, was sie dem Propheten Jeremia zugefügt haben, indem sie ihn in die Zisterne geworfen haben. Er muss ja dort unten an Hunger sterben, denn es ist kein Brot mehr in der Stadt!

10 Da befahl der König dem Kuschiten Ebed-Melech: Nimm 30 Männer von hier mit dir und zieh den Propheten Jeremia aus der Zisterne, bevor er stirbt!

11 Da nahm Ebed-Melech die Männer mit sich und ging zum Palast und nahm aus dem Raum unter der Schatzkammer alte Lumpen und abgetragene Kleider und ließ sie an Stricken zu Jeremia in die Zisterne hinunter.

12 Und Ebed-Melech, der Kuschit, sprach zu Jeremia: Lege doch die alten Lumpen und zerrissenen Kleider zwischen deine Achselhöhlen und die Stricke! Und Jeremia machte es so.

13 Da zogen sie Jeremia an den Stricken hoch und holten ihn aus der Zisterne heraus, und Jeremia blieb im Gefängnishof.

König Zedekia spricht mit Jeremia

14 Der König Zedekia aber sandte hin und ließ den Propheten Jeremia zu sich holen an den dritten Eingang, der im Haus des Herrn war; und der König sprach zu Jeremia: Ich will dich etwas fragen; verschweige mir nichts!

15 Da antwortete Jeremia dem Zedekia: Wenn ich dir etwas sage, wirst du mich nicht gewisslich töten? Wenn ich dir aber einen Rat gebe, so wirst du nicht auf mich hören!

16 Da schwor der König Zedekia dem Jeremia insgeheim und sprach: So wahr der Herr lebt, der uns diese Seele erschaffen hat, ich werde dich nicht töten, noch dich in die Hände der Männer geben, die nach deinem Leben trachten!

17 Da sprach Jeremia zu Zedekia: So spricht der Herr, der Gott der Heerscharen, der Gott Israels: Wenn du freiwillig zu den Fürsten des Königs von Babel hinausgehst, so sollst du am Leben bleiben, dann soll auch diese Stadt nicht mit Feuer verbrannt werden, und du sollst samt deinem Haus am Leben bleiben.

18 Wenn du aber nicht zu den Fürsten des Königs von Babel hinausgehst, so wird diese Stadt in die Hand der Chaldäer gegeben werden, und sie werden sie mit Feuer verbrennen; und du wirst ihren Händen nicht entkommen!

19 Da antwortete der König Zedekia dem Jeremia: Ich fürchte die Juden, die zu den Chaldäern übergelaufen sind; man könnte mich ihnen ausliefern, dass sie mich misshandeln!

20 Jeremia antwortete: Man wird dich ihnen nicht ausliefern! Höre doch auf die Stimme des Herrn in dem, was ich dir sage, so wird es dir wohlergehen und du wirst am Leben bleiben!

21 Weigerst du dich aber hinauszugehen, so hat mich der Herr dieses Wort sehen lassen:

22 Siehe, alle Frauen, die noch im Palast des Königs von Juda übrig geblieben sind, werden zu den Fürsten des Königs von Babel hinausgeführt werden, und dabei werden sie jammern: »Deine guten Freunde[a] haben dich verführt und überwältigt; als deine Füße im Schlamm versanken, machten sie sich davon!«

23 Dann müssen alle deine Frauen und alle deine Kinder zu den Chaldäern hinausgehen, und auch du wirst ihren Händen nicht entkommen, sondern von der Hand des Königs von Babel erfasst werden, und diese Stadt wirst du mit Feuer verbrennen![b]

24 Da sprach Zedekia zu Jeremia: Niemand darf etwas von diesen Worten erfahren, sonst musst du sterben!

25 Sollten aber die Fürsten erfahren, dass ich mit dir geredet habe, und zu dir kommen und dir sagen: »Berichte uns doch, was du mit dem König geredet hast! Verschweige uns nichts, so wollen wir dich nicht töten; und was hat der König zu dir gesagt?«,

26 so antworte ihnen: »Ich habe den König angefleht, mich nicht wieder in das Haus Jonathans bringen zu lassen, damit ich nicht dort sterbe.«

27 Als nun die Fürsten zu Jeremia kamen und ihn fragten, gab er ihnen mit den Worten Bescheid, die der König ihm befohlen hatte; da ließen sie ihn in Ruhe; denn die Sache war nicht weiter bekannt geworden.

28 Jeremia aber blieb im Gefängnishof bis zu dem Tag, an dem Jerusalem eingenommen wurde.

Footnotes

  1. (38,22) d.h. die ägyptische Armee, die Zedekia im Stich ließ (vgl. Jer 37,5).
  2. (38,23) d.h. Zedekia wird die Schuld daran tragen, dass Jerusalem verbrannt wird.

Gottes letzter Mahnruf an das verhärtete Volk von Juda

Der Herr beruft Jeremia und gibt ihm seinen Auftrag

Die Worte Jeremias, des Sohnes Hilkias, von den Priestern, die in Anatot im Land Benjamin wohnten,

an welchen das Wort des Herrn erging in den Tagen Josias, des Sohnes Amons, des Königs von Juda, im dreizehnten Jahr seiner Regierung,

und auch in den Tagen Jojakims, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, bis zum Ende des elften Jahres Zedekias, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, bis zur Wegführung Jerusalems im fünften Monat.

Und das Wort des Herrn erging an mich folgendermaßen[a]:

Ehe ich dich im Mutterleib bildete, habe ich dich ersehen[b], und bevor du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt; zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt!

Da sprach ich: Ach, Herr, Herr[c], siehe, ich kann nicht reden, denn ich bin noch zu jung[d]!

Aber der Herr sprach zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«; sondern du sollst zu allen hingehen, zu denen ich dich sende, und du sollst alles reden, was ich dir gebiete!

Fürchte dich nicht vor ihnen[e]! Denn ich bin mit dir, um dich zu erretten, spricht der Herr[f].

Und der Herr streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an; und der Herr sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund!

10 Siehe, ich setze dich am heutigen Tag über die Völker und über die Königreiche ein, um auszurotten und niederzureißen, und um zu zerstören und abzubrechen, um zu bauen und zu pflanzen.

11 Und das Wort des Herrn erging an mich folgendermaßen: Was siehst du, Jeremia? Da sprach ich: Ich sehe den Zweig eines Wächterbaumes[g].

12 Da sprach der Herr zu mir: Du hast recht gesehen; denn ich werde über meinem Wort wachen, um es auszuführen!

13 Und das Wort des Herrn erging zum zweiten Mal an mich: Was siehst du? Da antwortete ich: Ich sehe einen siedenden Topf, der kommt von Norden her!

14 Und der Herr sprach zu mir: Von Norden her wird das Unheil über alle Bewohner des Landes entfesselt werden.

15 Denn siehe, ich rufe alle Geschlechter der Königreiche des Nordens, spricht der Herr, damit sie kommen und jeder seinen Thron aufstellt vor den Toren Jerusalems und gegen alle seine Mauern ringsum und gegen alle Städte Judas;

16 und ich will mein Urteil über sie fällen wegen all ihrer Bosheit, dass sie mich verlassen haben und anderen Göttern Räucherwerk dargebracht und die Werke ihrer Hände angebetet haben.

17 Du aber, gürte deine Lenden,[h] mache dich auf und rede zu ihnen alles, was ich dir gebieten werde! Sei nicht verzagt vor ihnen, damit ich dich nicht vor ihnen verzagt mache!

18 Siehe, ich mache dich heute zu einer festen Stadt und zu einer eisernen Säule und zu einer ehernen Mauer gegen das ganze Land, gegen die Könige von Juda, gegen ihre Fürsten, gegen ihre Priester und gegen das Volk des Landes;

19 sie werden zwar gegen dich kämpfen, aber sie werden dich nicht überwältigen; denn ich bin mit dir, spricht der Herr, um dich zu erretten!

Der Herr tadelt sein untreues Volk Israel

Und das Wort des Herrn erging an mich folgendermaßen:

Geh hin und rufe in die Ohren Jerusalems und sprich: So spricht der Herr: Ich denke noch an die Zuneigung deiner Jugendzeit, an deine bräutliche Liebe, als du mir nachgezogen bist in der Wüste, in einem Land ohne Aussaat.

Israel war [damals] dem Herrn geheiligt, der Erstling seines Ertrages; alle, die es verzehren wollten, machten sich schuldig; es kam Unheil über sie, spricht der Herr.

Hört das Wort des Herrn, ihr vom Haus Jakob, und alle Geschlechter des Hauses Israel!

So spricht der Herr: Was haben eure Väter denn Unrechtes an mir gefunden, dass sie sich von mir entfernt haben und dem Nichtigen[i] nachgegangen und zunichtegeworden sind?

Und sie haben nicht gefragt: Wo ist der Herr, der uns aus dem Land Ägypten heraufgeführt und uns durch die Wüste geleitet hat, durch ein wildes und zerklüftetes Land, durch ein dürres und totes Land, durch ein Land, das niemand durchwandert und kein Mensch bewohnt?

Und ich brachte euch in das fruchtbare Land, damit ihr dessen Früchte und Güter genießt; und ihr kamt hinein und habt mein Land verunreinigt, und mein Erbteil habt ihr zum Gräuel gemacht!

Die Priester fragten nicht: Wo ist der Herr? Und die mit dem Gesetz umgingen, erkannten mich nicht; die Hirten fielen von mir ab, und die Propheten weissagten durch Baal und liefen denen nach, die nicht helfen können.

Darum will ich weiter mit euch rechten, spricht der Herr, und auch mit euren Kindeskindern will ich rechten!

10 Fahrt doch hinüber zu den Inseln der Kittäer und schaut, und sendet nach Kedar und erkundigt euch genau und seht, ob es dort so zugeht!

11 Hat je ein Heidenvolk die Götter gewechselt, die doch nicht einmal Götter sind? Aber mein Volk hat seine Herrlichkeit vertauscht gegen das, was nicht hilft!

12 Entsetzt euch darüber, ihr Himmel, und schaudert, werdet schreckensstarr!, spricht der Herr.

13 Denn mein Volk hat eine zweifache Sünde begangen: Mich, die Quelle des lebendigen Wassers, haben sie verlassen, um sich Zisternen zu graben, löchrige Zisternen, die kein Wasser halten!

14 Ist denn Israel ein Knecht oder unfrei geboren[j]? Warum ist es zur Beute geworden?

15 Junge Löwen brüllen es an mit lautem Gebrüll und machen sein Land zur Wüste, seine Städte zu Brandstätten, die niemand bewohnt.

16 Auch weiden dir die Söhne von Noph und Tachpanches[k] den Scheitel ab.

17 Hast du dir dies nicht selbst bereitet, indem du den Herrn, deinen Gott, verlassen hast zu der Zeit, als er dich auf dem Weg führte?

18 Und nun, was soll dir die Reise nach Ägypten helfen, um die Wasser des Nil zu trinken? Oder was soll dir die Reise nach Assyrien helfen, um die Wasser des Euphrat zu trinken?[l]

19 Deine Bosheit straft dich, und deine Abtrünnigkeit züchtigt dich! Erkenne doch und sieh, wie schlimm und bitter es ist, dass du den Herrn, deinen Gott, verlassen hast und dass keine Furcht vor mir in dir ist!, spricht der Herrscher, der Herr der Heerscharen.

20 Denn vor langer Zeit habe ich dein Joch zerbrochen und deine Bande zerrissen; aber du hast gesagt: »Ich will nicht dienen!« Ja, du hast dich auf allen hohen Hügeln und unter allen grünen Bäumen als Hure hingestreckt!

21 Und doch hatte ich dich gepflanzt als eine Edelrebe von ganz echtem Samen; wie hast du dich mir verwandeln können in wilde Ranken eines fremden Weinstocks?

22 Denn wenn du dich auch mit Lauge waschen und viel Seife dazu nehmen würdest, so würde deine Schuld vor meinem Angesicht doch schmutzig bleiben! spricht Gott, der Herr[m].

23 Wie kannst du sagen: »Ich habe mich nicht verunreinigt und bin den Baalen nicht nachgelaufen?« Schau doch deinen Weg im Tal an; erkenne, was du getan hast, du leichtfüßige Kamelin, die kreuz und quer läuft!

24 Die Wildeselin, welche die Wüste gewohnt ist, die in der Begierde ihrer Lust nach Luft schnappt, wer kann sie aufhalten in ihrer Brunst? Alle, die sie suchen, brauchen sich nicht abzumühen; in ihrem Monat finden sie sie.

25 Bewahre deinen Fuß vor dem Barfußgehen und deine Kehle vor dem Durst! Aber du sprichst: Nein, da wird nichts daraus! Denn ich liebe die Fremden, und ihnen will ich nachlaufen!

26 Wie ein Dieb sich schämen muss, wenn er ertappt wird, so ist das Haus Israel zuschanden geworden — sie, ihre Könige, ihre Fürsten, ihre Priester und ihre Propheten,

27 die zum Holz sagen: »Du bist mein Vater!« und zum Stein: »Du hast mich geboren!«[n] Denn sie haben mir den Rücken zugewandt und nicht das Angesicht; zur Zeit ihres Unglücks aber werden sie sagen: »Mache dich auf und rette uns!«

28 Wo sind denn deine Götter, die du dir gemacht hast? Sie sollen sich aufmachen, wenn sie dich retten können zur Zeit deines Unglücks! Denn so viele Städte du hast, Juda, so viele Götter hast du auch!

29 Warum wollt ihr denn mit mir rechten? Ihr seid ja alle von mir abgefallen!, spricht der Herr.

30 Vergeblich habe ich eure Kinder geschlagen — sie haben die Züchtigung nicht angenommen; euer Schwert hat eure Propheten gefressen wie ein reißender Löwe.

31 O du [verkehrtes] Geschlecht, achte doch auf das Wort des Herrn! Bin ich denn für Israel eine Wüste gewesen oder ein Land tiefer Finsternis? Warum spricht denn mein Volk: »Wir schweifen frei umher! Wir kommen nicht mehr zu dir!«

32 Vergisst auch eine Jungfrau ihren Schmuck, oder eine Braut ihren Gürtel? Aber mein Volk hat mich vergessen seit unzähligen Tagen.

33 Wie gut weißt du deinen Weg einzurichten, um Liebe zu suchen! Darum hast du dich auch an Verbrechen gewöhnt auf deinen Wegen.

34 Sogar an deinen [Kleider-]Säumen findet man das Blut armer, unschuldiger Seelen, die du nicht etwa beim Einbruch angetroffen hast, sondern auf all diesen [Wegen].

35 Aber du sagst: »Ich bin doch unschuldig; gewiss hat sich sein Zorn schon von mir abgewandt!« — Siehe, ich will mit dir ins Gericht gehen, weil du sagst: »Ich habe nicht gesündigt!«

36 Was läufst du ständig hin und her und änderst deinen Weg? Du wirst an Ägypten ebenso zuschanden werden, wie du an Assyrien zuschanden geworden bist!

37 Auch von dort wirst du abziehen müssen, die Hände auf dem Kopf; denn der Herr hat die verworfen, auf welche du dein Vertrauen setzt, und es wird dir mit ihnen nicht gelingen!

Und er spricht: »Wenn ein Mann seine Frau verstößt und sie ihn verlässt und einem anderen Mann zu eigen wird, darf er wieder zu ihr zurückkehren? Würde nicht ein solches Land dadurch entweiht? Du aber hast mit vielen Liebhabern gehurt; doch kehre wieder zu mir zurück!«, spricht der Herr.

Erhebe deine Augen zu den Höhen und schau: Wo hast du dich nicht schänden lassen? An den Wegen sitzend, hast du auf sie gewartet wie ein Araber in der Wüste, und du hast das Land entweiht durch deine Hurerei und deine Bosheit!

Deshalb blieben die Regenschauer aus und kein Spätregen fiel; aber du hattest die Stirn eines Hurenweibes und wolltest dich nicht schämen.

Hast du nicht eben jetzt angefangen, mir zuzurufen: »Mein Vater, der Freund meiner Jugend bist du!

Sollte er ewiglich grollen, für immer zürnen?« — Siehe, so hast du gesprochen und dabei Böses getan und es durchgesetzt!

Ruf zur Buße. Verheißung des messianischen Reiches

Und der Herr sprach zu mir in den Tagen des Königs Josia: Hast du gesehen, was Israel, die Abtrünnige, getan hat? Sie ist auf jeden hohen Berg und unter jeden grünen Baum gelaufen und hat dort Hurerei getrieben!

Und ich dachte, nachdem sie das alles getan hat, wird sie zu mir zurückkehren. Aber sie kehrte nicht zurück. Und ihre treulose Schwester Juda sah dies;

ich aber sah, dass, obwohl ich die abtrünnige Israel wegen ihres Ehebruchs entlassen und ihr den Scheidebrief gegeben hatte, sich ihre treulose Schwester Juda nicht fürchtete, hinzugehen und auch Hurerei zu treiben.

Und so kam es, dass sie durch ihre leichtfertige Hurerei das Land entweihte; und sie trieb Ehebruch mit Stein und Holz.

10 Trotz alledem ist ihre treulose Schwester Juda nicht von ganzem Herzen zu mir zurückgekehrt, sondern nur zum Schein, spricht der Herr.

11 Und der Herr sprach zu mir: Israel, die Abtrünnige, steht gerechter da als Juda, die Treulose.

12 Geh hin, rufe diese Worte aus gegen den Norden hin und sprich: Kehre um, Israel, du Abtrünnige!, spricht der Herr. Ich will mein Angesicht nicht vor euch verdüstern, denn ich bin gnädig, spricht der Herr, und zürne nicht ewig!

13 Nur erkenne deine Schuld, dass du dem Herrn, deinem Gott, die Treue gebrochen hast und hierhin und dorthin zu den Fremden gelaufen bist unter jeden grünen Baum; aber auf meine Stimme habt ihr nicht gehört!, spricht der Herr.

14 Kehrt um, ihr abtrünnigen Kinder, spricht der Herr, denn ich bin euer Eheherr[o]! Und ich will euch nehmen, einen aus [jeder] Stadt und zwei aus [jeder] Familie, und euch nach Zion bringen.

15 Und ich will euch Hirten[p] nach meinem Herzen geben, die sollen euch weiden mit Erkenntnis und Einsicht.

16 Und es wird geschehen, wenn ihr euch dann in jenen Tagen mehrt und fruchtbar werdet im Land, spricht der Herr, so wird man nicht mehr sagen: »Die Bundeslade des Herrn«; und sie wird niemand mehr in den Sinn kommen, man wird an sie nicht mehr gedenken und sie nicht mehr vermissen; es wird auch keine mehr gemacht werden.

17 Zu jener Zeit wird man Jerusalem »Thron des Herrn« nennen, und alle Heidenvölker werden sich dorthin versammeln, zum Namen des Herrn, nach Jerusalem, und sie werden künftig nicht mehr dem Starrsinn ihres bösen Herzens folgen.

18 In jenen Tagen wird das Haus Juda mit dem Haus Israel ziehen, und sie werden miteinander aus dem Land des Nordens in das Land kommen, das ich euren Vätern zum Erbteil gegeben habe.

19 Ich hatte zwar gedacht[q]: Was für eine Stellung will ich dir geben unter den Söhnen! Ich will dir das erwünschte Land schenken, das allerschönste Erbteil der Völker! Und ich hatte auch gedacht, ihr würdet mich »Vater« nennen und ihr würdet euch nicht mehr von mir abwenden.

20 Aber wie eine Frau ihrem Gefährten untreu wird, so seid ihr mir untreu geworden, Haus Israel!, spricht der Herr.

21 Eine Stimme hört man auf den kahlen Höhen: Es ist das flehentliche Weinen der Kinder Israels, weil sie ihren Weg verkehrt und den Herrn, ihren Gott, vergessen haben.

22 Kehrt um, ihr abtrünnigen Kinder! Ich will eure Abtrünnigkeit heilen! — »Siehe, wir kommen zu dir, denn du bist der Herr, unser Gott.

23 Wahrlich, die Höhen haben uns betrogen, das Lärmen auf den Bergen; wahrlich, bei dem Herrn, unserem Gott, steht das Heil Israels!

24 Aber die Schande[r] hat den Erwerb unserer Väter verzehrt von unserer Jugend an, ihre Schafe und ihre Rinder, ihre Söhne und ihre Töchter;

25 wir müssen in unserer Schande daliegen, und unsere Schmach bedeckt uns; denn wir haben an dem Herrn, unserem Gott, gesündigt, wir und unsere Väter, von unserer Jugend an bis zu diesem Tag, und wir haben nicht gehört auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes!«

Gottes Ruf zur Umkehr und zum Neuanfang

Wenn du umkehrst, Israel, spricht der Herr, wenn du zu mir umkehrst und wenn du deine Gräuel von meinem Angesicht entfernst, so brauchst du nicht mehr umherzuirren;

und wenn du in Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit schwörst: »So wahr der Herr lebt!«, so werden sich die Heiden in Ihm segnen und sich rühmen in Ihm!

Denn so spricht der Herr zu den Männern von Juda und zu Jerusalem: Pflügt einen Neubruch und sät nicht unter die Dornen![s]

Beschneidet euch für den Herrn und beseitigt die Vorhaut eurer Herzen, ihr Männer von Juda und ihr Einwohner von Jerusalem, damit mein Zorn nicht ausbricht wie ein Feuer, das niemand löschen kann, wegen der Bosheit eurer Taten!

Ankündigung einer verheerenden Invasion aus dem Norden

Verkündigt es in Juda und lasst es hören in Jerusalem und sagt es; stoßt in das Schopharhorn im Land, ruft aus voller Kehle und sprecht: »Versammelt euch und lasst uns in die festen Städte ziehen!«

Richtet ein Banner auf nach Zion hin, flieht und steht nicht still! Denn ich bringe Unheil von Norden her und eine große Zerstörung:

Der Löwe ist aus seinem Dickicht hervorgekommen, und der Verderber der Völker ist aufgebrochen; er ist ausgegangen von seinem Ort, um dein Land zur Wüste zu machen, damit deine Städte zerstört werden und niemand mehr darin wohnt.

Darum gürtet euch Sacktuch um, klagt und jammert; denn die Zornglut des Herrn hat sich nicht von uns abgewandt!

Und es wird geschehen an jenem Tag, spricht der Herr, da werden der König und die Fürsten den Mut verlieren, und die Priester werden entsetzt sein und die Propheten erstarrt.

10 Da sprach ich: »Ach, Herr, Herr, du hast wahrlich dieses Volk und Jerusalem sehr getäuscht, indem du sprachst: Ihr sollt Frieden haben!, aber nun ist [ihnen] das Schwert an die Kehle gesetzt!« —

11 Zu jener Zeit wird zu diesem Volk und zu Jerusalem gesagt werden: Ein heißer Wind kommt von den kahlen Höhen der Wüste zu der Tochter meines Volkes, nicht zum Worfeln und nicht zum Säubern;

12 ein Wind, zu heftig dafür, kommt von mir. Nun will auch ich ihnen mein Urteil sprechen!

13 Siehe, gleich Wolken zieht er herauf, und wie ein Sturmwind sind seine Streitwagen; schneller als Adler sind seine Rosse! Wehe uns, denn wir sind verwüstet!

14 Wasche dein Herz rein von [deiner] Bosheit, o Jerusalem, damit du gerettet wirst! Wie lange sollen deine heillosen Pläne in deinem Herzen bleiben?

15 Denn eine Stimme meldet es von Dan her und verkündet Unheil vom Bergland Ephraim aus:

16 Lasst es die Völker wissen; siehe, verkündet es über Jerusalem: Belagerer sind aus einem fernen Land gekommen und lassen ihre Stimme erschallen gegen die Städte Judas;

17 wie Feldhüter lagern sie sich rings um [Juda] her; denn es hat sich gegen mich empört, spricht der Herr.

18 Dein Wandel und deine Taten haben dir das eingetragen; deine Bosheit ist schuld daran, dass es [nun] so bitter steht, dass es dir bis ans Herz dringt!

19 Meine Brust![t] Meine Brust! Mir ist so angst! O ihr Wände meines Herzens! Mein Herz rast in mir; ich kann nicht schweigen! Denn du, meine Seele, hörst den Schall des Horns, das Kriegsgeschrei.

20 Zerstörung über Zerstörung wird gemeldet; denn das ganze Land ist verheert; plötzlich sind meine Zelte verwüstet, in einem Augenblick meine Zeltbahnen!

21 Wie lange muss ich noch das Kriegsbanner sehen und den Schall des Schopharhornes hören?

22 Wahrlich, mein Volk ist töricht, sie kennen mich nicht; närrische Kinder sind sie und ohne Einsicht; weise sind sie, Böses zu tun, aber Gutes zu tun verstehen sie nicht.

23 Ich schaute zur Erde — doch siehe, sie war wüst und leer! und zum Himmel — aber sein Licht war verschwunden!

24 Ich schaute die Berge an — doch siehe, sie erbebten und alle Hügel schwankten!

25 Ich schaute — und siehe, da war kein Mensch mehr, und alle Vögel des Himmels waren verschwunden!

26 Ich schaute — und siehe, das fruchtbare Land war zur Wüste geworden, und alle seine Städte waren zerstört vor dem Herrn, vor der Glut seines Zorns.

27 Denn so spricht der Herr: Das ganze Land soll verwüstet werden; doch ich will ihm nicht ganz ein Ende machen.

28 Darum wird die Erde trauern und der Himmel droben sich in Schwarz kleiden, weil ich entschlossen bin, zu tun, was ich gesagt habe; und es reut mich nicht, und ich gehe nicht davon ab.

29 Vor dem Geschrei der Reiter und der Bogenschützen flieht die ganze[u] Stadt; sie verstecken sich im Gebüsch und steigen auf die Felsen; die ganze Stadt ist verlassen; kein Mensch wohnt mehr darin.

30 Und nun, du Verwüstete, was willst du tun? Wenn du dich auch in Scharlach[v] kleidest, wenn du dich auch mit Goldgeschmeide schmückst, wenn du auch deine Augen mit Schminke herausstreichst, so machst du dich doch vergeblich schön; deine Liebhaber verschmähen dich und trachten dir nach dem Leben!

31 Denn ich höre ein Geschrei wie von einer, die in Wehen liegt, einen Angstruf wie von einer, die zum ersten Mal Mutter wird: die Stimme der Tochter Zion, die stöhnt und ihre Hände ausbreitet: O wehe mir, denn meine Seele erliegt kraftlos den Mördern!

Die Bosheit des verstockten Volkes und das kommende Gericht

Streift durch die Gassen Jerusalems und schaut doch nach und erkundigt euch und forscht nach auf ihren Plätzen, ob ihr einen Mann findet, ob einer da ist, der Recht übt und nach Wahrhaftigkeit strebt[w]; so will ich ihr vergeben!

Aber wenn sie auch sagen: »So wahr der Herr lebt!«, so schwören sie dennoch falsch.

Herr, sehen deine Augen nicht auf Wahrhaftigkeit? Du hast sie geschlagen, aber es tat ihnen nicht weh; du hast sie aufgerieben, aber sie haben sich geweigert, Zucht anzunehmen; sie haben ihr Angesicht härter als Fels gemacht, sie haben sich geweigert, umzukehren!

Ich aber dachte: Nur die Geringen sind so; sie benehmen sich so töricht, weil sie den Weg des Herrn, das Recht ihres Gottes nicht kennen.

Ich will doch zu den Großen gehen und mit ihnen reden; denn sie kennen den Weg des Herrn, das Recht ihres Gottes! Aber sie haben allesamt das Joch zerbrochen, die Bande zerrissen.

Darum schlägt sie der Löwe aus dem Wald, überfällt sie der Steppenwolf; der Leopard lauert vor ihren Städten, sodass jeder, der sie verlässt, zerrissen wird; denn ihre Übertretungen sind zahlreich, und groß sind ihre Abweichungen[x]!

Warum sollte ich dir vergeben? Deine Kinder haben mich verlassen und bei denen geschworen, die keine Götter sind; und nachdem ich sie gesättigt hatte, brachen sie die Ehe und drängten sich scharenweise ins Hurenhaus!

Wie brünstige Hengste schweifen sie umher; jeder wiehert nach der Ehefrau seines Nächsten.

Sollte ich dies nicht heimsuchen, spricht der Herr, und sollte sich meine Seele an einem solchen Volk nicht rächen?

10 Erklimmt ihre Mauern und verderbt, aber richtet sie nicht völlig zugrunde! Schneidet ihre Ranken ab,[y] denn sie gehören nicht dem Herrn!

11 Denn ganz und gar treulos haben das Haus Israel und das Haus Juda an mir gehandelt, spricht der Herr.

12 Sie haben den Herrn verleugnet und gesagt: »Nicht Er ist"s![z] Kein Unglück wird über uns kommen; weder Schwert noch Hungersnot werden wir zu sehen bekommen!

13 Die Propheten sind ja nur Windbeutel[aa], und das Wort ist nicht in ihnen;[ab] ihnen selbst soll es so ergehen!«

14 Darum spricht der Herr, der Gott der Heerscharen: Weil ihr das gesagt habt, siehe, so will ich meine Worte in deinem Mund zu einem Feuer machen und dieses Volk zu Holz, sodass es sie verzehren wird.

15 Siehe, ich bringe über euch, du Haus Israel, ein Volk aus der Ferne, spricht der Herr, ein zähes Volk, ein uraltes Volk, ein Volk, dessen Sprache du nicht kennst und dessen Rede du nicht verstehst.

16 Sein Köcher ist wie ein offenes Grab, und es besteht aus lauter Helden.

17 Und es wird deine Ernte und dein Brot aufessen, sie werden deine Söhne und deine Töchter verzehren, deine Schafe und deine Rinder fressen; es wird deinen Weinstock und deinen Feigenbaum abfressen; und deine festen Städte, auf die du dich verlässt, wird es mit dem Schwert zerstören.

18 Aber auch in jenen Tagen, spricht der Herr, will ich mit euch nicht ganz ein Ende machen.

19 Und wenn es dann geschieht, dass ihr fragt: »Weshalb hat der Herr, unser Gott, uns das alles angetan?«, so sollst du ihnen antworten: »Gleichwie ihr mich verlassen und fremden Göttern gedient habt in eurem Land, so müsst ihr auch jetzt Fremden dienen in einem Land, das nicht euch gehört!«

20 Verkündigt dies im Haus Jakob und lasst es hören in Juda und sprecht:

21 Höre doch dies, du törichtes Volk ohne Einsicht, die ihr Augen habt und doch nicht seht, die ihr Ohren habt und doch nicht hört!

22 Mich wollt ihr nicht fürchten, spricht der Herr, vor mir nicht erzittern, der ich dem Meer den Sand zur Grenze gesetzt habe, zur ewigen Schranke, die es nicht überschreiten darf? Wenn sich seine Wogen auch dagegen auflehnen, so sind sie doch machtlos; wenn sie auch toben, können sie sie nicht überschreiten.

23 Aber dieses Volk hat ein halsstarriges, aufrührerisches Herz; sie haben sich abgewandt und sind davongelaufen;

24 und sie haben in ihrem Herzen nicht gedacht: Wir wollen doch den Herrn, unseren Gott, fürchten, der den Regen gibt, Früh- und Spätregen zu seiner Zeit, der die bestimmten Wochen der Ernte für uns einhält!

25 Eure Missetaten haben dies verhindert, und eure Sünden haben das Gute von euch zurückgehalten.

26 Denn unter meinem Volk finden sich Gottlose; sie liegen auf der Lauer, ducken sich wie Vogelsteller; sie stellen Fallen, um Menschen zu fangen.

27 Wie ein Käfig voller Vögel geworden ist, so haben sich ihre Häuser mit Betrug gefüllt; auf diese Weise sind sie groß und reich geworden.

28 Sie glänzen vor Fett; auch fließen sie über von bösen Taten. Für das Recht sorgen sie nicht, für das Recht der Waisen, um ihnen zum Gelingen zu verhelfen; und die Rechtssache der Armen führen sie nicht.

29 Sollte ich dies nicht heimsuchen?, spricht der Herr; ja, sollte sich meine Seele an einem solchen Volk nicht rächen?

30 Entsetzliches und Abscheuliches ist im Land geschehen:

31 Die Propheten weissagen falsch, und die Priester herrschen mit ihrer Unterstützung; und mein Volk liebt es so! Was wollt ihr aber tun, wenn das Ende von [all] dem kommt?

Der Herr warnt Jerusalem vor einer drohenden Belagerung

Flieht, ihr Kinder Benjamins, aus Jerusalems Mitte, und stoßt in das Schopharhorn in Tekoa, und über Beth-Kerem richtet ein Zeichen auf; denn ein Unheil droht von Norden her und ein großes Verderben!

Die Liebliche und Verzärtelte, die Tochter Zion, gebe ich hiermit der Vernichtung preis.

Hirten mit ihren Herden werden zu ihr kommen; ihre Zelte werden sie aufschlagen rings um sie her, und jeder wird sein Teil abweiden.

»Heiligt einen Krieg gegen sie![ac] Auf, lasst uns am Mittag hinaufziehen!« – »Wehe uns, der Tag neigt sich, und die Abendschatten werden länger!«

»Auf, lasst uns bei Nacht hinaufziehen und ihre Paläste zerstören!«

Denn so hat der Herr der Heerscharen befohlen: Fällt Bäume und schüttet einen Wall auf gegen Jerusalem! Das ist die Stadt, die heimgesucht werden soll; denn lauter Gewalttat ist in ihrer Mitte.

Wie ein Brunnen sein Wasser hervorsprudeln lässt, so haben sie ihre Bosheit hervorsprudeln lassen; von Gewalttat und Bedrückung hört man in ihr; Leid und Misshandlung muss ich beständig mit ansehen.

Lass dich warnen, Jerusalem, damit sich meine Seele nicht ganz von dir losreißt, damit ich dich nicht zur Wüste mache, zu einem unbewohnten Land!

So spricht der Herr der Heerscharen: Am Überrest Israels wird man Nachlese halten wie am Weinstock. Lege nochmals deine Hand an wie ein Weinleser an die Ranken!

10 Zu wem soll ich reden, wem Zeugnis ablegen, dass sie darauf hören? Siehe, ihr Ohr ist unbeschnitten; sie können nicht darauf achten. Siehe, das Wort des Herrn ist ihnen zum Hohn geworden; sie haben keine Lust daran.

11 Und ich bin erfüllt von dem Grimm des Herrn, dass ich ihn kaum zurückhalten kann. Gieße ihn aus über die Kinder auf der Gasse und zugleich über die Schar der jungen Männer! Ja, Mann und Frau sollen gefangen werden, Alte und Hochbetagte.

12 Ihre Häuser sollen anderen zugewandt werden, samt den Äckern und Frauen; denn ich will meine Hand ausstrecken gegen die Bewohner dieses Landes!, spricht der Herr.

13 Denn vom Kleinsten bis zum Größten trachten sie alle nach unrechtem Gewinn, und vom Propheten bis zum Priester gehen sie alle mit Lügen um.

14 Und sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin, indem sie sprechen: »Friede, Friede!«, wo es doch keinen Frieden[ad] gibt.

15 Schämen sollten sie sich, weil sie Gräuel verübt haben! Aber sie wissen nicht mehr, was sich schämen heißt, und empfinden keine Scham. Darum werden sie fallen unter den Fallenden; zur Zeit ihrer Heimsuchung werden sie stürzen!, spricht der Herr.

16 So spricht der Herr: Tretet hin an die Wege und schaut und fragt nach den Pfaden der Vorzeit, welches der gute Weg ist, und wandelt darauf, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen! Sie aber sprechen: »Wir wollen nicht darauf wandeln!«

17 Und ich habe Wächter über euch bestellt: Achtet doch auf den Schall des Schopharhorns! Sie aber sprechen: »Wir wollen nicht darauf achten!«

18 So hört nun, ihr Völker, und du, Gemeinde, erkenne, was mit ihnen geschieht!

19 Höre es, Erde! Siehe, ich will Unheil über dieses Volk kommen lassen, die Frucht ihrer Gedanken; denn auf meine Worte haben sie nicht geachtet, und mein Gesetz, das haben sie verworfen.

20 Was soll mir der Weihrauch von Saba und das köstliche Gewürzrohr aus fernem Land? Eure Brandopfer sind mir nicht wohlgefällig, und eure Schlachtopfer sind mir nicht angenehm!

21 Darum, so spricht der Herr: Siehe, ich will diesem Volk Steine des Anstoßes[ae] in den Weg legen, damit Väter und Kinder zugleich daran zu Fall kommen; der Nachbar und sein Freund werden miteinander umkommen!

22 So spricht der Herr: Siehe, es kommt ein Volk aus dem Land des Nordens, und eine große Nation erhebt sich von den äußersten Enden der Erde.

23 Mit Bogen und Wurfspieß sind sie bewaffnet; grausam sind sie und ohne Erbarmen. Ihr Lärmen ist wie das Brausen des Meeres, und auf Pferden reiten sie, gerüstet wie ein Mann zum Kampf gegen dich, o Tochter Zion!

24 Als wir von ihnen hörten, da wurden unsere Hände schlaff; Angst ergriff uns, Wehen wie eine Gebärende.

25 Geh ja nicht aufs Feld hinaus und betritt die Straße nicht! Denn das Schwert des Feindes [verbreitet] Schrecken ringsum.

26 Gürte Sacktuch um dich, o Tochter meines Volkes, und wälze dich in der Asche; trauere wie um den einzigen Sohn[af], halte bittere Klage! Denn plötzlich wird der Verwüster über uns kommen.

27 Ich habe dich zum Prüfer über mein Volk bestellt, zum Goldprüfer, damit du ihren Weg erkennst und prüfst.

28 Sie sind alle widerspenstige Empörer, gehen als Verleumder umher; Erz und Eisen sind sie, Verderber alle miteinander.

29 Der Blasebalg schnaubt; vom Feuer ist das Blei verzehrt, vergebens hat man geschmolzen und geschmolzen; die Bösen werden doch nicht ausgeschieden![ag]

30 »Verworfenes Silber« nennt man sie, weil der Herr sie verworfen hat.

Jeremias Botschaft vor dem Tempel

Dies ist das Wort, das vom Herrn an Jeremia erging:

Stelle dich in das Tor am Haus des Herrn und rufe dort dieses Wort aus und sprich: Hört das Wort des Herrn, ihr alle aus Juda, die ihr zu diesen Toren hineingeht, um den Herrn anzubeten!

So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Bessert euren Wandel und eure Taten, so will ich euch an diesem Ort wohnen lassen!

Verlasst euch nicht auf trügerische Worte wie diese: »Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist dies!«

Denn nur wenn ihr euren Wandel und eure Taten ernstlich bessert, wenn ihr wirklich Recht übt untereinander,

wenn ihr die Fremdlinge, die Waisen und Witwen nicht bedrückt und an dieser Stätte kein unschuldiges Blut vergießt und nicht anderen Göttern nachwandelt zu eurem eigenen Schaden —

dann will ich euch an diesem Ort wohnen lassen, in dem Land, das ich euren Vätern gegeben habe, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Siehe, ihr verlasst euch auf trügerische Reden, die keinen Nutzen bringen!

Meint ihr denn, nachdem ihr gestohlen, gemordet, die Ehe gebrochen, falsch geschworen, dem Baal geräuchert habt und anderen Göttern nachgelaufen seid, die ihr nicht kennt,

10 dass ihr dann kommen und vor mein Angesicht treten könnt in diesem Haus, das nach meinem Namen genannt ist, und sprechen: »Wir sind errettet!« — nur, um dann alle diese Gräuel weiter zu verüben?

11 Ist denn dieses Haus, das nach meinem Namen genannt ist, in euren Augen zu einer Räuberhöhle geworden? Ja wahrlich, auch ich sehe es so an!, spricht der Herr.

12 Denn geht doch hin zu meiner Stätte in Silo, wo ich zuerst meinen Namen wohnen ließ, und seht, wie ich mit ihr verfahren bin wegen der Bosheit meines Volkes Israel![ah]

13 Und nun, weil ihr alle diese Werke verübt habt, spricht der Herr, und weil ich zu euch geredet habe, indem ich mich früh aufmachte und [immer wieder] redete[ai], ihr aber nicht hören wolltet; weil ich euch gerufen habe, ihr aber nicht geantwortet habt,

14 so will ich auch mit dem Haus, das nach meinem Namen genannt ist und auf das ihr euch verlasst, und mit dem Ort, den ich euch und euren Vätern gegeben habe, so verfahren, wie ich mit Silo verfahren bin;

15 und ich will auch euch von meinem Angesicht verwerfen, gleichwie ich alle eure Brüder, die ganze Nachkommenschaft Ephraims, verworfen habe!

16 Du aber sollst für dieses Volk keine Fürbitte einlegen, sollst weder Flehen noch Gebet für sie erheben und nicht in mich dringen; denn ich werde dich keineswegs erhören!

17 Siehst du denn nicht, was sie in den Städten Judas und auf den Straßen von Jerusalem tun?

18 Die Kinder lesen Holz zusammen, und die Väter zünden das Feuer an, die Frauen aber kneten Teig, um der Himmelskönigin Kuchen zu backen; und fremden Göttern spenden sie Trankopfer, um mich zu ärgern.

19 Ärgern sie denn mich damit, spricht der Herr, und nicht vielmehr sich selbst, damit sie zuschanden werden?

20 Darum, so spricht Gott, der Herr: Siehe, mein Zorn und mein Grimm wird sich über diesen Ort ergießen, über die Menschen und über das Vieh, über die Bäume des Feldes und über die Früchte der Erde, und er wird unauslöschlich brennen!

21 So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Bringt nur eure Brandopfer zu euren Schlachtopfern hinzu und esst Fleisch!

22 Denn ich habe zu euren Vätern nichts gesagt und ihnen nichts befohlen in Bezug auf Brandopfer und Schlachtopfer an dem Tag, als ich sie aus dem Land Ägypten herausführte,

23 sondern dieses Wort[aj] habe ich ihnen befohlen: Gehorcht meiner Stimme, so will ich euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein; und wandelt auf dem ganzen Weg, den ich euch gebieten werde, damit es euch wohlergehe!

24 Aber sie gehorchten nicht und neigten mir ihre Ohren nicht zu, sondern sie wandelten nach den Ratschlägen, nach dem Starrsinn ihres bösen Herzens, und sie wandten mir den Rücken zu und nicht das Angesicht.

25 Von dem Tag an, als eure Väter aus dem Land Ägypten zogen, bis zu diesem Tag habe ich euch alle meine Knechte, die Propheten, gesandt, [und zwar] täglich, indem ich mich früh aufmachte und sie [immer wieder] sandte,

26 aber sie haben mir nicht gehorcht und mir kein Gehör geschenkt, sondern sie zeigten sich noch halsstarriger und böser als ihre Väter.

27 Und wenn du auch alle diese Worte zu ihnen redest, so werden sie doch nicht auf dich hören; und wenn du ihnen zurufst, werden sie dir nicht antworten.

28 Darum sollst du zu ihnen sagen: Dies ist das Volk, das auf die Stimme des Herrn, seines Gottes, nicht hören will und keine Züchtigung annimmt; dahin ist die Wahrhaftigkeit, ausgerottet aus ihrem Mund!

Die kommende Verwüstung Jerusalems

29 So schere nun deinen Haarschmuck ab und wirf ihn weg, und stimme auf kahlen Höhen ein Klagelied an! Denn verworfen und verstoßen hat der Herr das Geschlecht, über das er zornig ist.

30 Denn die Kinder Judas haben getan, was böse ist in meinen Augen, spricht der Herr; sie haben ihre Gräuelgötzen in dem Haus aufgestellt, das nach meinem Namen genannt ist, um es zu verunreinigen.

31 Sie haben auch die Höhen des Tophet[ak] im Tal Ben-Hinnom errichtet, um ihre Söhne und Töchter mit Feuer zu verbrennen, was ich ihnen nie geboten habe und was mir nie in den Sinn gekommen ist.

32 Darum siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da man nicht mehr vom »Tophet« oder vom »Tal Ben-Hinnom« reden wird, sondern vom »Tal der Schlachtung«; und man wird im Tophet begraben müssen, weil es sonst keinen Raum mehr gibt;

33 und die Leichname dieses Volkes werden den Vögeln des Himmels und den wilden Tieren zur Speise dienen, und niemand wird sie verscheuchen.

34 So will ich in den Städten Judas und auf den Straßen Jerusalems das Jubel- und Freudengeschrei zum Verstummen bringen, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut; denn das Land soll zur Einöde werden!

Zu jener Zeit, spricht der Herr, wird man die Gebeine der Könige von Juda, die Gebeine seiner Fürsten, die Gebeine der Priester, die Gebeine der Propheten und die Gebeine der Bewohner Jerusalems aus ihren Gräbern hervorholen;

und man wird sie ausbreiten vor der Sonne und dem Mond und vor dem ganzen Heer des Himmels, die sie lieb gehabt, denen sie gedient haben und nachgelaufen sind, die sie gesucht und angebetet haben; man wird sie weder zusammenlesen noch begraben, sondern zu Dünger auf dem Erdboden sollen sie werden!

Und der ganze Überrest, der von diesem bösen Geschlecht übrig bleibt, wird lieber sterben als leben wollen an allen Orten, wohin ich die Übriggebliebenen verstoßen habe, spricht der Herr der Heerscharen.

Der Herr hält Jerusalem seine Verstocktheit vor

So sollst du zu ihnen sagen: So spricht der Herr: Wer fällt und steht nicht wieder auf? Wer weicht [vom rechten Weg] ab und kehrt nicht wieder um?

Warum ist denn dieses Volk [vom rechten Weg] abgewichen, verharrt Jerusalem in fortwährender Abkehr? Sie halten fest am Betrug; sie weigern sich, umzukehren!

Denn ich gab acht und horchte: Sie reden nicht, was recht ist; da ist keiner, der seine Bosheit bereut, der sagt: »Was habe ich getan!« Sondern sie alle wenden sich zu ihrem Lauf wie ein Ross, das sich in den Kampf stürzt.

Selbst der Storch am Himmel kennt seine bestimmten Zeiten; Turteltaube, Schwalbe und Kranich halten die Zeit ihrer Wiederkehr ein; aber mein Volk kennt die Rechtsordnung des Herrn nicht!

Wie könnt ihr da sagen: »Wir sind weise, und das Gesetz des Herrn ist bei uns«? Wahrlich, ja, zur Lüge gemacht hat es der Lügengriffel der Schriftgelehrten!

Zuschanden geworden sind die Weisen; sie sind erschrocken und haben sich selbst gefangen; denn siehe, sie haben das Wort des Herrn verworfen — was für eine Weisheit bleibt ihnen da noch übrig?

10 Darum will ich ihre Frauen anderen geben, ihre Felder neuen Besitzern. Denn vom Kleinsten bis zum Größten trachten sie alle nach [unrechtem] Gewinn, und vom Propheten bis zum Priester gehen sie alle mit Lügen um.

11 Und sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin, indem sie sprechen: »Friede, Friede!«, wo es doch keinen Frieden gibt.

12 Schämen sollten sie sich, weil sie Gräuel verübt haben! Aber sie wissen nicht mehr, was sich schämen heißt, und empfinden keine Scham. Darum werden sie fallen unter den Fallenden; zur Zeit ihrer Heimsuchung werden sie stürzen!, spricht der Herr.

13 Ich will ihnen ganz und gar ein Ende machen, spricht der Herr; keine Trauben sollen mehr am Weinstock sein, keine Feigen mehr am Feigenbaum, und die Blätter sollen verwelken: Was ich ihnen gab, wird man von ihnen wegbringen!

14 Wozu sitzen wir herum? Versammelt euch, und lasst uns in die festen Städte ziehen, damit wir dort zugrunde gehen! Denn der Herr, unser Gott, lässt uns zugrunde gehen und tränkt uns mit Giftwasser, weil wir gegen den Herrn gesündigt haben.

15 Man hofft auf Frieden — aber es wird nicht besser! auf eine Zeit der Heilung — aber siehe da, Schrecken!

Footnotes

  1. (1,4) w. geschah zu mir, besagend. Das Wort »besagend« ist manchmal unübersetzt geblieben und wird sonst meist mit »folgendermaßen« wiedergegeben.
  2. (1,5) od. erkannt.
  3. (1,6) hebr. Adonai Jahweh.
  4. (1,6) w. ein Knabe.
  5. (1,8) w. vor ihren Angesichtern, d.h. ihnen Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten.
  6. (1,8) w. [ist der] Ausspruch des Herrn; so auch später.
  7. (1,11) w. den Stab eines Wächters; andere Übersetzung: einen Mandelzweig; der Mandelbaum blüht in Israel als erstes im Frühjahr und heißt daher »Wächter« (vgl. das verwandte »wachen« in V. 12).
  8. (1,17) d.h. binde dein Gewand mit dem Gürtel hoch; dies war nötig, damit das lange Gewand den Mann nicht beim Arbeiten, Reisen oder Kämpfen behinderte.
  9. (2,5) d.h. den nichtigen Götzen.
  10. (2,14) w. ein Hausgeborener; d.h. jemand, der als Kind von Sklaven im Haus seines Herrn geboren ist und daher von Geburt an unfrei ist.
  11. (2,16) d.h. die Ägypter. Noph ist der Name für Memphis, Tachpanches war eine bedeutende ägyptische Grenzfestung im östlichen Nildelta.
  12. (2,18) d.h. um in Ägypten oder Assyrien (die zu dieser Zeit verbündet waren) politische Unterstützung gegen Babylon zu finden.
  13. (2,22) hebr. Adonai Jahweh.
  14. (2,27) Eine Anspielung auf die Holz- und Steinsymbole, die im Fruchtbarkeitskult der Kanaanäer Verwendung fanden.
  15. (3,14) od. Ich bin euer Herr; das hebr. baal bed. »Ehemann« od. »Herr«.
  16. (3,15) d.h. Könige, die das Volk gerecht regieren (vgl. Jer 2,8; 23,4).
  17. (3,19) od. gesagt.
  18. (3,24) Im AT oft eine Umschreibung des Götzen- (vgl. Jer 11,13) und besonders des Baalsdienstes (Hos 9,10).
  19. (4,3) Bevor verwildertes, von Dornsträuchern überzogenes Land besät werden konnte, musste es vom Unkraut befreit und neu umgepflügt werden (vgl. 1Mo 3,17-18).
  20. (4,19) w. Meine Eingeweide od. Mein Innerstes.
  21. (4,29) od. jede.
  22. (4,30) od. Karmesin; solche wertvollen Stoffe waren Reichen vorbehalten.
  23. (5,1) od. Treue sucht.
  24. (5,6) od. ihre Abtrünnigkeiten / ihr Abfall.
  25. (5,10) od. nehmt ihre Reben weg (vgl. Joh 15,2).
  26. (5,12) od. Er ist nicht! (d.h. eine Gottesleugnung).
  27. (5,13) w. werden zu Wind.
  28. (5,13) od. und der da redet, ist nicht in ihnen.
  29. (6,4) Andere Übersetzung: Führt einen heiligen Krieg gegen sie.
  30. (6,14) »Friede« (Schalom) hat im Hebr. auch die Bedeutung »Wohlergehen«.
  31. (6,21) w. Anstöße.
  32. (6,26) w. wie um den Eingeborenen.
  33. (6,29) Das im Bergbau gewonnene Silber wurde mit Blei verschmolzen; das Blei verband sich im Schmelztiegel mit allen unedlen Substanzen zu Schlacken, sodass nur noch reines Silber übrig blieb. In dem in Jer 6,29 gebrauchten Bild war alles Blei aufgebraucht und zu Schlacke geworden, ohne dass das Silber rein geworden wäre.
  34. (7,12) Man nimmt an, dass Silo nach dem Verlust der Bundeslade durch die Philister völlig zerstört (vgl. Jer 26,6.9) und erst später wieder aufgebaut wurde.
  35. (7,13) Diese Formulierung kommt so oder ähnlich zehnmal im Buch Jeremia vor (Jer 7,13.25; 11,7; 25,3-4; 29,19; 32,33; 35,14-15; 44,4).
  36. (7,23) od. diese Sache.
  37. (7,31) Beim Tophet im Tal Ben-Hinnom direkt außerhalb von Jerusalem brachten die Israeliten den Götzen Kinderopfer (vgl. 2Kö 23,10).