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Die Teilung des Reiches in das Reich Juda und das Reich Israel

Rehabeam wird König über Juda, Jerobeam über Israel

12 Und Rehabeam zog nach Sichem; denn ganz Israel war nach Sichem gekommen, um ihn zum König zu machen.

Und es geschah, als Jerobeam, der Sohn Nebats, dies hörte (Jerobeam war aber noch in Ägypten, wohin er vor dem König Salomo geflohen war, denn Jerobeam war in Ägypten geblieben;

und man hatte hingesandt und ihn rufen lassen), da kamen Jerobeam und die ganze Gemeinde Israels und redeten mit Rehabeam und sprachen:

Dein Vater hat unser Joch hart gemacht; so mache du nun den harten Dienst deines Vaters und das schwere Joch, das er uns auferlegt hat, leichter, so wollen wir dir dienen!

Er aber sprach zu ihnen: Geht hin für drei Tage, dann kommt wieder zu mir! Und das Volk ging weg.

Da hielt der König Rehabeam einen Rat mit den Ältesten, die vor seinem Vater Salomo gestanden hatten, als er noch lebte, und sprach: Wie ratet ihr, dass wir diesem Volk antworten sollen?

Sie aber antwortete ihm so: Wenn du heute diesem Volk ein Knecht wirst und ihm dienst und auf es hörst und zu ihm gute Worte sprichst, so werden sie deine Knechte sein dein Leben lang!

Aber er verwarf den Rat der Ältesten, den sie ihm gegeben hatten, und hielt Rat mit den Jungen, die mit ihm aufgewachsen waren, die vor ihm standen.

Und er sprach zu ihnen: Was ratet ihr, dass wir diesem Volk antworten, das zu mir gesagt und gesprochen hat: Mache das Joch leichter, das dein Vater auf uns gelegt hat?

10 Da redeten die Jungen zu ihm, die mit ihm aufgewachsen waren, und sprachen: Dem Volk, das zu dir gesagt hat: »Dein Vater hat unser Joch zu schwer gemacht, du aber mache es uns leichter!«, dem sollst du so antworten: »Mein kleiner Finger ist dicker als die Lenden meines Vaters!

11 Und nun, wenn mein Vater ein schweres Joch auf euch gelegt hat, so will ich euer Joch noch schwerer machen! Hat mein Vater euch mit Geißeln gezüchtigt, so will ich euch mit Skorpionen[a] züchtigen!«

12 Als nun Jerobeam samt dem ganzen Volk am dritten Tag zu Rehabeam kam, wie der König gesagt hatte: »Kommt am dritten Tag zu mir!«,

13 da gab der König dem Volk eine harte Antwort und verwarf den Rat, den ihm die Ältesten gegeben hatten,

14 und er redete mit ihnen nach dem Rat der Jungen und sprach: Mein Vater hat euer Joch schwer gemacht, ich aber will euer Joch noch schwerer machen! Mein Vater hat euch mit Geißeln gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen züchtigen!

15 So schenkte der König dem Volk kein Gehör; denn es wurde so vom Herrn gefügt, damit er sein Wort erfüllte, das der Herr durch Achija von Silo zu Jerobeam, dem Sohn Nebats, geredet hatte.

16 Als nun ganz Israel sah, dass der König ihnen kein Gehör schenkte, antwortete das Volk dem König und sprach: Was haben wir für einen Anteil an David? Wir haben kein Erbteil an dem Sohn Isais! Auf, Israel, zu deinen Zelten! Sorge du nun für dein Haus, David! — So ging Israel zu seinen Zelten.

17 Und Rehabeam regierte nur über die Kinder Israels, die in den Städten Judas wohnten.

18 Und der König Rehabeam sandte den Fronmeister Adoram hin, aber ganz Israel steinigte ihn, sodass er starb; der König Rehabeam aber eilte und stieg auf seinen Wagen, um nach Jerusalem zu fliehen.

19 So fiel Israel ab vom Haus Davids bis zu diesem Tag.

20 Und es geschah, als ganz Israel hörte, dass Jerobeam zurückgekommen war, da sandten sie hin und beriefen ihn in die Volksversammlung und machten ihn zum König über ganz Israel, und niemand folgte dem Haus Davids als allein der Stamm Juda.

21 Als aber Rehabeam nach Jerusalem kam, versammelte er das ganze Haus Juda und den Stamm Benjamin, 180 000 auserlesene Krieger, um gegen das Haus Israel zu kämpfen und das Königtum wieder an Rehabeam, den Sohn Salomos, zu bringen.

22 Aber das Wort Gottes erging an Schemaja, den Mann Gottes, folgendermaßen:

23 Rede zu Rehabeam, dem Sohn Salomos, dem König von Juda, und zum Haus Juda und zu Benjamin und dem übrigen Volk und sprich:

24 »So spricht der Herr: Ihr sollt nicht hinaufziehen, um gegen eure Brüder, die Söhne Israels, zu kämpfen! Kehrt um, jeder zu seinem Haus, denn von mir aus ist diese Sache geschehen!« Und sie hörten auf das Wort des Herrn und kehrten um, wie der Herr gesagt hatte.

Jerobeam führt einen falschen Gottesdienst ein und macht dem Volk goldene Kälber

25 Jerobeam aber baute Sichem auf dem Bergland Ephraim aus und wohnte darin; und er zog aus von dort und baute Pnuel.

26 Jerobeam aber dachte in seinem Herzen: Das Königreich wird nun wieder dem Haus Davids zufallen!

27 Wenn dieses Volk hinaufziehen wird, um im Haus des Herrn in Jerusalem Opfer darzubringen, so wird sich das Herz dieses Volkes wieder zu ihrem Herrn wenden, zu Rehabeam, dem König von Juda; ja, sie werden mich töten und sich wieder Rehabeam, dem König von Juda, zuwenden!

28 Darum hielt der König Rat und machte zwei goldene Kälber und sprach zu [dem Volk]: Es ist zu viel für euch, nach Jerusalem hinaufzuziehen! Siehe, das sind deine Götter, Israel, die dich aus dem Land Ägypten herausgeführt haben!

29 Und er stellte das eine in Bethel auf, und das andere setzte er nach Dan.

30 Aber diese Tat wurde [für Israel] zur Sünde; und das Volk lief zu dem einen [Kalb] bis nach Dan.

31 Er machte auch ein Höhenheiligtum und setzte aus dem ganzen Volk Leute zu Priestern ein, die nicht von den Söhnen Levis waren.

32 Ferner ordnete Jerobeam ein Fest an, am fünfzehnten Tag des achten Monats, wie das Fest in Juda,[b] und opferte auf dem Altar. Ebenso machte er es in Bethel, indem er den Kälbern opferte, die er gemacht hatte; und er ließ in Bethel die Priester der Höhen den Dienst verrichten, die er eingesetzt hatte.

33 Und er opferte auf dem Altar, den er in Bethel gemacht hatte, am fünfzehnten Tag des achten Monats, des Monats, den er aus seinem eigenen Herzen erdacht hatte; und er veranstaltete den Kindern Israels ein Fest und opferte auf dem Altar und räucherte.[c]

Die Gerichtsbotschaft des Propheten aus Juda

13 Aber siehe, ein Mann Gottes kam von Juda durch das Wort des Herrn nach Bethel, als Jerobeam eben bei dem Altar stand, um zu räuchern.

Und er rief gegen den Altar durch das Wort des Herrn und sprach: Altar! Altar! So spricht der Herr: »Siehe, es wird dem Haus Davids ein Sohn namens Josia geboren werden, der wird auf dir die Priester der Höhen schlachten, die auf dir räuchern, und man wird Menschengebeine auf dir verbrennen!«

Und er gab an jenem Tag ein Zeichen und sprach: Das ist das Zeichen, dass der Herr dies geredet hat: Siehe, der Altar wird bersten und die Asche, die darauf ist, verschüttet werden!

Und es geschah, als der König das Wort des Mannes Gottes hörte, der gegen den Altar von Bethel rief, da streckte Jerobeam seine Hand aus vom Altar herab und sprach: Ergreift ihn! Da verdorrte seine Hand, die er gegen ihn ausgestreckt hatte, sodass er sie nicht wieder zu sich ziehen konnte.

Und der Altar barst, und die Asche wurde vom Altar herabverschüttet, gemäß dem Zeichen, das der Mann Gottes durch das Wort des Herrn angekündigt hatte.

Da ergriff der König das Wort und sprach zu dem Mann Gottes: Besänftige doch das Angesicht des Herrn, deines Gottes, und bitte für mich, dass meine Hand mir wiedergegeben werde! Da besänftigte der Mann Gottes das Angesicht des Herrn. Und die Hand des Königs wurde ihm wiedergegeben, und sie wurde wieder wie zuvor.

Da sprach der König zu dem Mann Gottes: Komm mit mir heim und erfrische dich! Ich will dir auch ein Geschenk geben.

Aber der Mann Gottes sprach zum König: Wenn du mir auch dein halbes Haus geben würdest, so käme ich nicht mit dir; denn ich würde an diesem Ort kein Brot essen und kein Wasser trinken.

Denn so wurde mir durch das Wort des Herrn geboten und gesagt: Du sollst kein Brot essen und kein Wasser trinken und nicht wieder auf dem Weg zurückkehren, den du gegangen bist!

10 Und er ging einen anderen Weg und kehrte nicht wieder auf dem gleichen Weg zurück, auf dem er nach Bethel gekommen war.

Der Ungehorsam des Propheten wird bestraft

11 Aber in Bethel wohnte ein alter Prophet. Zu dem kam einer seiner Söhne und erzählte ihm alles, was der Mann Gottes an jenem Tag in Bethel getan hatte; [auch] die Worte, die er zum König geredet hatte, erzählten sie ihrem Vater.

12 Da sprach ihr Vater zu ihnen: Welchen Weg ist er gegangen? Und seine Söhne hatten den Weg gesehen, den der Mann Gottes, der von Juda gekommen war, eingeschlagen hatte.

13 Er aber sprach zu seinen Söhnen: Sattelt mir den Esel! Und sie sattelten ihm den Esel, und er ritt darauf;

14 und er ging dem Mann Gottes nach und fand ihn unter einer Terebinthe sitzen und sprach zu ihm: Bist du der Mann Gottes, der von Juda gekommen ist? Er sprach: Ich bin’s!

15 Da sprach er zu ihm: Komm mit mir heim und iss etwas!

16 Er aber sprach: Ich kann nicht umkehren und mit dir kommen; ich will auch mit dir weder Brot essen noch Wasser trinken an diesem Ort;

17 denn durch das Wort des Herrn ist zu mir gesagt worden: Du sollst dort weder Brot essen noch Wasser trinken; du sollst nicht auf dem gleichen Weg zurückkehren, auf dem du hingegangen bist!

18 Aber jener sprach zu ihm: Ich bin auch ein Prophet wie du, und ein Engel hat durch das Wort des Herrn zu mir geredet und gesagt: Führe ihn zurück in dein Haus, damit er Brot esse und Wasser trinke! Er log es ihm aber vor.

19 Da kehrte er mit ihm um und aß in seinem Haus Brot und trank Wasser.

20 Als sie aber zu Tisch saßen, da kam das Wort des Herrn zu dem Propheten, der ihn zurückgeführt hatte,

21 und er rief dem Mann Gottes zu, der von Juda gekommen war, und sprach: So spricht der Herr: Weil du dem Befehl[d] des Herrn ungehorsam gewesen bist und das Gebot nicht gehalten hast, das dir der Herr, dein Gott, geboten hat,

22 sondern umgekehrt bist und Brot gegessen und Wasser getrunken hast an diesem Ort, von dem er dir sagte, du solltest weder Brot essen noch Wasser trinken, so soll dein Leichnam nicht in das Grab deiner Väter kommen!

23 Und es geschah, nachdem er Brot gegessen und getrunken hatte, da sattelte er ihm, dem Propheten, den er zurückgeführt hatte, den Esel.

24 Als er nun fortging, da begegnete ihm auf dem Weg ein Löwe; der tötete ihn, und sein Leichnam lag hingestreckt auf dem Weg. Und der Esel stand neben ihm, und der Löwe stand neben dem Leichnam.

25 Und siehe, als Leute vorbeigingen, da sahen sie den Leichnam hingestreckt auf dem Weg liegen und den Löwen bei dem Leichnam stehen, und sie kamen und sagten es in der Stadt, in welcher der alte Prophet wohnte.

26 Als nun der Prophet, der ihn vom Weg zurückgeholt hatte, das hörte, sprach er: Es ist der Mann Gottes, der dem Befehl des Herrn ungehorsam gewesen ist; darum hat ihn der Herr dem Löwen übergeben, der hat ihn zerrissen und getötet nach dem Wort, das der Herr zu ihm geredet hat!

27 Und er redete mit seinen Söhnen und sprach: Sattelt mir den Esel! Und als sie ihn gesattelt hatten,

28 da ging er hin und fand seinen Leichnam hingestreckt auf dem Weg liegen und den Esel und den Löwen neben dem Leichnam stehen. Der Löwe hatte den Leichnam nicht gefressen und den Esel nicht zerrissen.

29 Da hob der Prophet den Leichnam des Mannes Gottes auf und legte ihn auf den Esel und führte ihn zurück. Und er kam in die Stadt des alten Propheten, um ihn zu beklagen und zu begraben.

30 Und er legte dessen Leichnam in sein eigenes Grab, und sie klagten um ihn: Ach, mein Bruder!

31 Und als er ihn begraben hatte, sprach er zu seinen Söhnen: Wenn ich sterbe, so begrabt mich in dem Grab, in dem der Mann Gottes begraben worden ist, und legt meine Gebeine neben seine Gebeine.

32 Denn das Wort wird gewiss eintreffen, das er durch das Wort des Herrn ausgerufen hat gegen den Altar in Bethel und gegen alle Höhenheiligtümer, die in den Städten Samarias sind!

33 Aber nach dieser Begebenheit kehrte Jerobeam nicht um von seinem bösen Weg, sondern er setzte wieder Höhenpriester aus dem gesamten Volk ein; wer Lust hatte, den weihte er, und der wurde Höhenpriester.

34 Und dies wurde dem Haus Jerobeams zur Sünde, sodass es vernichtet und aus dem Land vertilgt werden musste.

Footnotes

  1. (12,11) od. Stachelpeitschen.
  2. (12,32) d.h. entsprechend dem Laubhüttenfest, das auch am 15. Tag des Monats begann, allerdings nicht im achten, sondern im siebten Monat.
  3. (12,33) Jerobeam setzte nicht nur einen götzendienerischen, menschengemachten Kult um Bilder ein, der vorgeblich der Verehrung des Herrn dienen sollte (vgl. 2Mo 20,4-6), sondern maßte sich auch entgegen Gottes Weisung den Priesterdienst an (vgl. 2Mo 28,1; 4Mo 16,1-11). Das ist die »Sünde Jerobeams«, die allen späteren Königen Israels zum Fallstrick wurde.
  4. (13,21) w. dem Mund.

Die Teilung Israels in zwei Reiche: Das Nordreich Israel und das Südreich Juda (Kapitel 12–14)

Israel sagt sich vom Königshaus David los (2. Chronik 10)

12 Rehabeam reiste nach Sichem, denn dort wollte ganz Israel ihn zum König krönen. Jerobeam, der Sohn von Nebat, erfuhr noch in Ägypten davon, wohin er vor König Salomo geflohen war. Er kam sofort zurück,[a] und die Israeliten schickten Abgesandte zu ihm, um ihn nach Sichem zu holen. Dort angekommen, traten sie vor Rehabeam und sagten zu ihm: »Dein Vater war ein strenger Herrscher. Er hat hohe Steuern verlangt und uns zu harter Arbeit gezwungen. Wir erkennen dich nur als König an, wenn du uns nicht so schwere Lasten aufbürdest wie dein Vater!«

Rehabeam antwortete: »Gebt mir drei Tage Bedenkzeit und dann kommt wieder!« Da wurde die Versammlung für drei Tage unterbrochen.

In der Zwischenzeit rief Rehabeam die alten königlichen Berater zu sich, die schon im Dienst seines Vaters gestanden hatten, und fragte sie: »Was ratet ihr mir? Welche Antwort soll ich dem Volk geben?« Sie antworteten: »Sei freundlich zu ihnen und gib ihnen, was sie fordern! Wenn du heute bereit bist, auf dein Volk zu hören und ihm zu dienen, dann wird dein Volk morgen auf dich hören und dir dienen.«

Aber der Ratschlag der alten Männer gefiel Rehabeam nicht. Darum fragte er seine jungen Berater, die mit ihm zusammen aufgewachsen waren und nun in seinem Dienst standen: »Was meint ihr: Was soll ich dem Volk antworten? Sie verlangen von mir, dass ich ihnen nicht so schwere Lasten auferlege wie mein Vater.« 10 Die jungen Männer rieten ihm: »Diese Leute beschweren sich über deinen Vater und wollen, dass du sie sanfter anfasst? Sag ihnen: ›Im Vergleich zu mir war mein Vater ein Weichling! 11 Er hat euch zwar nicht gerade geschont, aber ich werde noch ganz anders durchgreifen! Er ließ euch mit Peitschen antreiben, ich aber werde Peitschen mit Stacheln nehmen!‹«

12 Drei Tage später sprachen Jerobeam und die Abgesandten des Volkes wieder bei Rehabeam vor. 13 Der König gab ihnen eine harte Antwort. Er hörte nicht auf den Rat der Alten, 14 sondern schleuderte dem Volk die Worte an den Kopf, die ihm seine jungen Altersgenossen vorgesagt hatten: »Es stimmt, mein Vater war nicht gerade zimperlich mit euch, aber ich werde noch ganz anders mit euch umspringen! Er ließ euch mit Peitschen antreiben, ich aber werde Peitschen mit Stacheln nehmen!« 15 Der Herr hatte Rehabeam für die Bitten des Volkes taub gemacht. Denn nun sollte sich erfüllen, was Ahija aus Silo Jerobeam, dem Sohn von Nebat, im Auftrag des Herrn vorausgesagt hatte.

16 Als die Israeliten merkten, dass der König nicht auf sie hören wollte, riefen sie ihm zu: »Was geht uns Davids Sippe noch an? Warum geben wir uns noch mit euch ab? Wir wollen nichts mehr mit euch zu tun haben! Los, gehen wir heim!« Und sie zogen fort.

17 Nur die Israeliten aus dem Stammesgebiet von Juda erkannten Rehabeam als König an. 18 Da schickte Rehabeam Adoniram, den Aufseher über die Fronarbeiter, zu den Nordstämmen, um noch einmal mit ihnen zu verhandeln. Doch die aufgebrachte Menge steinigte Adoniram zu Tode. König Rehabeam konnte sich gerade noch in einen Wagen retten und nach Jerusalem fliehen. 19 So sagten sich die Stämme Nordisraels vom Königshaus David los und sind noch heute von ihm getrennt.

20 Als es sich im Nordreich Israel herumgesprochen hatte, dass Jerobeam aus Ägypten zurückgekehrt war, ließ man ihn zur Volksversammlung rufen und krönte ihn dort zum König über das ganze Nordreich Israel. Nur der Stamm Juda hielt zu Rehabeam, dem Nachkommen von David.

Rehabeam soll Israel nicht zurückerobern (2. Chronik 11,1‒4)

21 Als Rehabeam nach Jerusalem zurückkam, rief er sofort die besten Soldaten der Stämme Juda und Benjamin zum Kampf gegen Israel auf. Es waren 180.000 Mann. So wollte Rehabeam, Salomos Sohn, die Herrschaft über ganz Israel zurückgewinnen. 22 Doch da sprach Gott zum Propheten Schemaja: 23 »Bring König Rehabeam von Juda, Salomos Sohn, und allen Bewohnern der Stammesgebiete Juda und Benjamin diese Botschaft: 24 So spricht der Herr: Ihr sollt nicht gegen eure Brüder, die Israeliten, Krieg führen! Geht wieder nach Hause! Alles, was geschehen ist, habe ich selbst so kommen lassen.«

Sie gehorchten dem Befehl des Herrn und kehrten nach Hause zurück.

Reich Israel

König Jerobeam verführt Israel zum Götzendienst

25 Jerobeam ließ die Stadt Sichem im Gebirge Ephraim ausbauen, er machte sie zur Hauptstadt und wohnte dort. Dann zog er weiter nach Pnuël und baute auch diese Stadt aus. 26 Immer mehr aber fürchtete er, Israel könne sich am Ende doch wieder König Rehabeam zuwenden, weil er ein Nachkomme von David war. 27 »Wenn das Volk regelmäßig nach Jerusalem geht«, so dachte er, »und dort im Tempel des Herrn seine Opfer darbringt, dann werden sie auch bald wieder König Rehabeam von Juda als ihren König anerkennen. Ist es aber erst einmal so weit, dann bringen sie mich um.«

28 Darum ließ er zwei goldene Kälber herstellen. Dem Volk erklärte er: »Es ist viel zu umständlich für euch, für jedes Opfer immer nach Jerusalem zu gehen! Seht, ihr Israeliten, hier ist euer Gott, der euch aus Ägypten geführt hat!« 29 Er ließ eine Götzenfigur in Bethel aufstellen, die andere in Dan. 30 Als das eine Kalb nach Dan gebracht wurde, begleiteten die Israeliten es in einer feierlichen Prozession. So brachte Jerobeam das ganze Volk dazu, gegen den Herrn zu sündigen.

31 Aber er ging noch weiter: Er ließ auf vielen Hügeln Opferstätten und Heiligtümer für die Götzen errichten. Dafür ernannte er auch Israeliten zu Priestern, die nicht zum Stamm Levi gehörten. 32 Er bestimmte einen Tag im Herbst, den 15. Tag des 8. Monats, an dem ein ähnliches Fest gefeiert werden sollte wie das Laubhüttenfest in Juda. Er selbst wollte an diesem Tag in Bethel die Stufen zum Altar hinaufsteigen, um den Kälbern, die er hatte anfertigen lassen, Opfer zu bringen. In Bethel weihte er auch die Priester, die er für den Dienst bei den neuen Opferstätten einsetzen wollte.

Ein Prophet mit einer unbequemen Botschaft

33 Am 15. Tag des 8. Monats, dem Tag, den Jerobeam eigenmächtig festgesetzt hatte, feierten die Israeliten das angekündigte Fest in Bethel. Vor allen Festbesuchern stieg Jerobeam die Stufen zum Altar hinauf, um Opfer darzubringen.

13 Als er gerade oben am Altar stand und opfern wollte, erschien plötzlich ein Prophet aus Juda. Der Herr hatte ihn nach Bethel gesandt. Mit lauter Stimme rief er zum Altar hin, was der Herr ihm aufgetragen hatte: »Altar! Altar! So spricht der Herr: Der Königsfamilie von David wird ein Sohn geboren werden mit Namen Josia. Er wird auf dir die Priester schlachten, die an den Opferstätten dienen und nun hier ihre Opfer darbringen. Ja, Menschenknochen wird man auf dir verbrennen.« Dann wandte der Prophet sich an das Volk und sagte: »Ein Zeichen soll euch beweisen, dass der Herr durch mich geredet hat: Dieser Altar hier wird zerbersten, und seine Asche, die mit dem Fett der Opfertiere getränkt ist, wird auf dem Boden verstreut werden.«

König Jerobeam stand immer noch oben am Altar. Als er hörte, was der Prophet gegen den Altar von Bethel sagte, streckte er zornig seine Hand gegen den Boten Gottes aus und befahl seinen Männern: »Packt diesen Kerl!« Da wurde sein Arm steif, so dass er ihn nicht mehr zurückziehen konnte. Im selben Augenblick brach der Altar auseinander, und die Opferasche wurde auf dem Boden verstreut. Alles traf so ein, wie der Prophet es im Auftrag des Herrn angekündigt hatte.

Da flehte der König: »Bitte, bete für mich zum Herrn, deinem Gott! Versuch ihn zu besänftigen und bitte darum, dass ich meinen Arm wieder bewegen kann!« Der Prophet betete für den König, und sofort war sein Arm wieder gesund.

Da lud König Jerobeam den Boten Gottes ein: »Komm mit mir in mein Haus und iss etwas! Ich möchte dir ein Geschenk geben.« Doch der Prophet wehrte ab: »Selbst wenn du mir dein halbes Haus schenken würdest, käme ich nicht mit! Ich werde hier weder essen noch trinken, denn der Herr hat mir befohlen: ›Du sollst dort nichts essen und nichts trinken! Kehre auch nicht auf demselben Weg zurück, auf dem du nach Bethel gehst!‹«

10 So ging er auf einem anderen Weg nach Hause.

Der Prophet missachtet Gottes Befehl

11 In der Stadt Bethel lebte ein alter Prophet. Als seine Söhne von dem Fest bei dem Altar zurückkamen, erzählten sie ihm, was der Bote Gottes getan und zu König Jerobeam gesagt hatte. 12 »Und wohin ist er dann gegangen?«, wollte der Vater wissen. Die Söhne beschrieben ihm, welchen Weg der Prophet aus Juda eingeschlagen hatte. 13 »Sattelt mir schnell den Esel!«, befahl der alte Prophet. Als das Tier gesattelt war, stieg er auf 14 und ritt dem Boten Gottes nach.

Er holte ihn ein, als er unter einem Baum Rast machte, und fragte ihn: »Bist du der Prophet, der aus Juda hierhergekommen ist?« »Ja, der bin ich«, gab der Angeredete zur Antwort. 15 Da lud der alte Mann ihn ein: »Komm doch zu mir nach Hause und iss etwas!«

16 Aber der Bote Gottes lehnte ab: »Ich kann nicht umkehren und zu dir nach Hause kommen. Ich darf hier nichts essen und nichts trinken, auch nicht bei dir. 17 Denn der Herr hat mir befohlen: ›Du sollst dort nichts essen und nichts trinken! Kehre auch nicht auf demselben Weg zurück, auf dem du nach Bethel gehst!‹«

18 Da entgegnete der alte Mann: »Ich bin auch ein Prophet wie du! Ein Engel hat mir eine Botschaft des Herrn ausgerichtet. Er sagte zu mir: ›Nimm ihn mit nach Hause, damit er bei dir essen und trinken kann!‹« Dies war eine Lüge. 19 Aber der Bote Gottes nahm daraufhin die Einladung des alten Propheten an und aß und trank bei ihm zu Hause.

20 Noch während des Essens gab der Herr dem alten Propheten eine Botschaft für den Gast, den er in sein Haus geholt hatte. 21 Der Prophet sagte zu dem Boten Gottes aus Juda: »So spricht der Herr: Du hast dich meinem Befehl widersetzt und hast das Verbot missachtet, das ich, der Herr, dein Gott, dir gegeben habe. 22 Du bist umgekehrt und hast hier am Ort gegessen und getrunken, obwohl ich es dir ausdrücklich verboten hatte. Darum wirst du nie im Grab deiner Vorfahren beerdigt werden!«

23 Nach dem Essen ließ der alte Prophet einen seiner Esel satteln und gab ihn seinem Gast. 24 Der verabschiedete sich und ritt davon. Unterwegs fiel ein Löwe über ihn her und tötete ihn. Der Löwe und der Esel blieben neben dem Toten stehen.

25 Die Leute, die vorbeikamen, sahen die Leiche am Boden liegen und den Löwen neben ihr stehen. Schnell gingen sie weiter und erzählten es in Bethel, wo auch der alte Prophet wohnte. 26 Als er davon hörte, sagte er: »Das ist der Bote Gottes, der sich dem Befehl Gottes widersetzt hat. Darum ließ der Herr ihn in die Klauen des Löwen geraten, und der hat ihn getötet. Es ist alles so eingetroffen, wie der Herr es ihm angekündigt hat.« 27 Dann befahl er seinen Söhnen, ihm seinen Esel zu satteln, 28 und ritt los. Er fand alles so vor, wie man es ihm beschrieben hatte: Der Esel und der Löwe standen immer noch bei der Leiche. Der Löwe hatte sie nicht gefressen und auch den Esel nicht zerrissen.

29 Der Prophet hob den Toten auf seinen Esel und brachte ihn nach Bethel. Dort wollte er die Totenklage um ihn halten und ihn dann begraben. 30 Er bestattete die Leiche in seinem eigenen Familiengrab. Dabei wurde die Klage »Ach, mein Bruder« angestimmt. 31 Nach der Beisetzung sagte der alte Prophet zu seinen Söhnen: »Wenn ich einmal sterbe, sollt ihr mich im selben Grab bestatten, in dem nun der Bote Gottes liegt. An seiner Seite möchte ich begraben sein. 32 Denn ich weiß, dass er ein echter Prophet war. Was er im Auftrag des Herrn gegen den Altar von Bethel und gegen die Götzenopferstätten und Heiligtümer in Samaria vorausgesagt hat, wird alles eintreffen.«

Jerobeam lässt sich nicht warnen

33 Trotz allem, was geschehen war, ließ Jerobeam sich nicht von seinen falschen Wegen abbringen. Er setzte weiterhin Priester aus dem ganzen Volk zum Dienst bei den Opferstätten ein. Wer immer sich darum bewarb, den weihte er selbst zum Priester. 34 So lud er schwere Schuld auf sich, und darum wurde später sein Königshaus vernichtet und sein Geschlecht vollkommen ausgerottet.

Footnotes

  1. 12,2 Wörtlich: Er blieb in Ägypten. – Bei einer anderen Vokalisation des hebräischen Konsonantentextes ergibt sich die jetzige Übersetzung. Vgl. 2. Chronik 10,2.

Das Leiden und Sterben Jesu Christi

Der Plan der Führer Israels und der Verrat des Judas

22 Es nahte aber das Fest der ungesäuerten Brote, das man Passah nennt.

Und die obersten Priester und Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn umbringen könnten; denn sie fürchteten das Volk.

Es fuhr aber der Satan in Judas, der mit Beinamen Ischariot genannt wird, welcher aus der Zahl der Zwölf war.

Und er ging hin und besprach mit den obersten Priestern und den Hauptleuten[a], wie er ihn an sie ausliefern wollte.

Und sie waren erfreut und kamen überein, ihm Geld zu geben.

Und er versprach es und suchte eine gute Gelegenheit, um ihn ohne Volksauflauf an sie auszuliefern.

Das letzte Passahmahl

Es kam aber der Tag der ungesäuerten Brote, an dem man das Passah schlachten musste.

Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin, bereitet uns das Passah, damit wir es essen können!

Sie aber sprachen zu ihm: Wo willst du, dass wir es bereiten?

10 Und er sprach zu ihnen: Siehe, wenn ihr in die Stadt hineinkommt, so wird euch ein Mensch begegnen, der einen Wasserkrug trägt; dem folgt in das Haus, wo er hineingeht,

11 und sprecht zu dem Hausherrn: Der Meister lässt dir sagen: Wo ist das Gastzimmer, in dem ich mit meinen Jüngern das Passah essen kann?

12 Und jener wird euch einen großen, mit Polstern ausgelegten Obersaal zeigen; dort bereitet es zu!

13 Sie gingen hin und fanden es, wie er ihnen gesagt hatte; und sie bereiteten das Passah.

14 Und als die Stunde kam, setzte er sich zu Tisch und die zwölf Apostel mit ihm.

15 Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt,[b] dieses Passah mit euch zu essen, ehe ich leide.

16 Denn ich sage euch: Ich werde künftig nicht mehr davon essen, bis es erfüllt sein wird im Reich Gottes.

17 Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch!

18 Denn ich sage euch: Ich werde nicht mehr von dem Gewächs des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes gekommen ist.

Die Einsetzung des Mahles des Herrn

19 Und er nahm das Brot, dankte, brach es, gab es ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis!

20 Desgleichen [nahm er] auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund[c] in meinem Blut, das für euch vergossen wird.

Jesus sagt den Verrat voraus

21 Doch siehe, die Hand dessen, der mich verrät, ist mit mir auf dem Tisch.

22 Und der Sohn des Menschen geht zwar dahin, wie es bestimmt ist; aber wehe dem Menschen, durch den er verraten wird!

23 Und sie fingen an, sich untereinander zu befragen, welcher von ihnen es wohl wäre, der dies tun würde.

Vom Herrschen und vom Dienen

24 Es entstand aber auch ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte zu gelten habe.

25 Er aber sagte zu ihnen: Die Könige der Heidenvölker herrschen über sie, und ihre Gewalthaber nennt man Wohltäter.

26 Ihr aber sollt nicht so sein; sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste, und der Führende wie der Dienende.

27 Denn wer ist größer: der, welcher zu Tisch sitzt, oder der Dienende? Ist es nicht der, welcher zu Tisch sitzt? Ich aber bin mitten unter euch wie der Dienende.

28 Ihr aber seid die, welche bei mir ausgeharrt haben in meinen Anfechtungen.

29 Und so übergebe ich euch ein Königtum, wie es mir mein Vater übergeben hat,

30 sodass ihr an meinem Tisch in meinem Reich essen und trinken und auf Thronen sitzen sollt, um die zwölf Stämme Israels zu richten.

Jesu Gebet für Petrus. Die Ankündigung der Verleugnung

31 Es sprach aber der Herr: Simon, Simon, siehe, der Satan hat euch begehrt, um euch zu sichten wie den Weizen;

32 ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre; und wenn du einst umgekehrt bist[d], so stärke deine Brüder!

33 Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen!

34 Er aber sprach: Ich sage dir, Petrus: Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst!

35 Und er sprach zu ihnen: Als ich euch aussandte ohne Beutel und Tasche und Schuhe, hat euch etwas gemangelt? Sie sprachen: Nichts!

36 Nun sprach er zu ihnen: Aber jetzt, wer einen Beutel hat, der nehme ihn, ebenso auch die Tasche; und wer es nicht hat, der verkaufe sein Gewand und kaufe ein Schwert.

37 Denn ich sage euch: Auch dies muss noch an mir erfüllt werden, was geschrieben steht: »Und er ist unter die Gesetzlosen gerechnet worden«.[e] Denn was von mir [geschrieben steht], das geht in Erfüllung!

38 Sie sprachen: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter! Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug!

Gethsemane

39 Und er ging hinaus und begab sich nach seiner Gewohnheit an den Ölberg. Es folgten ihm aber auch seine Jünger.

40 Und als er an den Ort gekommen war, sprach er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung kommt!

41 Und er riss sich von ihnen los, ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder, betete

42 und sprach: Vater, wenn du diesen Kelch von mir nehmen willst — doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!

43 Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.

44 Und er war in ringendem Kampf und betete inbrünstiger; sein Schweiß wurde aber wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.

45 Und als er vom Gebet aufstand und zu seinen Jüngern kam, fand er sie schlafend vor Traurigkeit.

46 Und er sprach zu ihnen: Was schlaft ihr? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt!

Die Gefangennahme Jesu

47 Während er aber noch redete, siehe, da kam eine Schar, und der, welcher Judas hieß, einer der Zwölf, ging vor ihnen her und näherte sich Jesus, um ihn zu küssen.

48 Jesus aber sprach zu ihm: Judas, verrätst du den Sohn des Menschen mit einem Kuss?

49 Als nun seine Begleiter sahen, was da geschehen sollte, sprachen sie zu ihm: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?

50 Und einer von ihnen schlug den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab.

51 Da antwortete Jesus und sprach: Lasst ab davon! Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn.

52 Es sprach aber Jesus zu den obersten Priestern und Hauptleuten des Tempels und zu den Ältesten, die an ihn herangetreten waren: Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen mit Schwertern und mit Stöcken!

53 Als ich täglich bei euch im Tempel war, habt ihr die Hände nicht gegen mich ausgestreckt. Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.

Die Verleugnung durch Petrus

54 Nachdem sie ihn nun festgenommen hatten, führten sie ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus aber folgte von ferne.

55 Da sie aber mitten im Hof ein Feuer angezündet hatten und beisammensaßen, setzte sich Petrus mitten unter sie.

56 Es sah ihn aber eine Magd beim Feuer sitzen, schaute ihn an und sprach: Auch dieser war mit ihm!

57 Er aber verleugnete ihn und sprach: Frau, ich kenne ihn nicht!

58 Und bald danach sah ihn ein anderer und sprach: Du bist auch einer von ihnen! Petrus aber sprach: Mensch, ich bin"s nicht!

59 Und nach einer Weile von ungefähr einer Stunde bekräftigte es ein anderer und sprach: Wahrhaftig, der war auch mit ihm; denn er ist ein Galiläer!

60 Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was du sagst! Und sogleich, während er noch redete, krähte der Hahn.

61 Und der Herr wandte sich um und sah Petrus an. Da erinnerte sich Petrus an das Wort des Herrn, das er zu ihm gesprochen hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen!

62 Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.

Jesus vor dem Hohen Rat

63 Die Männer aber, die Jesus festhielten, verspotteten und misshandelten ihn;

64 und nachdem sie ihn verhüllt hatten, schlugen sie ihn ins Angesicht und fragten ihn und sprachen: Weissage uns, wer ist"s, der dich geschlagen hat?

65 Und viele andere Lästerungen sprachen sie gegen ihn aus.

66 Und als es Tag geworden war, versammelten sich die Ältesten des Volkes, die obersten Priester und Schriftgelehrten, und führten ihn vor ihren Hohen Rat; und sie sprachen:

67 Bist du der Christus? Sage es uns! Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich es euch sagte, so würdet ihr es nicht glauben;

68 wenn ich aber auch fragte, so würdet ihr mir nicht antworten, noch mich loslassen.

69 Von nun an wird der Sohn des Menschen sitzen zur Rechten der Macht Gottes.

70 Da sprachen sie alle: Bist du also der Sohn Gottes? Er aber sprach zu ihnen: Ihr sagt es, denn ich bin es!

71 Da sprachen sie: Was brauchen wir ein weiteres Zeugnis? Denn wir haben es selbst aus seinem Mund gehört!

Footnotes

  1. (22,4) d.h. den Hauptleuten der jüdischen Tempelwache (vgl. V. 52).
  2. (22,15) w. mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, ein hebr. Ausdruck.
  3. (22,20) das gr. Wort für »Bund« kann auch »Testament« bedeuten.
  4. (22,32) Andere Übersetzung: wenn du dich einst bekehrst.
  5. (22,37) Jes 53,12.

Leiden, Tod und Auferstehung von Jesus (Kapitel 22–24)

Verschwörung gegen Jesus (Matthäus 26,1‒5; Markus 14,1‒2)

22 Das Fest der ungesäuerten Brote, das auch Passahfest genannt wird, stand kurz bevor. Die obersten Priester und die Schriftgelehrten suchten nach einer günstigen Gelegenheit, bei der sie Jesus umbringen lassen könnten; sie fürchteten aber, im Volk einen Aufruhr auszulösen.

Der Verrat (Matthäus 26,14‒16; Markus 14,10‒11)

Zu der Zeit ergriff der Satan Besitz von Judas Iskariot, einem der zwölf Jünger von Jesus. Judas ging zu den obersten Priestern und den Offizieren der Tempelwache und beriet mit ihnen, wie er Jesus an sie ausliefern könnte. Hocherfreut versprachen die obersten Priester ihm eine Belohnung. Sie wurden sich einig, und Judas suchte nach einer Gelegenheit, Jesus ohne Aufsehen zu verraten.

Vorbereitungen für das Passahfest (Matthäus 26,17‒19; Markus 14,12‒16)

Dann kam der erste Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm geschlachtet werden musste. Jesus gab seinen Jüngern Petrus und Johannes den Auftrag: »Geht und bereitet alles vor, damit wir gemeinsam das Passahmahl feiern können.« »Wo sollen wir denn das Fest vorbereiten?«, fragten sie.

10 Er antwortete: »Wenn ihr nach Jerusalem kommt, wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm in das Haus, das er betritt. 11 Dem Besitzer des Hauses sollt ihr sagen: ›Der Lehrer lässt dich fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Passahmahl feiern kann?‹ 12 Er wird euch ein großes Zimmer im Obergeschoss zeigen, das mit Polstern ausgestattet ist. Bereitet dort alles Weitere vor.« 13 Die beiden Jünger gingen in die Stadt und trafen alles so an, wie Jesus es ihnen gesagt hatte. Dann bereiteten sie das Passahmahl vor.

Jesus feiert mit seinen Jüngern das Passahmahl (Matthäus 26,20‒29; Markus 14,17‒25; Johannes 13,21‒30)

14 Als die Stunde für das Passahmahl gekommen war, nahm Jesus mit den Aposteln an der Festtafel Platz. 15 »Wie sehr habe ich mich danach gesehnt, mit euch dieses Passahmahl zu essen, bevor ich leiden muss«, sagte er. 16 »Ihr sollt wissen: Ich werde das Passahmahl erst wieder in Gottes Reich mit euch feiern. Dann hat sich erfüllt, wofür das Fest jetzt nur ein Zeichen ist

17 Jesus nahm einen Becher mit Wein, sprach das Dankgebet und sagte: »Nehmt diesen Becher und trinkt alle daraus! 18 Ich sage euch: Von jetzt an werde ich keinen Wein mehr trinken, bis Gottes Reich gekommen ist.«

19 Dann nahm er ein Brot. Er dankte Gott dafür, brach es in Stücke und gab es ihnen mit den Worten: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Feiert dieses Mahl immer wieder und denkt daran, was ich für euch getan habe, sooft ihr dieses Brot esst!«

20 Ebenso nahm er nach dem Essen den Becher mit Wein, reichte ihn den Jüngern und sagte: »Dieser Becher ist der neue Bund zwischen Gott und euch, der durch mein Blut besiegelt wird. Es wird zur Vergebung eurer Sünden vergossen. 21 Aber euch muss klar sein: Hier mit mir am Tisch ist der Mann, der mich verrät. 22 Der Menschensohn muss zwar sterben, wie es ihm von Gott bestimmt ist. Aber wehe seinem Verräter!« 23 Bestürzt fragte einer den anderen: »Wer von uns könnte so etwas tun?«

Wer ist der Wichtigste? (Matthäus 20,25‒28; Markus 10,42‒45)

24 Unter den Jüngern kam es zu einem Streit darüber, wer von ihnen wohl der Wichtigste sei. 25 Da sagte ihnen Jesus: »In dieser Welt unterdrücken die Herrscher ihre Völker, und rücksichtslose Machthaber lassen sich als Wohltäter feiern. 26 Aber bei euch soll es nicht so sein. Im Gegenteil: Der Erste unter euch soll sich allen anderen unterordnen, und wer euch führen will, muss allen dienen. 27 Wer ist denn bedeutender? Wer am Tisch sitzt und sich bedienen lässt oder wer bedient? Doch wohl derjenige, der sich bedienen lässt. Ich aber bin unter euch wie ein Diener.

28 Ihr seid mir in diesen Tagen der Gefahr und der Versuchung treu geblieben. 29 Deshalb verspreche ich euch: Ihr werdet mit mir zusammen in meinem Reich herrschen, das mein Vater mir übergeben hat. 30 Mit mir sollt ihr am selben Tisch essen und trinken. Ihr werdet auf Thronen sitzen und mit mir die zwölf Stämme Israels richten.«

Jesus kündigt seine Verleugnung durch Petrus an (Matthäus 26,31‒35; Markus 14,27‒31; Johannes 13,36‒38)

31 Zu Petrus gewandt sagte Jesus: »Simon, Simon, pass auf! Der Satan ist hinter euch her, und Gott hat ihm erlaubt, die Spreu vom Weizen zu trennen. 32 Aber ich habe für dich gebetet, dass du den Glauben nicht verlierst. Wenn du dann zu mir zurückgekehrt bist, so stärke den Glauben deiner Brüder!«

33 »Herr«, fuhr Petrus auf, »ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und sogar in den Tod zu gehen.« 34 Doch Jesus erwiderte: »Petrus, ich sage dir: Heute Nacht, noch ehe der Hahn kräht, wirst du dreimal geleugnet haben, mich zu kennen.«

Wie wird es weitergehen?

35 Dann fragte Jesus seine Jünger: »Als ich euch damals ohne Geld, Tasche und Schuhe aussandte,[a] hat euch da etwas gefehlt?« »Nein, gar nichts!«, beteuerten sie.

36 »Aber ab jetzt gilt etwas anderes: Nehmt euer Geld und Gepäck«, forderte er sie auf. »Wer kein Schwert besitzt, soll seinen Mantel verkaufen und sich eins beschaffen. 37 Denn jetzt ist die Zeit da, in der sich auch dieses Wort an mir erfüllen muss: ›Er wurde wie ein Verbrecher behandelt.‹[b] Alles, was in der Heiligen Schrift von mir geschrieben steht, geht nun in Erfüllung.« 38 »Herr«, riefen die Jünger, »wir haben hier zwei Schwerter.« Doch Jesus unterbrach sie: »Hört auf damit!«

Im Garten Gethsemane (Matthäus 26,30.36‒46; Markus 14,26.32‒42)

39 Dann verließ Jesus die Stadt und ging wie gewohnt zum Ölberg hinaus. Seine Jünger begleiteten ihn. 40 Dort angekommen sagte er zu ihnen: »Betet darum, dass ihr der kommenden Versuchung widerstehen könnt!« 41 Er entfernte sich ein kleines Stück von ihnen, kniete nieder 42 und betete: »Vater, wenn es dein Wille ist, dann lass diesen bitteren Kelch des Leidens an mir vorübergehen. Aber nicht was ich will, sondern was du willst, soll geschehen.«

43 Da erschien ein Engel vom Himmel und gab ihm neue Kraft. 44 Jesus litt Todesängste und betete so eindringlich, dass sein Schweiß wie Blut auf die Erde tropfte.

45 Als er nach dem Gebet aufstand und zu seinen Jüngern zurückkehrte, sah er, dass sie eingeschlafen waren, erschöpft von ihren Sorgen und ihrer Trauer. 46 Jesus weckte sie auf und rief: »Warum schlaft ihr? Steht auf und betet, damit ihr der Versuchung widerstehen könnt!«

Verrat und Verhaftung (Matthäus 26,47‒56; Markus 14,43‒49; Johannes 18,2‒11)

47 Noch während Jesus sprach, kam eine große Gruppe Männer. Sie wurden von Judas, einem der zwölf Jünger, angeführt. Judas ging auf Jesus zu, um ihn mit einem Kuss zu begrüßen.[c] 48 Aber Jesus fragte ihn: »Judas, willst du den Menschensohn mit einem Kuss verraten?«

49 Jetzt hatten auch die anderen Jünger begriffen, was vor sich ging. Aufgeregt riefen sie: »Herr, sollen wir dich mit dem Schwert verteidigen?« 50 Einer von ihnen zog gleich das Schwert, schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. 51 Aber Jesus befahl: »Hört auf damit!« Er berührte das Ohr des Mannes und heilte ihn.

52 Dann fragte Jesus die obersten Priester, die Offiziere der Tempelwache und die führenden Männer des Volkes, die gekommen waren, um ihn festzunehmen: »Bin ich denn ein Verbrecher, dass ihr euch mit Schwertern und Knüppeln bewaffnen musstet? 53 Jeden Tag war ich im Tempel. Warum habt ihr mich nicht dort festgenommen? Aber jetzt ist eure Stunde da. Jetzt hat die Finsternis Macht.«

Petrus behauptet, Jesus nicht zu kennen (Matthäus 26,57‒58.69‒75; Markus 14,53‒54.66‒72; Johannes 18,12‒18.25‒27)

54 Die Männer verhafteten Jesus und führten ihn zum Palast des Hohenpriesters. Petrus folgte ihnen in sicherem Abstand. 55 Im Hof des Palastes zündeten sie ein Feuer an, um sich zu wärmen. Petrus setzte sich zu ihnen. 56 Im Schein des Feuers bemerkte ihn eine Dienerin und sah ihn prüfend an. »Der Mann da war auch mit Jesus zusammen!«, rief sie. 57 Doch Petrus widersprach: »Das ist unmöglich! Ich kenne ihn überhaupt nicht!«

58 Kurz darauf sah ihn ein anderer und meinte: »Du bist doch einer von seinen Freunden!« »Ausgeschlossen! Ich doch nicht!«, wehrte Petrus ab. 59 Nach etwa einer Stunde behauptete wieder einer: »Natürlich gehörte der hier zu Jesus; er kommt doch auch aus Galiläa!« 60 Aber Petrus stieß aufgebracht hervor: »Ich weiß nicht, wovon du redest.« In diesem Augenblick – noch während er das sagte – krähte ein Hahn.

61 Jesus drehte sich um und sah Petrus an. Da fielen Petrus die Worte ein, die der Herr zu ihm gesagt hatte: »Ehe der Hahn heute Nacht kräht, wirst du dreimal geleugnet haben, mich zu kennen.«

62 Er ging hinaus und weinte voller Verzweiflung.

Die Soldaten misshandeln Jesus (Matthäus 26,67‒68; Markus 14,65)

63 Die Männer, die Jesus bewachten, verhöhnten und schlugen ihn. 64 Sie verbanden ihm die Augen und spotteten: »Na, du Prophet! Sag uns, wer hat dich vorhin gerade geschlagen?« 65 Und noch viele andere Beleidigungen musste er über sich ergehen lassen.

Jesus vor Gericht (Matthäus 26,59‒66; Markus 14,55‒64; Johannes 18,19‒24)

66 Bei Tagesanbruch kamen die Mitglieder des Hohen Rates zusammen: die führenden Männer des Volkes, die obersten Priester und die Schriftgelehrten. Sie ließen Jesus vorführen 67 und forderten ihn auf: »Wenn du der Christus bist, der von Gott erwählte Retter, dann sag es uns!« Er erwiderte: »Wenn ich es euch sage, werdet ihr mir nicht glauben, 68 und wenn ich euch etwas frage, dann werdet ihr keine Antwort geben. 69 Doch von nun an wird der Menschensohn an der rechten Seite des allmächtigen Gottes sitzen.« 70 Empört schrien alle: »Willst du damit etwa sagen, dass du der Sohn Gottes bist?« Jesus antwortete: »Ihr habt recht, ich bin es!« 71 »Wozu brauchen wir da noch weitere Zeugen?«, riefen jetzt die Ankläger einstimmig. »Wir haben die Gotteslästerung doch aus seinem Mund gehört!«

Footnotes

  1. 22,35 Vgl. Kapitel 9,3.
  2. 22,37 Jesaja 53,12
  3. 22,47 Seinen Rabbi zu küssen war für einen Jünger in der damaligen Zeit die übliche Form, ihn respektvoll zu begrüßen.

Vorrede: Das zuverlässige Zeugnis des Evangeliums

Nachdem viele es unternommen haben, einen Bericht über die Tatsachen abzufassen, die unter uns völlig erwiesen sind,

wie sie uns diejenigen überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind,

so schien es auch mir gut, der ich allem von Anfang an genau nachgegangen bin, es dir der Reihe nach zu beschreiben, vortrefflichster Theophilus,

damit du die Gewissheit der Dinge[a] erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.

Die Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers

In den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester mit Namen Zacharias[b], aus der Abteilung Abijas; und seine Frau war von den Töchtern Aarons, und ihr Name war Elisabeth[c].

Sie waren aber beide gerecht vor Gott und wandelten untadelig in allen Geboten und Rechtsbestimmungen des Herrn.

Und sie hatten kein Kind, weil Elisabeth unfruchtbar war; und beide waren in fortgeschrittenem Alter.

Es geschah aber, als er seinen Priesterdienst vor Gott verrichtete, zur Zeit, als seine Abteilung an die Reihe kam,

da traf ihn nach dem Brauch des Priestertums das Los, dass er in den Tempel des Herrn gehen und räuchern sollte.[d]

10 Und die ganze Menge des Volkes betete draußen zur Stunde des Räucherns.

11 Da erschien ihm ein Engel des Herrn, der stand zur Rechten des Räucheraltars.

12 Und Zacharias erschrak, als er ihn sah, und Furcht überfiel ihn.

13 Aber der Engel sprach zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Denn dein Gebet ist erhört worden, und deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Johannes[e] geben.

14 Und er wird dir Freude und Frohlocken bereiten, und viele werden sich über seine Geburt freuen.

15 Denn er wird groß sein vor dem Herrn; Wein und starkes Getränk wird er nicht trinken, und mit Heiligem Geist wird er erfüllt werden schon von Mutterleib an.

16 Und viele von den Kindern Israels wird er zu dem Herrn, ihrem Gott, zurückführen.

17 Und er wird vor ihm hergehen im Geist und in der Kraft Elias, um die Herzen der Väter umzuwenden zu den Kindern und die Ungehorsamen zur Gesinnung der Gerechten, um dem Herrn ein zugerüstetes Volk zu bereiten.

18 Und Zacharias sprach zu dem Engel: Woran soll ich das erkennen? Denn ich bin ein alter Mann, und meine Frau ist in fortgeschrittenem Alter!

19 Und der Engel antwortete und sprach zu ihm: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, zu dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen.

20 Und siehe, du wirst stumm sein und nicht reden können bis zu dem Tag, an dem dies geschehen wird, weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die erfüllt werden sollen zu ihrer Zeit!

21 Und das Volk wartete auf Zacharias; und sie verwunderten sich, dass er so lange im Tempel blieb.

22 Als er aber herauskam, konnte er nicht zu ihnen reden; und sie merkten, dass er im Tempel eine Erscheinung gesehen hatte. Und er winkte ihnen und blieb stumm.

23 Und es geschah, als die Tage seines Dienstes vollendet waren, ging er heim in sein Haus.

24 Aber nach diesen Tagen wurde seine Frau Elisabeth schwanger; und sie verbarg sich fünf Monate und sprach:

25 So hat der Herr an mir gehandelt in den Tagen, da er mich angesehen hat, um meine Schmach unter den Menschen hinwegzunehmen!

Die Ankündigung der Geburt Jesu Christi

26 Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth gesandt,

27 zu einer Jungfrau, die verlobt war mit einem Mann namens Joseph[f], aus dem Haus Davids; und der Name der Jungfrau war Maria[g].

28 Und der Engel kam zu ihr herein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadigte! Der Herr ist mit dir, du Gesegnete unter den Frauen!

29 Als sie ihn aber sah, erschrak sie über sein Wort und dachte darüber nach, was das für ein Gruß sei.

30 Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade bei Gott gefunden.

31 Und siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und du sollst ihm den Namen Jesus[h] geben.

32 Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben;

33 und er wird regieren über das Haus Jakobs in Ewigkeit, und sein Reich[i] wird kein Ende haben.

34 Maria aber sprach zu dem Engel: Wie kann das sein, da ich von keinem Mann weiß?

35 Und der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das geboren[j] wird, Gottes Sohn genannt werden.

36 Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, hat auch einen Sohn empfangen in ihrem Alter und ist jetzt im sechsten Monat, sie, die vorher unfruchtbar genannt wurde.

37 Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.

38 Maria aber sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort! Und der Engel schied von ihr.

Der Besuch Marias bei Elisabeth

39 Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und reiste rasch in das Bergland, in eine Stadt in Juda,

40 und sie kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth.

41 Und es geschah, als Elisabeth den Gruß der Maria hörte, da hüpfte das Kind in ihrem Leib; und Elisabeth wurde mit Heiligem Geist erfüllt

42 und rief mit lauter Stimme und sprach: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes!

43 Und woher wird mir das zuteil, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?

44 Denn siehe, sowie der Klang deines Grußes in mein Ohr drang, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.

45 Und glückselig ist, die geglaubt hat; denn es wird erfüllt werden, was ihr vom Herrn gesagt worden ist!

Der Lobpreis Marias

46 Und Maria sprach:
Meine Seele erhebt den Herrn,

47 und mein Geist freut sich über Gott, meinen Retter,

48 Dass er angesehen hat die Niedrigkeit seiner Magd;
denn siehe, von nun an werden mich glückselig preisen alle Geschlechter!

49 Denn große Dinge hat der Mächtige an mir getan,
und heilig ist sein Name;

50 und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht
Über die, welche ihn fürchten.

51 Er tut Mächtiges mit seinem Arm;
er zerstreut, die hochmütig sind in der Gesinnung ihres Herzens.

52 Er stößt die Mächtigen von ihren Thronen
und erhöht die Niedrigen.

53 Hungrige sättigt er mit Gütern,
und Reiche schickt er leer fort.

54 Er nimmt sich seines Knechtes Israel an,
um an [seine] Barmherzigkeit zu gedenken,

55 wie er es unseren Vätern verheißen hat,
Abraham und seinem Samen, auf ewig!

56 Und Maria blieb bei ihr etwa drei Monate und kehrte wieder in ihr Haus zurück.

Die Geburt Johannes des Täufers

57 Für Elisabeth aber erfüllte sich die Zeit, da sie gebären sollte, und sie gebar einen Sohn.

58 Und ihre Nachbarn und Verwandten hörten, dass der Herr seine Barmherzigkeit an ihr groß gemacht hatte, und sie freuten sich mit ihr.

59 Und es geschah am achten Tag, dass sie kamen, um das Kind zu beschneiden; und sie nannten es nach dem Namen seines Vaters Zacharias.

60 Seine Mutter aber erwiderte und sprach: Nein, sondern er soll Johannes heißen!

61 Und sie sagten zu ihr: Es ist doch niemand in deiner Verwandtschaft, der diesen Namen trägt!

62 Sie winkten aber seinem Vater, wie er ihn genannt haben wolle.

63 Und er forderte ein Täfelchen[k] und schrieb die Worte: Johannes ist sein Name! Und sie verwunderten sich alle.

64 Sofort aber wurde sein Mund geöffnet, und seine Zunge [wurde gelöst], und er redete und lobte Gott.

65 Und es kam Furcht über alle ihre Nachbarn, und im ganzen Bergland von Judäa wurden alle diese Dinge besprochen.

66 Und alle, die es hörten, nahmen es sich zu Herzen und sprachen: Was wird wohl aus diesem Kind werden? Und die Hand des Herrn war mit ihm.

Der Lobpreis des Zacharias

67 Und sein Vater Zacharias wurde mit Heiligem Geist erfüllt, weissagte und sprach:

68 Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels!
Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung bereitet,

69 und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils[l]
in dem Haus seines Knechtes David,

70 wie er es verheißen hat durch den Mund seiner heiligen Propheten,
die von alters her waren:

71 Errettung von unseren Feinden
und aus der Hand aller, die uns hassen;

72 um Barmherzigkeit zu erweisen an unseren Vätern
und zu gedenken an seinen heiligen Bund,

73 an den Eid, den er unserem Vater Abraham geschworen hat,
uns zu geben,

74 Dass wir, erlöst aus der Hand unserer Feinde,
ihm dienten ohne Furcht

75 in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor ihm
alle Tage unseres Lebens.

76 Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden,
denn du wirst vor dem Angesicht des Herrn hergehen, um seine Wege zu bereiten,

77 um seinem Volk Erkenntnis des Heils zu geben,
[das ihnen zuteil wird] durch die Vergebung ihrer Sünden,

78 um der herzlichen Barmherzigkeit unseres Gottes willen,
durch die uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe[m],

79 um denen zu scheinen, die in Finsternis und Todesschatten sitzen,
um unsere Füße auf den Weg des Friedens zu richten!

80 Das Kind aber wuchs und wurde stark im Geist; und er war in der Wüste bis zum Tag seines Auftretens vor Israel.

Die Geburt Jesu Christi in Bethlehem

Es begab sich aber in jenen Tagen, dass ein Befehl ausging von dem Kaiser Augustus[n], dass der ganze Erdkreis[o] sich erfassen[p] lassen sollte.

Diese Erfassung war die erste und geschah, als Kyrenius Statthalter in Syrien war.

Und es zogen alle aus, um sich erfassen zu lassen, jeder in seine eigene Stadt.

Es ging aber auch Joseph von Galiläa, aus der Stadt Nazareth, hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Haus und Geschlecht Davids war,

um sich erfassen zu lassen mit Maria, seiner ihm angetrauten Frau, die schwanger war.

Es geschah aber, während sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte.

Und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen, und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in die Krippe, weil für sie kein Raum war in der Herberge.

Die Hirten und die Engel

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Feld, die bewachten ihre Herde in der Nacht.

Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umleuchtete sie; und sie fürchteten sich sehr.

10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Denn siehe, ich verkündige euch große Freude,[q] die dem ganzen Volk widerfahren soll.

11 Denn euch ist heute in der Stadt Davids der Retter geboren, welcher ist Christus[r], der Herr[s].

12 Und das sei für euch das Zeichen: Ihr werdet ein Kind finden, in Windeln gewickelt, in der Krippe liegend.

13 Und plötzlich war bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

14 Herrlichkeit [ist] bei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, [und] unter den Menschen [Gottes] Wohlgefallen![t]

15 Und es geschah, als die Engel von ihnen weg in den Himmel zurückgekehrt waren, da sprachen die Hirten zueinander: Lasst uns doch bis nach Bethlehem gehen und die Sache sehen, die geschehen ist, die der Herr uns verkündet hat!

16 Und sie gingen eilends und fanden Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegend.

17 Nachdem sie es aber gesehen hatten, machten sie überall das Wort bekannt, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war.

18 Und alle, die es hörten, verwunderten sich über das, was ihnen von den Hirten gesagt wurde.

19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte[u] sie in ihrem Herzen.

20 Und die Hirten kehrten wieder um und priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.

Die Darstellung Jesu im Tempel von Jerusalem

21 Und als acht Tage vollendet waren, als man das Kind beschneiden musste, da wurde ihm der Name Jesus gegeben, den der Engel genannt hatte, ehe er im Mutterleib empfangen worden war.

22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Moses vollendet waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen,

23 wie im Gesetz des Herrn geschrieben steht: »Alle männliche Erstgeburt soll dem Herrn geheiligt heißen«,[v]

24 und um ein Opfer darzubringen, wie es im Gesetz des Herrn geboten ist, ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.[w]

Der Lobpreis Simeons. Die Prophetin Hanna

25 Und siehe, es war ein Mensch namens Simeon in Jerusalem; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm.

26 Und er hatte vom Heiligen Geist die Zusage empfangen, dass er den Tod nicht sehen werde, bevor er den Gesalbten[x] des Herrn gesehen habe.

27 Und er kam auf Antrieb des Geistes in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus hineinbrachten, um für ihn zu tun, was der Brauch des Gesetzes verlangte,

28 da nahm er es auf seine Arme, lobte Gott und sprach:

29 Nun, Herr, entlässt du deinen Knecht in Frieden nach deinem Wort!

30 Denn meine Augen haben dein Heil gesehen,

31 das du vor allen Völkern bereitet hast,

32 ein Licht zur Offenbarung für die Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel!

Footnotes

  1. (1,4) Andere Übersetzung: die Zuverlässigkeit der Lehren.
  2. (1,5) hebr. Sacharja = »Der Herr gedenkt« (vgl. 1,54.72).
  3. (1,5) hebr. Elischeba = »Mein Gott ist Eidschwur« (vgl. 1,73).
  4. (1,9) d.h. das im Gesetz vorgeschriebene Räucherwerk darbringen sollte (vgl. 2Mo 30,1-10).
  5. (1,13) hebr. Jochanan = »Der Herr ist gnädig«.
  6. (1,27) bed. »Er [Gott] füge hinzu!«.
  7. (1,27) hebr. Mirjam = »Bitterkeit / Betrübnis«.
  8. (1,31) Jesus ist die gr. Schreibweise des hebr. Jehoschua; dieser Name bedeutet »Der Herr ist Rettung«.
  9. (1,33) d.h. seine Königsherrschaft.
  10. (1,35) Andere Übersetzung: gezeugt.
  11. (1,63) d.h. eine wachsbedeckte Tafel, auf der die Schrift eingekratzt wurde.
  12. (1,69) Eine bildhafte Bezeichnung für den Messias-König, der Rettung bringen wird.
  13. (1,78) d.h. der Sonnenaufgang od. Aufgang des Morgensterns; ein Bild auf das Kommen des Messias (vgl. Jes 9,2; 60,1-3; Mal 3,20; 2Pt 1,19; Offb 22,16).
  14. (2,1) »Augustus« war der Titel der römischen Kaiser; gemeint ist Gajus Julius Caesar Octavianus (27 v. bis 14 n. Chr.).
  15. (2,1) Das gr. oikoumene bezeichnet hier das Gebiet des Römischen Reiches.
  16. (2,1) d.h. die Bevölkerung des römischen Reiches wurde in Listen registriert.
  17. (2,10) w. ich evangelisiere euch (= verkündige euch als Heilsbotschaft) große Freude.
  18. (2,11) d.h. der Messias, der gesalbte Retter-König für Israel (vgl. Fn. zu Mt 1,16).
  19. (2,11) »Herr« (gr. kyrios) ist ein wichtiger Titel Jesu Christi, gleichbedeutend mit dem at. Titel adon, und umfasst die Bedeutungen »Herrscher / Gebieter / Besitzer / oberster Machthaber«.
  20. (2,14) Andere Übersetzung: das Wohlwollen [Gottes] den Menschen gegenüber; gemeint ist Jesus Christus. Luther übersetzte: und den Menschen ein Wohlgefallen.
  21. (2,19) od. bedachte.
  22. (2,23) 2Mo 13,2.
  23. (2,24) vgl. 3Mo 12,1-8.
  24. (2,26) w. den Christus, d.h. den Messias.

Geburt von Johannes dem Täufer und von Jesus (Kapitel 1–2)

Verehrter Theophilus! Schon viele haben versucht, all das aufzuschreiben, was Gott unter uns getan hat, so wie es uns die Augenzeugen berichtet haben, die von Anfang an dabei waren. Ihnen hat Gott den Auftrag gegeben, die rettende Botschaft weiterzusagen. Auch ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an sorgfältig nachzugehen und es für dich, verehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So wirst du feststellen, dass alles, was man dich gelehrt hat, zuverlässig und wahr ist.

Johannes soll das Kommen des Retters vorbereiten

Als Herodes[a] König von Judäa war, lebte dort ein Priester namens Zacharias. Er gehörte zur Dienstgruppe Abija[b]. Wie Zacharias stammte auch seine Frau Elisabeth aus der Familie von Aaron. Beide lebten nach Gottes Willen und hielten sich in allem genau an seine Gebote und Ordnungen. Sie hatten keine Kinder, denn Elisabeth konnte keine bekommen, und beide waren inzwischen alt geworden.

Wieder einmal tat Zacharias seinen Dienst als Priester vor Gott, weil die Gruppe Abija an der Reihe war. Wie üblich wurde ausgelost, wer zur Ehre Gottes im Tempel den Weihrauch anzünden sollte. Das Los fiel auf Zacharias.

10 Er betrat den Tempel, während die Volksmenge draußen betete. 11 Plötzlich sah er auf der rechten Seite des Räucheropferaltars einen Engel des Herrn stehen. 12 Sein Anblick flößte Zacharias Angst und Schrecken ein.

13 Doch der Engel sagte zu ihm: »Fürchte dich nicht, Zacharias! Gott hat dein Gebet erhört. Deine Frau Elisabeth wird bald einen Sohn bekommen, den sollst du Johannes nennen! 14 Du wirst über dieses Kind froh und glücklich sein, und auch viele andere werden sich über seine Geburt freuen. 15 Gott wird ihm eine große Aufgabe übertragen.[c] Er wird weder Wein noch andere berauschende Getränke zu sich nehmen. Schon vor seiner Geburt wird er mit dem Heiligen Geist erfüllt sein, 16 und er wird viele in Israel zum Herrn, ihrem Gott, zurückbringen. 17 Erfüllt mit dem Geist und der Kraft des Propheten Elia[d] wird er das Kommen Gottes vorbereiten: Er wird dafür sorgen, dass die Eltern sich wieder mit den Kindern versöhnen, und die Ungehorsamen werden wieder danach fragen, wie sie Gottes Willen erfüllen können. So wird er das ganze Volk darauf vorbereiten, den Herrn zu empfangen.«

18 »Woran kann ich erkennen, dass deine Worte wahr sind?«, fragte Zacharias erstaunt den Engel. »Ich bin ein alter Mann, und auch meine Frau ist schon alt!« 19 Der Engel antwortete: »Ich bin Gabriel und stehe unmittelbar vor Gott als sein Diener. Er gab mir den Auftrag, dir diese gute Nachricht zu überbringen. 20 Was ich gesagt habe, wird sich erfüllen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Aber weil du meinen Worten keinen Glauben geschenkt hast, wirst du so lange stumm sein und nicht mehr sprechen können, bis es eintrifft.«

21 Inzwischen wartete die Menschenmenge draußen auf Zacharias. Alle wunderten sich, dass er so lange im Tempel blieb. 22 Als er endlich herauskam, konnte er nicht zu ihnen sprechen. Daran erkannten sie, dass er im Tempel eine göttliche Erscheinung gehabt haben musste. Zacharias verständigte sich durch Handzeichen mit ihnen und blieb stumm. 23 Als die Zeit seines Tempeldienstes vorüber war, kehrte er nach Hause zurück.

24 Nur wenig später wurde seine Frau Elisabeth schwanger. In den ersten fünf Monaten lebte sie völlig zurückgezogen und verließ das Haus nicht. 25 »Der Herr hat an mich gedacht und mir geholfen«, sagte sie. »Nun kann mich niemand mehr verachten, weil ich keine Kinder habe.«

Ein Engel kündigt Maria die Geburt von Jesus an

26 Elisabeth war im sechsten Monat schwanger, als Gott den Engel Gabriel nach Nazareth schickte, einer Stadt in Galiläa. 27 Dort sollte er eine junge Frau namens Maria aufsuchen. Sie war noch unberührt und mit Josef, einem Nachkommen von König David, verlobt.

28 Der Engel kam zu ihr und sagte: »Sei gegrüßt, Maria! Der Herr ist mit dir! Er hat dich unter allen Frauen auserwählt.« 29 Maria erschrak über die Worte des Engels und fragte sich, was dieser Gruß bedeuten könnte. 30 »Hab keine Angst, Maria«, redete der Engel weiter. »Gott hat dich zu etwas Besonderem auserwählt.[e] 31 Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen. Jesus soll er heißen. 32 Er wird mächtig sein, und man wird ihn Sohn des Höchsten nennen. Gott, der Herr, wird ihm die Königsherrschaft seines Stammvaters David übergeben, 33 und er wird die Nachkommen von Jakob für immer regieren. Seine Herrschaft wird niemals enden.«

34 »Wie soll das geschehen?«, fragte Maria den Engel. »Ich habe ja noch nie mit einem Mann geschlafen.« 35 Der Engel antwortete ihr: »Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird sich an dir zeigen. Darum wird dieses Kind auch heilig sein und Sohn Gottes genannt werden. 36 Selbst Elisabeth, deine Verwandte, von der man sagte, dass sie keine Kinder bekommen kann, ist jetzt im sechsten Monat schwanger. Sie wird in ihrem hohen Alter einen Sohn zur Welt bringen. 37 Gott hat es ihr zugesagt, und was Gott sagt, das geschieht[f]

38 »Ich will mich dem Herrn ganz zur Verfügung stellen«, antwortete Maria. »Alles soll so geschehen, wie du es mir gesagt hast.« Darauf verließ sie der Engel.

Maria bei Elisabeth

39 Bald danach machte sich Maria auf den Weg ins Bergland von Judäa und eilte so schnell wie möglich in die Stadt, in der Elisabeth und ihr Mann Zacharias wohnten. 40 Sie betrat das Haus und begrüßte Elisabeth. 41 Als Elisabeth Marias Stimme hörte, bewegte sich das Kind lebhaft in ihr. Da wurde sie mit dem Heiligen Geist erfüllt 42 und rief laut: »Dich hat Gott gesegnet, mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist das Kind, das in dir heranwächst! 43 Womit habe ich verdient, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? 44 Denn kaum hörte ich deine Stimme, da hüpfte das Kind in mir vor Freude. 45 Wie glücklich kannst du dich schätzen, weil du geglaubt hast! Was der Herr dir angekündigt hat, wird geschehen.«

Maria lobt und dankt Gott

46 Da begann Maria, Gott zu loben:

»Von ganzem Herzen preise ich den Herrn.
47 Ich freue mich über Gott, meinen Retter.
48 Mir, seiner Dienerin, hat er Beachtung geschenkt,
und das, obwohl ich gering und unbedeutend bin.
Von jetzt an und zu allen Zeiten wird man mich glücklich preisen,
49 denn Gott hat große Dinge an mir getan,
er, der mächtig und heilig ist!
50 Seine Barmherzigkeit bleibt für immer und ewig,
sie gilt allen Menschen, die in Ehrfurcht vor ihm leben.
51 Er streckt seinen starken Arm aus
und fegt die Hochmütigen mit ihren stolzen Plänen hinweg.
52 Er stürzt Herrscher von ihrem Thron,
Unterdrückte aber richtet er auf.
53 Die Hungrigen beschenkt er mit Gütern,
und die Reichen schickt er mit leeren Händen weg.
54 Seine Barmherzigkeit hat er uns, seinen Dienern, zugesagt,
ja, er wird seinem Volk Israel helfen.
55 Er hat es unseren Vorfahren versprochen,
Abraham und seinen Nachkommen hat er es für immer zugesagt.«

56 Maria blieb etwa drei Monate bei Elisabeth und kehrte dann nach Hause zurück.

Johannes wird geboren

57 Für Elisabeth kam die Stunde der Geburt, und sie brachte einen Sohn zur Welt. 58 Als Nachbarn und Verwandte hörten, dass Gott so barmherzig mit ihr gewesen war, freuten sie sich mit ihr.

59 Am achten Tag nach der Geburt kamen sie zur Beschneidung des Kindes zusammen. Sie wollten es Zacharias nennen – so wie sein Vater. 60 Doch Elisabeth widersprach: »Nein, er soll Johannes heißen!« 61 »Aber keiner in deiner Verwandtschaft trägt diesen Namen!«, wandten die anderen ein. 62 Sie fragten den Vater durch Handzeichen: »Wie soll dein Sohn heißen?« 63 Zacharias ließ sich eine Tafel geben und schrieb darauf: »Sein Name ist Johannes.« Darüber wunderten sich alle. 64 Im selben Augenblick konnte Zacharias wieder sprechen, und er fing an, Gott zu loben.

65 Ehrfürchtiges Staunen ergriff alle, die in dieser Gegend wohnten, und im ganzen Bergland von Judäa sprachen die Leute über das, was geschehen war. 66 Nachdenklich fragten sie sich: »Was wird aus diesem Kind noch werden?« Denn es war offensichtlich, dass Gott etwas Besonderes mit ihm vorhatte.

Zacharias sieht den Auftrag von Johannes voraus

67 Zacharias, der Vater von Johannes, wurde mit dem Heiligen Geist erfüllt und verkündete, was Gott ihm eingegeben hatte:

68 »Gelobt sei der Herr, der Gott Israels!
Er ist zu unserem Volk gekommen und hat es befreit.
69 Er hat uns einen starken Retter geschickt,
einen Nachkommen seines Dieners David.

70 So hatte er es durch seine heiligen Propheten
schon vor langer Zeit verkündet:
71 Er wird uns vor unseren Feinden retten
und aus der Hand aller Menschen, die uns hassen.
72 Damit erweist er sich unseren Vorfahren gegenüber barmherzig
und zeigt, dass er seinen heiligen Bund nicht vergessen hat,
73 den Eid, den er unserem Vater Abraham geschworen hat.
74 Darin sagt er ihm zu, dass er uns, seine Nachkommen,
aus der Hand unserer Feinde befreit.
75 Dann können wir ohne Furcht in seiner Gegenwart leben
und ihm unser Leben lang dienen
als Menschen, die ihm gehören und seinen Willen tun.

76 Und dich, mein Sohn, wird man einen Propheten des Höchsten nennen.
Du wirst vor dem Herrn hergehen und ihm den Weg bahnen.
77 Seinem Volk wirst du zeigen,
dass es durch die Vergebung seiner Sünden gerettet wird.
78 Gott vergibt uns, weil seine Barmherzigkeit so groß ist.
Aus der Höhe kommt das helle Morgenlicht zu uns, der verheißene Retter.
79 Dieses Licht wird allen Menschen leuchten,
die in Finsternis und Todesfurcht leben;
es wird uns auf den Weg des Friedens führen.«

80 Johannes wuchs heran und wurde zu einem verständigen und klugen Mann. Er zog sich in die Einsamkeit der Wüste zurück bis zu dem Tag, an dem er öffentlich vor dem Volk Israel auftrat.

Jesus wird geboren

In dieser Zeit befahl Kaiser Augustus, alle Bewohner des Römischen Reiches in Steuerlisten einzutragen.

Eine solche Volkszählung hatte es noch nie gegeben. Sie wurde durchgeführt, als Quirinius Statthalter in Syrien war. Jeder musste in seine Heimatstadt gehen, um sich dort eintragen zu lassen.

So reiste Josef von Nazareth in Galiläa nach Bethlehem in Judäa, der Geburtsstadt von König David. Denn er war ein Nachkomme von David und stammte aus Bethlehem. Josef musste sich dort einschreiben lassen, zusammen mit seiner Verlobten Maria, die ein Kind erwartete.

In Bethlehem kam für Maria die Stunde der Geburt. Sie brachte ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe im Stall, denn im Gasthaus hatten sie keinen Platz bekommen.

Die Hirten auf dem Feld

In dieser Nacht bewachten draußen auf den Feldern vor Bethlehem einige Hirten ihre Herden. Plötzlich trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Die Hirten erschraken sehr, 10 aber der Engel sagte: »Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer Freude erfüllen wird: 11 Heute ist für euch in der Stadt, in der schon David geboren wurde, der versprochene Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr. 12 Und daran werdet ihr ihn erkennen: Das Kind liegt, in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe!«

13 Auf einmal waren sie von unzähligen Engeln umgeben, die Gott lobten:

14 »Ehre sei Gott im Himmel!
Denn er bringt der Welt Frieden und wendet sich den Menschen in Liebe zu[g]

15 Nachdem die Engel in den Himmel zurückgekehrt waren, beschlossen die Hirten: »Kommt, wir gehen nach Bethlehem. Wir wollen sehen, was dort geschehen ist und was der Herr uns verkünden ließ.«

16 Sie machten sich sofort auf den Weg und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Futterkrippe lag. 17 Als sie es sahen, erzählten die Hirten, was ihnen der Engel über das Kind gesagt hatte. 18 Und alle, die ihren Bericht hörten, waren darüber sehr erstaunt.

19 Maria aber merkte sich jedes Wort und dachte immer wieder darüber nach.

20 Schließlich kehrten die Hirten zu ihren Herden zurück. Sie lobten Gott und dankten ihm für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles so gewesen, wie der Engel es ihnen gesagt hatte.

Jesus wird als Retter erkannt

21 Am achten Tag nach der Geburt wurde das Kind beschnitten, wie es üblich war. Es erhielt den Namen Jesus; den hatte der Engel genannt, noch ehe Maria das Kind empfangen hatte.

22 Als die Zeit vorüber war, in der laut dem Gesetz von Mose eine Frau nach der Geburt als unrein gilt,[h] brachten Josef und Maria das Kind nach Jerusalem, um es dem Herrn zu weihen. 23 Denn im Gesetz des Herrn heißt es: »Jeder älteste Sohn und jedes erstgeborene männliche Tier sollen dem Herrn gehören.«[i] 24 Gleichzeitig brachten sie auch das vorgeschriebene Reinigungsopfer für Maria dar: Man musste zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben opfern.[j]

25 Damals wohnte in Jerusalem ein Mann namens Simeon. Er lebte nach Gottes Willen, hatte Ehrfurcht vor ihm und wartete voller Sehnsucht auf den Retter Israels[k]. Der Heilige Geist ruhte auf Simeon, 26 und durch ihn wusste er, dass er nicht sterben würde, bevor er den Christus, den vom Herrn gesandten Retter, gesehen hätte. 27 Vom Heiligen Geist geführt, war er an diesem Tag in den Tempel gegangen. Als Maria und Josef ihr Kind hereinbrachten, um es – wie im Gesetz vorgeschrieben – Gott zu weihen, 28 nahm Simeon Jesus in seine Arme und lobte Gott:

29 »Herr, du hast dein Wort gehalten,
jetzt kann ich, dein Diener, in Frieden sterben.
30 Ich habe es mit eigenen Augen gesehen:
Du hast uns Rettung gebracht,
31 die ganze Welt wird es erfahren.
32 Dein Licht erleuchtet alle Völker,
und deinem Volk Israel bringt es Größe und Herrlichkeit.«

Footnotes

  1. 1,5 Es handelt sich um Herodes den Großen. Vgl. »Herodes« im Biblischen Personen- und Ortsverzeichnis.
  2. 1,5 Eine von 24 Priestergruppen, die immer abwechselnd den Tempeldienst versahen.
  3. 1,15 Wörtlich: Denn er wird groß sein vor dem Herrn.
  4. 1,17 Oder: Entschlossen und stark wie der Prophet Elia.
  5. 1,30 Wörtlich: Du hast Gnade bei Gott gefunden.
  6. 1,37 Oder: und für Gott ist nichts unmöglich!
  7. 2,14 Oder: und wendet sich den(jenigen) Menschen zu, über die er sich freut.
  8. 2,22 Vgl. 3. Mose 12,4.6.
  9. 2,23 2. Mose 13,2.12
  10. 2,24 Vgl. 3. Mose 12,8.
  11. 2,25 Wörtlich: auf den Trost Israels.