Add parallel Print Page Options

Die dritte Rede des Eliphas

22 Darauf antwortete Eliphas, der Temaniter, und sprach:

Kann ein Mann Gott etwas nützen? Es nützt ja der Verständige nur sich selbst.

Hat der Allmächtige Freude, wenn du gerecht bist? Ist"s ihm ein Gewinn, wenn du in Unschuld wandelst?

Straft er dich etwa wegen deiner Gottesfurcht, und geht er deshalb mit dir ins Gericht?

Sind nicht deine Missetaten groß und deine Schulden ohne Ende?

Du hast deine Brüder grundlos gepfändet und den Entblößten die Kleider ausgezogen;

du hast dem Ermatteten kein Wasser zu trinken gegeben und dem Hungrigen das Brot verweigert.

Dem Gewalttätigen gehört ja das Land, und der Angesehene wohnt darin.

Du hast Witwen leer fortgeschickt, und die Arme der Waisen wurden zerbrochen.

10 Deshalb waren rings um dich her Fallen, sodass dich plötzlich Schrecken überfiel.

11 Oder siehst du die Finsternis nicht und die Wasserflut, die dich bedeckt?

12 Ist Gott nicht so hoch wie die Himmel? Sieh doch die höchsten Sterne, wie hoch sie stehen!

13 Und du denkst: »Was weiß Gott! Sollte er durch das Wolkendunkel hindurch richten?

14 Die Wolken sind eine Hülle für ihn[a], sodass er nicht sehen kann, und er wandelt auf dem Himmelsgewölbe umher!«

15 Willst du den Weg der Vorzeit befolgen, den Pfad, auf dem die Frevler einhergingen,

16 die vor ihrer Zeit weggerafft wurden, deren Fundament der Strom wegriss,

17 die zu Gott sprachen: »Weiche von uns!«, und: »Was kann der Allmächtige einem schon tun?«

18 Und er hatte doch ihre Häuser mit Gütern gefüllt! — Doch der Rat der Gottlosen sei fern von mir!

19 Als die Gerechten es sahen, freuten sie sich, und der Unschuldige spottete über sie:

20 »Fürwahr, unsere Widersacher sind vertilgt, und das Feuer hat ihren Überrest verzehrt!«

21 Versöhne dich doch mit Ihm und mache Frieden! Dadurch wird Gutes über dich kommen.

22 Nimm doch Belehrung an aus seinem Mund und lege seine Worte in dein Herz!

23 Wenn du zu dem Allmächtigen umkehrst, so wirst du aufgerichtet werden, wenn du die Ungerechtigkeit aus deinem Zelt entfernst.

24 Wirf das Gold in den Staub und das Ophirgold zu den Steinen der Bäche,

25 so wird der Allmächtige dein Gold und dein erlesenes Silber sein!

26 Dann wirst du dich an dem Allmächtigen erfreuen und dein Angesicht zu Gott erheben;

27 du wirst zu ihm flehen, und er wird dich erhören, und du wirst deine Gelübde erfüllen.

28 Was du dir vornimmst, das wird gelingen, und ein Licht wird auf deinen Wegen leuchten.

29 Wenn sie abwärts führen, so wirst du sagen: »Es geht empor!«, und wer die Augen niederschlägt, den wird er retten.

30 Er wird [selbst] den freilassen, der nicht unschuldig ist: Durch die Reinheit deiner Hände wird er befreit werden.

Hiobs Antwort auf Eliphas: Er will seine Rechtssache vor Gott bringen

23 Da antwortete Hiob und sprach:

Auch heute noch ist meine Klage bitter; die Hand, die mich trifft, presst mir schwere Seufzer aus!

O dass ich wüsste, wo ich ihn fände, dass ich bis zu seinem Thron[b] gelangen könnte!

Ich würde ihm [meine] Rechtssache vorlegen und meinen Mund mit Beweisen füllen.

Ich möchte wissen, was er mir antworten, und erfahren, was er zu mir sagen würde.

Würde er in seiner Machtfülle mit mir streiten? Nein, er würde mich gewiss anhören.

Da würde ein Redlicher bei ihm vorsprechen, und ich würde auf ewig frei ausgehen[c] von meinem Richter.

Wenn ich aber nach Osten gehe, so ist er nirgends; wende ich mich nach Westen, so bemerke ich ihn nicht;

wirkt er im Norden, so erblicke ich ihn nicht; verbirgt er sich im Süden, so kann ich ihn nicht sehen.

10 Ja, er kennt meinen Weg; wenn er mich prüft, so werde ich wie Gold hervorgehen!

11 Mein Fuß ist seinen Tritten gefolgt; seinen Weg habe ich bewahrt und bin nicht davon abgewichen;

12 vom Gebot seiner Lippen habe ich mich nicht entfernt; die Worte seines Mundes bewahrte ich mehr als meine Grundsätze.

13 Doch Er bleibt sich gleich[d], und wer will ihm wehren? Was er will, das tut er.

14 Ja, Er wird vollenden, was mir bestimmt ist, und dergleichen hat er [noch] vieles im Sinn.

15 Darum schrecke ich zurück vor seinem Angesicht, und wenn ich daran denke, so fürchte ich mich vor ihm.

16 Ja, Gott hat mein Herz verzagt gemacht, und der Allmächtige hat mich erschreckt.

17 Damit ich [aber] nicht vergehe vor dem Anblick der Finsternis, hat er vor meinem Angesicht das Dunkel verdeckt.

Hiob klagt, dass Gott das Treiben der Bösen gewähren lasse

24 Warum sind vom Allmächtigen nicht Zeiten [des Gerichts] aufbewahrt, und warum sehen die, welche ihn kennen, seine Tage nicht?[e]

Man verrückt die Grenzen; sie rauben die Herde und weiden sie.

Den Esel der Waisen treibt man fort und pfändet die Kuh der Witwe.

Man jagt die Armen aus dem Weg, und die Elenden im Land müssen sich allesamt verbergen.

Siehe, wie Wildesel in der Wüste ziehen sie zu ihrem Tagewerk aus, auf der Suche nach Nahrung; die Wildnis bietet ihnen Speise für die Kinder.

Sie ernten das Futter auf dem Feld und halten Nachlese im Weinberg des Gottlosen.

Entblößt bringen sie die Nächte zu; sie haben kein Gewand, und wenn es kalt wird, keine Decke.

Vom Regen der Berge werden sie durchnässt, und weil sie keine Zuflucht haben, klammern sie sich an den Felsen.

Man reißt das Waisenkind von der Brust, und was der Arme anhat, nimmt man als Pfand.

10 Entblößt gehen sie umher, ohne Gewand; sie müssen Garben tragen und hungern dabei.

11 Innerhalb der Mauern[f] [der Reichen] pressen sie Öl; sie treten die Kelter und müssen doch Durst leiden.

12 Von der Stadt her ächzen Sterbende, und die Seele der Erschlagenen schreit; aber Gott achtet nicht auf das Unrecht.

13 Jene hassen das Licht[g], sie wollen seine Wege nicht kennen und bleiben nicht auf seinen Pfaden.

14 Bei Tagesanbruch steht der Mörder auf, um den Elenden und Armen umzubringen; in der Nacht aber ist er wie ein Dieb.

15 Das Auge des Ehebrechers wartet auf die Dämmerung; er spricht: »Kein Auge soll mich sehen!«, und verhüllt sein Angesicht.

16 In der Finsternis bricht man in die Häuser ein; bei Tag halten sie sich eingeschlossen; sie scheuen das Licht[h].

17 Denn für sie alle ist der Morgen gleich wie Todesschatten; denn sie sind vertraut mit dem Schrecken des Todesschattens.

18 Schnell treibt er auf der Oberfläche des Wassers dahin. Verflucht ist sein Erbteil auf Erden; sein Weg führt nicht durch Weingärten.

19 Wie Hitze und Sonnenglut die Schneewasser wegraffen, so das Totenreich die, welche gesündigt haben.

20 Der Mutterschoß wird ihn vergessen, Würmer laben sich an ihm; nie mehr wird an ihn gedacht, und wie ein Baum wird [sein] Übermut gebrochen,

21 der die Unfruchtbare beraubte, die nicht gebar, und der Witwe nichts Gutes tat.

22 Und Mächtige rafft er dahin durch seine Kraft; steht er auf, so ist man seines Lebens nicht mehr sicher.

23 Er gibt ihm Sicherheit, und jener verlässt sich darauf; und seine Augen [wachen] über ihre Wege.

24 Sie kommen hoch; aber wenig braucht"s, so sind sie dahin; sie sinken hin und werden zusammengerafft, wie alle anderen auch, und wie die Ährenspitze werden sie abgeschnitten.

25 Oder ist’s nicht so? Wer will mich Lügen strafen und meine Rede zunichtemachen?

Footnotes

  1. (22,14) w. sind ihm ein Versteck.
  2. (23,3) Andere Übersetzung: Richterstuhl / Wohnstätte.
  3. (23,7) od. gerettet werden.
  4. (23,13) w. doch er [bleibt] in dem einen.
  5. (24,1) d.h. die Gerichtstage Gottes, an denen er das Böse straft.
  6. (24,11) d.h. innerhalb der Terrassenmauern der Gärten, in denen sie arbeiten.
  7. (24,13) od. lehnen sich auf gegen das Licht.
  8. (24,16) w. Licht kennen sie nicht.

Elifas: Kehr wieder um zu Gott!

22 Ein drittes Mal ergriff Elifas aus Teman das Wort:

»Meinst du, dass ein Mensch für Gott von Nutzen ist?
Wer weise und verständig ist,
nützt doch nur sich selbst!
Machst du Gott damit eine Freude,
dass du dir nichts zuschulden kommen lässt?
Bringt es ihm Gewinn, wenn du ein tadelloses Leben führst?
Nicht wegen deiner Frömmigkeit
geht Gott mit dir ins Gericht
und zieht dich jetzt zur Rechenschaft,
nein, wegen deiner großen Bosheit!
Lang ist die Liste deiner Sünden!

Wenn dir dein Nachbar etwas schuldete,
dann hast du ohne Grund
sein einziges Gewand als Pfand genommen.
Dem Durstigen hast du kein Wasser gegeben
und dem Hungrigen das Brot verweigert.
Dabei bist du mächtig und angesehen;
dir gehört das Land, in dem du wohnst!
Witwen hast du mit leeren Händen weggeschickt
und den Waisenkindern ihre Bitten abgeschlagen.

10 Deshalb umgeben dich jetzt tödliche Gefahren
und packt dich Furcht und Entsetzen.
11 Deshalb ist es jetzt so dunkel um dich her,
dass du keine Handbreit sehen kannst,
deshalb überrollt dich jetzt die große Flut!
12 Schau dir die Sterne an dort oben –
Gott ist noch viel erhabener,
er überragt den Himmel!
13-14 Darum sagst du auch:
›Was weiß er schon?
Kann uns Gott gerecht beurteilen,
wenn dunkle Wolken ihm den Blick versperren?
In tiefer Finsternis verbirgt er sich,
er sieht uns nicht;
fern am Rand des Weltalls wohnt er!‹

15 Willst auch du die falschen Wege gehen,
die in alter Zeit gewissenlose Menschen schon gegangen sind?
16 Vorzeitig wurden sie aus dem Leben gerissen,
ihre Häuser wurden fortgespült von einer Flut.
17 Sie wagten es, zu Gott zu sagen:
›Geh mir aus dem Weg!‹
und: ›Was kann uns der Allmächtige schon tun?‹
18 Dabei war er es doch,
der in seiner Güte sie zu Wohlstand brachte! –
Doch ich will mich hüten, so wie sie zu reden! –
19 Gute und gerechte Menschen werden lachen
und sich freuen, wenn sie ihren Untergang sehen!
20 ›Jetzt ist unser Feind vernichtet‹, jubeln sie,
›und sein Besitz wurde ein Raub der Flammen!‹

21 Hiob, versöhn dich wieder mit Gott,
schließ mit ihm Frieden,
dann wird er dir sehr viel Gutes tun!
22 Gib wieder acht auf das, was er dir sagt,
und nimm dir seine Worte zu Herzen!
23 Wenn du zu Gott, dem Allmächtigen, umkehrst,
wird er dich aufrichten.
Halte alles Unrecht von deinem Haus fern!
24 Wirf dein kostbares Gold weg,
versenk es irgendwo im Fluss!
25 Dann ist Gott selbst dein kostbarer Schatz,
dann bedeutet er dir mehr als alles Gold und Silber.
26 Er wird die Quelle deiner Freude sein,
und du kannst wieder zu ihm aufschauen.
27 Wenn du zu ihm betest, wird er dich erhören;
und du wirst erfüllen,
was du ihm versprochen hast.
28 Deine Pläne werden gelingen;
hell strahlt das Licht über allen deinen Wegen!
29 Wenn andere am Boden liegen und du betest: ›Herr, stärke sie wieder!‹,
dann wird Gott die Niedergeschlagenen aufrichten.
30 Sogar einen schuldbeladenen Menschen wird Gott retten,
weil du mit reinem Herzen für ihn gebetet hast!«

Hiob: Wenn ich Gott nur finden könnte!

23 Hiob sagte:

»Auch heute muss ich bitter klagen,
schwer lastet Gottes Hand auf mir,
ich kann nur noch stöhnen!
Wenn ich doch wüsste, wo ich ihn finden könnte
und wie ich zu seinem Thron gelange!
Ich würde ihm meinen Fall darlegen
und alle Gründe nennen, die zu meinen Gunsten sprechen!
Ich wollte wissen, was er mir zur Antwort gibt,
und verstehen, was er mir dann sagt.
Würde er wohl alle Kraft aufbieten,
um mit mir zu streiten?
Nein! Er würde mir Beachtung schenken!
So könnte ich meine Unschuld beweisen,
und Gott würde mich endgültig freisprechen.

Doch ich kann ihn nirgends finden!
Ich habe ihn im Osten gesucht – er ist nicht dort,
und auch im Westen entdecke ich ihn nicht.
Wirkt er im Norden,
oder wendet er sich zum Süden hin,
sehe ich doch keine Spur von ihm;
nirgends ist er zu erblicken!

10 Doch er kennt meinen Weg genau;
wenn er mich prüfte, wäre ich rein wie Gold.
11 Unbeirrbar bin ich dem Weg gefolgt,
den er mir zeigte, niemals bin ich von ihm abgeirrt.
12 Ich habe seine Gebote nicht übertreten;
seine Befehle zu beachten, war mir wichtiger
als das tägliche Brot.
13 Aber Gott allein ist der Herr.
Was er sich vornimmt, das tut er auch,
und niemand bringt ihn davon ab.
14 So wird er ausführen,
was er über mich beschlossen hat;
und dieser Plan ist nur einer von vielen, die er bereithält.

15 Darum habe ich Angst vor ihm;
wenn ich darüber nachdenke,
packt mich die Furcht!
16 Ja, Gott hat mir jeden Mut genommen;
der Gewaltige versetzt mich in Angst und Schrecken!
17 Doch die Dunkelheit bringt mich nicht zum Schweigen,
diese tiefe Finsternis, die mich jetzt bedeckt.«

Schreiende Ungerechtigkeit!

24 »Warum setzt Gott, der Allmächtige,
keine Gerichtstage fest?
Warum muss jeder, der ihn kennt,
vergeblich darauf warten?
Mächtige verrücken die Grenzsteine
und erweitern so ihr Land;
sie rauben Herden und treiben sie auf die eigene Weide.
Den Esel eines Waisenkindes führen sie weg
und nehmen einer Witwe den Ochsen als Pfand.
Sie drängen die armen Leute beiseite;
die Bedürftigen müssen sich verstecken,
müssen draußen in der Steppe leben wie die Wildesel;
dort suchen sie nach etwas Essbarem für ihre Kinder.
Auf den Feldern sammeln sie das Futter,
und im Weinberg ihrer Unterdrücker halten sie Nachlese.
Ohne Kleidung verbringen sie draußen die Nacht;
nichts deckt sie in der Kälte zu.
Der Regen im Bergland durchnässt sie völlig;
sie kauern sich an Felsen,
weil sie sonst keinen Unterschlupf finden.

Der Witwe wird ihr Kind von der Brust gerissen,
und den Armen nimmt man ihren Säugling als Pfand.
10 Ohne Kleidung laufen sie herum,
sie arbeiten in der Getreideernte und hungern dabei!
11 In den Olivenhainen pressen sie das Öl,
im Weinberg treten sie die Kelter –
und leiden doch Durst!
12 In der Stadt stöhnen die Sterbenden.
Menschen werden umgebracht, laut schreien sie um Hilfe,
doch Gott zieht die Mörder nicht zur Rechenschaft!
13 Sie sind Feinde des Lichts.
Was hell und wahr ist, das kennen sie nicht;
nein, sie gehen ihm beharrlich aus dem Weg.
14 Noch vor dem Morgengrauen zieht der Mörder los,
er bringt den Armen und Wehrlosen um.
Wie der Dieb treibt er in der Nacht sein Unwesen.
15 Auch der Ehebrecher wünscht sich die Dämmerung herbei.
›Mich sieht keiner!‹, denkt er
und verhüllt sein Gesicht.
16 Ja, nachts brechen sie in die Häuser ein,
aber tagsüber halten sie sich versteckt.
Sie alle scheuen das Licht.
17 Tiefe Dunkelheit – das ist ihr Morgenlicht!
Mit den Schrecken der Nacht sind sie bestens vertraut.«

Gott hat doch das letzte Wort!

18 »Der Gottlose vergeht wie Schaum auf dem Wasser;
schwer lastet Gottes Fluch auf seinem Land.
Sein Weinberg verödet,
weil er ihn nicht mehr bearbeiten kann.
19 Sonne und Wärme lassen den Schnee im Nu verschwinden,
genauso reißt der Tod jeden Sünder plötzlich aus dem Leben.
20 Dann laben sich die Würmer an ihm;
sogar von seiner Mutter wird er vergessen[a].
Nie mehr wird jemand an ihn denken,
der Schuldige wird zerbrochen wie trockenes Holz.
21 Er hat die kinderlose Frau ausgebeutet,
der Witwe hat er nichts Gutes getan.

22 Solche Machthaber reißt Gott in seiner Kraft hinweg;
wenn er sich erhebt,
sind sie ihres Lebens nicht mehr sicher.
23 Mag sein, dass er sie in Ruhe lässt
und sie sich in Sicherheit wiegen –
er überwacht doch unablässig ihre Wege.
24 Nur für kurze Zeit stehen sie auf der Höhe ihrer Macht,
dann ist es vorbei mit ihnen.
Wie die Ähren werden sie gepackt und abgeschnitten.
25 Ja, so ist es!
Keiner kann mich Lügen strafen
und niemand meine Worte widerlegen!«

Footnotes

  1. 24,20 Wörtlich: der Mutterschoß vergisst ihn.

Petrus rechtfertigt sein Verhalten vor jüdischen Gläubigen

11 Und die Apostel und die Brüder, die in Judäa waren, hörten, dass auch die Heiden das Wort Gottes angenommen hatten.

Und als Petrus nach Jerusalem hinaufkam, machten die aus der Beschneidung ihm Vorwürfe

und sprachen: Zu unbeschnittenen Männern bist du hineingegangen und hast mit ihnen gegessen!

Da begann Petrus und erzählte ihnen alles der Reihe nach und sprach:

Ich war in der Stadt Joppe und betete; da sah ich in einer Verzückung ein Gesicht: Ein Gefäß kam herab, wie ein großes, leinenes Tuch, das an vier Enden vom Himmel herabgelassen wurde, und es kam bis zu mir.

Als ich nun hineinblickte und es betrachtete, sah ich die vierfüßigen Tiere der Erde und die Raubtiere und die kriechenden Tiere und die Vögel des Himmels.

Und ich hörte eine Stimme, die zu mir sprach: Steh auf, Petrus, schlachte und iss!

Ich aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn nie ist etwas Gemeines oder Unreines in meinen Mund gekommen!

Aber eine Stimme vom Himmel antwortete mir zum zweiten Mal: Was Gott gereinigt hat, das halte du nicht für gemein!

10 Dies geschah aber dreimal; und alles wurde wieder in den Himmel hinaufgezogen.

11 Und siehe, in dem Augenblick standen vor dem Haus, in dem ich war, drei Männer, die aus Cäsarea zu mir gesandt worden waren.

12 Und der Geist sprach zu mir, ich solle ohne Bedenken mit ihnen ziehen. Es kamen aber auch diese sechs Brüder mit mir, und wir gingen in das Haus des Mannes hinein.

13 Und er berichtete uns, wie er den Engel in seinem Haus stehen sah, der zu ihm sagte: Sende Männer nach Joppe und lass Simon mit dem Beinamen Petrus holen;

14 der wird Worte zu dir reden, durch die du gerettet werden wirst, du und dein ganzes Haus.

15 Als ich aber zu reden anfing, fiel der Heilige Geist auf sie, gleichwie auf uns am Anfang.

16 Da gedachte ich an das Wort des Herrn, wie er sagte: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit Heiligem Geist getauft werden.

17 Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe verliehen hat wie auch uns, nachdem sie an den Herrn Jesus Christus gläubig geworden sind, wer war ich denn, dass ich Gott hätte wehren können?

18 Als sie aber das hörten, beruhigten sie sich und priesen Gott und sprachen: So hat denn Gott auch den Heiden die Buße zum Leben gegeben!

Antiochia, die erste Gemeinde aus Juden und Heiden. Barnabas und Saulus

19 Die nun, welche sich zerstreut hatten seit der Verfolgung, die sich wegen Stephanus erhoben hatte, zogen bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia und redeten das Wort zu niemand als nur zu Juden.

20 Unter ihnen gab es aber einige, Männer aus Zypern und Kyrene, die, als sie nach Antiochia kamen, zu den Griechischsprechenden[a] redeten und ihnen das Evangelium von dem Herrn Jesus verkündigten.

21 Und die Hand des Herrn war mit ihnen, und eine große Zahl wurde gläubig und bekehrte sich zum Herrn.

22 Es kam aber die Kunde von ihnen zu den Ohren der Gemeinde in Jerusalem, und sie sandten Barnabas, dass er hingehe nach Antiochia.

23 Und als er ankam und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit festem Herzen bei dem Herrn zu bleiben;

24 denn er war ein guter Mann und voll Heiligen Geistes und Glaubens; und es wurde dem Herrn eine beträchtliche Menge hinzugetan.

25 Und Barnabas zog aus nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen,

26 und als er ihn gefunden hatte, brachte er ihn nach Antiochia. Es begab sich aber, dass sie ein ganzes Jahr zusammen in der Gemeinde blieben und eine beträchtliche Menge lehrten; und in Antiochia wurden die Jünger zuerst Christen genannt.

Hilfeleistung für die Gläubigen in Judäa

27 In diesen Tagen aber kamen Propheten von Jerusalem herab nach Antiochia.

28 Und einer von ihnen, mit Namen Agabus, trat auf und zeigte durch den Geist eine große Hungersnot an, die über den ganzen Erdkreis kommen sollte; diese trat dann auch ein unter dem Kaiser Claudius.

29 Da beschlossen die Jünger, dass jeder von ihnen gemäß seinem Vermögen den Brüdern, die in Judäa wohnten, eine Hilfeleistung senden solle;

30 das taten sie auch und sandten sie an die Ältesten durch die Hand von Barnabas und Saulus.

Footnotes

  1. (11,20) d.h. hier den Heiden, die Griechisch sprachen.

Petrus rechtfertigt die Taufe von Nichtjuden

11 Bald darauf erfuhren die Apostel und die Gläubigen überall in Judäa, dass nun auch Nichtjuden Gottes Botschaft angenommen hatten.

Als Petrus nach Jerusalem zurückkehrte, warfen ihm die Gemeindeglieder dort vor: »Du hast das Haus von Nichtjuden betreten und sogar mit ihnen gegessen!« Nun berichtete ihnen Petrus der Reihe nach, was geschehen war:

»Während ich in der Stadt Joppe war, zeigte mir Gott während des Gebets eine Vision: Ich sah etwas wie ein großes Leinentuch. Es wurde an seinen vier Ecken zusammengehalten und so vom Himmel auf die Erde heruntergelassen. Als ich genau hinsah, entdeckte ich darin die unterschiedlichsten Arten von vierfüßigen und wilden Tieren, von Kriechtieren und Vögeln. Ich hörte eine Stimme, die mich aufforderte: ›Petrus, steh auf, schlachte diese Tiere und iss davon!‹ ›Niemals, Herr‹, widersprach ich. ›Noch nie in meinem Leben habe ich etwas gegessen, was in Moses Gesetz als unrein bezeichnet wird und verboten ist.‹ Aber die Stimme vom Himmel sprach noch einmal: ›Wenn Gott etwas für rein erklärt hat, dann nenne du es nicht unrein.‹

10 Dreimal wiederholte sich dieser Vorgang. Dann wurde das Tuch mit den Tieren darin wieder in den Himmel gehoben. 11 Genau in diesem Augenblick standen drei Männer vor dem Haus, in dem ich mich befand. Sie kamen aus Cäsarea und waren zu mir geschickt worden. 12 Der Heilige Geist forderte mich auf, ich solle ohne Bedenken mit den Männern gehen, und diese sechs Brüder hier begleiteten mich. Bald trafen wir im Haus des Mannes ein, der die Boten geschickt hatte. 13 Er erzählte, dass ihm in seinem Haus ein Engel erschienen war. Der hatte plötzlich vor ihm gestanden und befohlen: ›Schick Boten nach Joppe und lass Simon Petrus holen. 14 Was er dir zu sagen hat, wird dir und allen, die zu dir gehören, Rettung bringen.‹ 15 Ich war noch gar nicht lange bei ihnen und hatte gerade zu reden angefangen, da kam der Heilige Geist auf sie, genauso wie es bei uns am Pfingsttag gewesen war.

16 In diesem Augenblick fiel mir ein, was uns der Herr einmal gesagt hatte: ›Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden.‹ 17 Gott schenkte diesen Nichtjuden dieselbe Gabe wie vorher uns, als wir begannen, an den Herrn Jesus Christus zu glauben. Wer bin ich, dass ich Gott daran hätte hindern können?«

18 Diese Worte überzeugten sie. Sie lobten Gott und sagten: »Gott hat nun also auch den Nichtjuden den Weg zur Umkehr eröffnet, den einzigen Weg, der zum Leben führt.«

Gründung der Gemeinde in Antiochia

19 Fast alle Gläubigen waren wegen der beginnenden Verfolgung nach dem Tod von Stephanus aus Jerusalem geflohen und hatten sich über Judäa und Samarien zerstreut. Manche kamen sogar bis nach Phönizien, Zypern und Antiochia. Sie erzählten aber nur den Juden von Jesus. 20 Lediglich ein paar von ihnen – Männer aus Zypern und Kyrene, die jetzt in Antiochia lebten – verkündeten auch den Nichtjuden die rettende Botschaft von Jesus, dem Herrn. 21 Der Herr wirkte mächtig durch sie, und so wandten sich ihm viele Menschen zu und glaubten an ihn.

22 Als die Gemeinde in Jerusalem davon erfuhr, schickte sie Barnabas nach Antiochia. 23 Der kam in die Stadt und erkannte voller Freude, was Gott in seiner Gnade getan hatte. Barnabas ermutigte die Gläubigen, fest und entschlossen in ihrem Glauben an den Herrn zu bleiben. 24 Er war ein vorbildlicher Mann, erfüllt vom Heiligen Geist und stark im Glauben. So begannen damals viele Menschen Jesus, dem Herrn, zu vertrauen.

25 Von Antiochia reiste Barnabas nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen. 26 Er traf ihn und nahm ihn dann mit nach Antiochia zurück. Dort blieben die beiden ein ganzes Jahr lang in der Gemeinde, um viele Menschen im Glauben zu unterweisen. In Antiochia wurden die Jünger zum ersten Mal »Christen« genannt.

27 Zu dieser Zeit kamen Propheten aus Jerusalem nach Antiochia. 28 Während des Gottesdienstes sagte einer von ihnen – er hieß Agabus – eine große Hungersnot voraus. Sie würde sich über das gesamte Reich erstrecken. So hatte es ihm der Heilige Geist gezeigt. Tatsächlich trat diese Hungersnot wenige Jahre später noch während der Regierungszeit von Kaiser Klaudius ein.[a] 29 Deshalb beschloss die Gemeinde in Antiochia, ihren Brüdern und Schwestern in Judäa zu helfen. Jeder in der Gemeinde sollte so viel geben, wie er konnte, 30 und das Geld wurde dann von Barnabas und Saulus den Leitern der Gemeinde in Jerusalem überbracht.

Footnotes

  1. 11,28 Klaudius regierte 41–54 n.Chr.