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Schluss der Rede Elihus: Der Gewittersturm bezeugt die Größe Gottes

37 Ja, darüber erzittert mein Herz und fährt auf von seiner Stelle!

Hört, hört auf das Donnern seiner Stimme und auf das Grollen, das aus seinem Mund hervorkommt!

Er lässt es dahinfahren unter dem ganzen Himmel, und sein Licht bis zu den Enden der Erde.

Hinter ihm her brüllt der Donner; er donnert mit seiner majestätischen Stimme, und er spart damit nicht, damit seine Stimme gehört werde.

Gott donnert mit seiner Stimme wunderbar; er tut große Dinge, die wir nicht verstehen.

Denn er gebietet dem Schnee: Falle auf die Erde! und lässt Regen fließen, heftige Regengüsse.

Dann zwingt er die Hand jedes Menschen zur Untätigkeit, damit alle Leute sein Werk erkennen möchten.

Da sucht das Wild seine Schlupfwinkel auf und bleibt in seinen Höhlen.

Aus der Kammer [des Südens] kommt der Sturm und von den Nordwinden die Kälte.

10 Durch den Hauch Gottes entsteht Eis, und die weiten Wasser frieren zu.

11 Mit Wasserfülle belastet er die Wolken; er zerstreut sein helles Gewölk.

12 Und dieses zieht ringsumher, wohin er es lenkt, wendet sich überallhin, um alles auszurichten, was er ihm befiehlt, auf dem ganzen Erdenrund

13 — bald zur Rute für sein Land, bald zur Wohltat lässt er es über sie kommen.

14 Nimm dies zu Ohren, Hiob; steh still und erwäge Gottes Wundertaten!

15 Weißt du, wie Gott ihnen Befehl gibt, wie er das Licht seiner Wolken leuchten lässt?

16 Verstehst du das Schweben der Wolke, die Wunder dessen, der an Verstand vollkommen ist?

17 Du, dem die Kleider zu warm werden, wenn es im Land schwül wird vom Südwind,

18 breitest du mit Ihm das Firmament[a] aus, dass es fest steht wie ein gegossener Spiegel?

19 Lehre uns, was wir ihm sagen sollen; wir können nichts vorbringen vor [lauter] Finsternis!

20 Soll ihm gemeldet werden, dass ich rede? Oder sollte der Mensch wünschen, vertilgt zu werden?

21 Jetzt zwar sieht man das Licht nicht, das doch leuchtend hinter den Wolken steht; aber der Wind wird sich erheben und sie wegfegen.

22 Von Norden her kommt Goldglanz; Gott ist von wunderbarer Pracht umgeben.

23 Den Allmächtigen finden wir nicht; er ist von unbegreiflicher Kraft, voll Recht und Gerechtigkeit; er beugt sie nicht.

24 Darum fürchten ihn die Menschen; er aber sieht keinen an, der sich selbst für weise hält![b]

Footnotes

  1. (37,18) das hebr. Wort bezeichnet den Lufthimmel über den Wolken.
  2. (37,24) w. der ein weises Herz hat.

Hiob beschreibt das Elend des Menschen

14 Der Mensch, von der Frau geboren, lebt [nur] kurze Zeit und ist voll Unruhe[a].

Wie eine Blume sprießt er auf und verwelkt; gleich einem Schatten flieht er und hat keinen Bestand.

Ja, über einem solchen hältst du deine Augen auf, und mit mir gehst du ins Gericht!

Wie könnte denn ein Reiner von einem Unreinen kommen? Nicht ein Einziger!

Wenn doch seine Tage bestimmt sind, die Zahl seiner Monate bei dir [festgelegt] ist und du ihm ein Ziel gesetzt hast, das er nicht überschreiten kann,

so schaue doch weg von ihm und lass ihn in Ruhe, damit er seinen Tag froh beendet wie ein Tagelöhner!

Denn für einen Baum gibt es Hoffnung: Wird er abgehauen, so sprosst er wieder, und seine Schösslinge bleiben nicht aus.

Wenn seine Wurzel in der Erde auch alt wird und sein Stumpf im Staub abstirbt,

so sprosst er doch wieder vom Duft des Wassers und treibt Zweige, als wäre er neu gepflanzt[b].

10 Der Mann aber stirbt und ist dahin; der Mensch vergeht, und wo ist er?

11 Wie Wasser zerrinnen aus dem See, und wie ein Strom vertrocknet und versiegt,

12 so legt sich auch der Mensch nieder und steht nicht wieder auf; bis die Himmel nicht mehr sind, regen sie sich nicht und werden nicht aufgeweckt aus ihrem Schlaf.

13 O dass du mich doch im Totenreich verstecken, dass du mich verbergen würdest, bis dein Zorn sich wendet; dass du mir eine Frist setztest und dann wieder an mich gedächtest!

14 Aber wird denn der Mensch, wenn er stirbt, [wieder] leben? Die ganze Zeit meines Frondienstes würde ich harren, bis meine Ablösung käme.

15 Dann würdest du rufen, und ich würde dir antworten; nach dem Werk deiner Hände würdest du dich sehnen.

16 Nun aber zählst du meine Schritte; achtest du nicht auf meine Sünde?

17 Versiegelt ist meine Übertretung in einem Bündel, und meine Schuld hast du verwahrt[c].

18 Doch stürzen ja auch Berge ein und sinken dahin, und Felsen werden von ihrer Stelle weggerückt;

19 das Wasser höhlt Steine aus, und die Flut schwemmt den Staub der Erde fort: So machst du auch die Hoffnung des Sterblichen zunichte.

20 Du überwältigst ihn für immer, und er fährt dahin; du entstellst sein Angesicht und jagst ihn fort.

21 Ob seine Kinder zu Ehren kommen, weiß er nicht, und kommen sie herunter, so merkt er es nicht.

22 Sein Fleisch empfindet nur noch seine eigenen Schmerzen, und seine Seele trauert nur über sich selbst!

Die zweite Rede des Eliphas

15 Da antwortete Eliphas, der Temaniter, und sprach:

Soll ein Weiser mit windigem Wissen antworten und seinen Leib mit Ostwind füllen?

Soll er mit Worten streiten, die nichts taugen, oder mit Reden, durch die er nichts nützt?

Ja, du machst die Gottesfurcht zunichte und schwächst die Andacht vor Gott!

Denn deine Missetat lehrt deinen Mund, und du wählst die Sprache der Listigen.

Dein eigener Mund verurteilt dich und nicht ich; und deine Lippen zeugen gegen dich!

Bist du als erster der Menschen geboren, und bist du vor den Hügeln hervorgebracht worden?

Hast du Gottes Geheimnis[d] belauscht und alle Weisheit an dich gerissen?

Was weißt du, das wir nicht wüssten? Was verstehst du, das uns nicht bekannt wäre?

10 Auch unter uns sind ergraute Häupter, auch Greise, reicher an Tagen als dein Vater!

11 Sind dir Gottes Tröstungen zu gering, und ein Wort, das sanft mit dir verfährt?

12 Was hat dir die Besinnung geraubt, und wie übermütig wirst du,

13 dass du dein Schnauben gegen Gott kehrst und solche Worte aus deinem Mund ausstößt?

14 Was ist der Sterbliche, dass er rein sein sollte, und wie kann der von einer Frau Geborene gerecht sein?

15 Siehe, seinen Heiligen traut Er nicht, die Himmel sind nicht rein in seinen Augen;

16 wie viel weniger der Abscheuliche und Verdorbene, der Mensch, der Unrecht wie Wasser säuft?

17 Ich will’s dir mitteilen, höre mir zu; und was ich gesehen habe, will ich erzählen,

18 was Weise verkündeten und nicht verborgen haben von ihren Vätern her,

19 als ihnen das Land noch allein gehörte und noch kein Fremder in ihrer Mitte umherzog:

20 Der Gottlose quält sich mit Angst sein Leben lang; nur abgezählte Zeit ist dem Gewalttäter bestimmt;

21 Schreckensrufe sind in seinen Ohren, mitten im Frieden überfällt ihn der Verderber.

22 Er soll nicht glauben, dass er aus der Finsternis je wiederkehrt; für das Schwert ist er ausersehen!

23 Er irrt umher nach Brot: wo [kann er’s finden]? Er weiß, dass der Tag der Finsternis ihm bereitet ist.

24 Not und Bedrängnis überfallen ihn; sie überwältigen ihn wie ein König, der zum Angriff gerüstet ist.

25 Denn er hat seine Hand gegen Gott ausgestreckt und sich gegen den Allmächtigen aufgelehnt;

26 er ist hartnäckig gegen ihn angelaufen, unter dem dicken Buckel seiner Schilde;

27 denn sein Angesicht hat er mit Fett gepolstert, und Speck hat er an seinen Lenden angesetzt.

28 Und er hat seine Wohnung in zerstörten Städten aufgeschlagen, in Häusern, die unbewohnt bleiben sollten, zu Trümmerhaufen bestimmt.

29 Er wird nicht reich, sein Vermögen hat keinen Bestand, und sein Besitz breitet sich nicht aus im Land.

30 Der Finsternis entgeht er nicht, die Flamme versengt seine Sprösslinge; vor dem Hauch Seines Mundes flieht er dahin.

31 Er verlasse sich nicht auf Betrug[e], sonst wird er irregeführt; und Betrug wird seine Vergeltung sein.

32 Ehe sein Tag kommt, so erfüllt sich [sein Geschick]; sein Zweig grünt nicht mehr.

33 Wie ein Weinstock, der seine unreifen Trauben abstößt, und wie ein Ölbaum [ist er], der seine Blüten abwirft.

34 Denn die Rotte der Ruchlosen[f] ist unfruchtbar, und Feuer verzehrt die Zelte der Bestechung.

35 Mit Mühsal gehen sie schwanger und gebären Unheil, und ihr Schoß bereitet ihnen Enttäuschung!

Hiobs Antwort auf Eliphas

16 Und Hiob antwortete und sprach:

Dergleichen habe ich oft gehört; ihr seid allesamt leidige Tröster!

Haben die geistreichen Worte ein Ende? Oder was reizte dich, zu antworten?

Auch ich könnte reden wie ihr! Befände sich nur eure Seele an meiner Stelle — da wollte ich Worte gegen euch zusammenreimen und den Kopf schütteln über euch!

Ich wollte euch mit meinem Mund stärken und mit dem Trost meiner Lippen euren Schmerz lindern!

Hiob klagt über sein Geschick

Wenn ich rede, so wird mein Schmerz nicht gelindert, unterlasse ich es aber, was verliere ich?

Doch jetzt hat Er mich erschöpft. Du hast meinen ganzen Hausstand verwüstet

und hast mich zusammenschrumpfen lassen; zum Zeugen [gegen mich] ist das geworden; auch mein Hinsiechen tritt gegen mich auf, es zeugt mir ins Angesicht.

Sein Zorn hat mich zerrissen und verfolgt, er knirscht mit den Zähnen gegen mich; mein Feind blickt mich mit scharfem Auge an.

10 Sie haben ihr Maul gegen mich aufgesperrt, unter Hohnreden schlagen sie mich ins Gesicht; sie rotten sich gegen mich zusammen[g].

11 Gott hat mich dem Ungerechten preisgegeben und in die Hände der Gottlosen ausgeliefert.

12 Sorglos war ich, da hat er mich überfallen; er hat mich beim Nacken ergriffen und zerschmettert und mich als seine Zielscheibe aufgestellt.

13 Seine Geschosse umschwirrten mich, er durchbohrte meine Nieren ohne Erbarmen; meine Galle schüttete er auf die Erde aus.

14 Er zerbrach mich, [riss mir] eine Bresche nach der anderen, lief gegen mich an wie ein Krieger.

15 Ich habe einen Sack um meine Haut genäht und mein Horn in den Staub gesenkt.

16 Mein Angesicht ist gerötet vom Weinen, und Todesschatten liegt auf meinen Lidern

17 — obwohl kein Unrecht an meinen Händen klebt und mein Gebet lauter ist!

18 O Erde, decke mein Blut nicht zu, und mein Geschrei komme nicht zur Ruhe!

19 Aber auch jetzt noch, siehe, ist mein Zeuge im Himmel und mein Bürge[h] in der Höhe!

20 Meine Freunde spotten über mich; aber mein Auge blickt unter Tränen auf zu Gott,

21 dass er dem Mann Recht verschaffe vor Gott und dem Menschenkind[i] vor seinem Nächsten.

22 Denn es kommen nur noch wenige Jahre, und ich gehe den Weg ohne Wiederkehr.

Hiob schildert seine Leiden

17 Mein Geist ist verstört, meine Tage laufen ab; die Grabstätte wartet auf mich.

Treibt man nicht Gespött mit mir, und muss nicht mein Auge ständig ihre Herausforderungen ansehen?

Setze doch einen ein, verbürge dich selbst für mich! Wer sollte sonst [als Bürge] in meine Hand einschlagen?

Denn du hast ihre Herzen der Einsicht verschlossen; darum wirst du sie nicht triumphieren lassen.

Wer Freunde der Plünderung preisgibt, dessen Kindern werden die Augen verschmachten.

Man stellt mich den Leuten zum Sprichwort hin, und ich muss sein wie einer, dem man ins Angesicht spuckt.

Mein Augenlicht erlischt vor Gram, und alle meine Glieder sind wie ein Schatten.

Die Gerechten werden sich darüber entsetzen, und der Unschuldige wird sich über den Ruchlosen empören.

Aber der Gerechte wird an seinem Weg festhalten, und wer reine Hände hat, dessen Kraft nimmt zu.

10 Ihr dagegen, kehrt nur alle wieder um und geht [heim], ich finde doch keinen Weisen unter euch!

11 Meine Tage sind dahin, zerrissen meine Pläne, die Wünsche meines Herzens.

12 Die Nacht machen sie zum Tag; das Licht sei nahe, nicht die Finsternis!

13 Dabei erwarte ich doch, dass das Totenreich meine Wohnung wird und ich mein Lager in der Finsternis aufschlagen muss;

14 dabei muss ich doch zum Grab sagen: Du bist mein Vater!, zu den Würmern: Ihr seid meine Mutter und meine Schwestern!

15 Wo ist da noch Hoffnung für mich, und wer wird meine Hoffnung [verwirklicht] sehen?

16 Zu den Pforten des Totenreichs fährt sie hinab, wenn wir einmal alle miteinander im Staub ruhen!

Die zweite Rede des Bildad

18 Da antwortete Bildad, der Schuchiter, und sprach:

Wie lange wollt ihr doch Jagd auf Worte machen? Besinnt euch zuerst, und dann wollen wir reden!

Warum werden wir dem Vieh gleichgeachtet, sind so dumm in euren Augen?

Du, der sich selbst zerfleischt in seinem Zorn: Soll um deinetwillen die Erde veröden und der Fels von seiner Stelle wegrücken?

Jawohl, das Licht des Gottlosen wird erlöschen, und die Flamme seines Feuers nicht mehr leuchten.

Das Licht verfinstert sich schon in seinem Zelt, und seine Leuchte erlischt über ihm.

Seine kräftigen Schritte werden eingeengt, und sein eigener Ratschlag wird ihn zu Fall bringen.

Denn er wird mit seinen eigenen Füßen im Netz verstrickt und wandelt über Fallgruben dahin.

Eine Schlinge wird ihn an der Ferse ergreifen, und ein Fallstrick hält ihn fest.

10 Ein Strick ist für ihn auf dem Boden versteckt und seine Falle auf dem Pfad.

11 Von allen Seiten ängstigen ihn Schrecknisse und hetzen ihn auf Schritt und Tritt.

12 Sein Verderben verlangt hungrig nach ihm, und sein Unglück steht neben ihm bereit.

13 Es verzehrt die Glieder seines Leibes; der Erstgeborene des Todes zehrt seine Glieder auf.

14 Er wird vertrieben aus seinem Zelt, seinem Zufluchtsort, und es treibt ihn zu dem König der Schrecken.

15 Sein Zelt wird von einem bewohnt, der ihm nicht zugehört; auf seine Wohnung wird Schwefel gestreut.

16 Von unten werden seine Wurzeln verdorren, und von oben seine Zweige verwelken.

17 Sein Gedenken verschwindet von der Erde, und sein Name wird auf den Straßen nicht genannt werden.

18 Man stößt ihn aus dem Licht in die Finsternis und verjagt ihn aus der Welt.

19 Kein Spross noch Schössling bleibt ihm unter seinem Volk und kein Überlebender in seinen Wohnungen.

20 Über seinen Tag entsetzen sich die Abendländer, und die Morgenländer packt der Schauder.

21 So geht es der Wohnung des Ungerechten, und so der Stätte dessen, der Gott nicht kennt!

Hiobs Antwort auf Bildad. Klage über Gottes Züchtigungen

19 Und Hiob antwortete und sprach:

Wie lange wollt ihr meine Seele plagen und mich mit Worten niederdrücken?

Zehnmal schon habt ihr mich geschmäht; schämt ihr euch nicht, mich zu misshandeln?

Habe ich mich aber wahrhaftig verfehlt, so trifft doch meine Verfehlung mich selbst!

Wenn ihr in Wahrheit gegen mich großtun und mir meine Schmach vorwerfen wollt,

so erkennt doch, dass Gott mein Recht gebeugt und sein Netz über mich geworfen hat.

Siehe, wenn ich schreie »Gewalttat!«, so erhalte ich keine Antwort, und rufe ich um Hilfe, so finde ich kein Recht.

Er hat mir den Weg versperrt, sodass ich nicht weiterkomme, und über meine Pfade hat er Finsternis gebreitet.

Er hat mich meiner Ehre entkleidet und mir die Krone meines Hauptes weggenommen.

10 Er hat mich gänzlich niedergerissen, sodass ich vergehe, und hat meine Hoffnung entwurzelt wie einen Baum.

11 Sein Zorn ist gegen mich entbrannt, und er sieht mich an wie einen seiner Feinde.

12 Seine Scharen rücken geschlossen an und bahnen sich einen Weg gegen mich und lagern sich um mein Zelt her.

13 Meine Brüder hat er von mir verscheucht, und die mich kennen, sind mir ganz entfremdet.

14 Meine Verwandten bleiben aus, und meine Vertrauten verlassen mich.

15 Meine Hausgenossen und meine Mägde halten mich für einen Fremden; sie sehen mich als einen Unbekannten an.

16 Rufe ich meinen Knecht, so antwortet er mir nicht; ich muss ihn anflehen mit meinem Mund.

17 Mein Atem ist meiner Frau zuwider und mein Gestank den Söhnen meiner Mutter.

18 Sogar Buben verachten mich; stehe ich auf, so reden sie gegen mich.

19 Alle meine Vertrauten verabscheuen mich, und die ich liebte, haben sich gegen mich gewandt.

20 An meiner Haut und meinem Fleisch klebt mein Gebein, und ich habe kaum noch Haut, um meine Zähne zu behalten.

21 Erbarmt euch, erbarmt euch doch über mich, ihr, meine Freunde, denn die Hand Gottes hat mich getroffen!

22 Warum verfolgt ihr mich ebenso wie Gott und werdet nicht satt, mich zu zerfleischen?

Hiobs Glaube: »Ich weiß, dass mein Erlöser lebt«

23 O dass doch meine Worte aufgeschrieben, o dass sie doch in ein Buch eingetragen würden,

24 dass sie mit eisernem Griffel und Blei für immer in den Felsen gehauen würden:

25 Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und zuletzt wird er sich über den Staub erheben.

26 Und nachdem diese meine Hülle zerbrochen ist, dann werde ich, von meinem Fleisch los,[j] Gott schauen;

27 ja, ich selbst werde ihn schauen, und meine Augen werden ihn sehen, ohne [ihm] fremd zu sein[k]. Danach sehnt sich mein Herz in mir![l]

28 Wenn ihr sprecht: »Wie wollen wir ihn zur Strecke bringen?«, und [meint,] die Wurzel der Sache sei in mir zu finden,

29 so fürchtet euch selbst vor dem Schwert! Denn das Schwert wird die Sünden rächen, damit ihr wisst, dass es ein Gericht gibt!

Die zweite Rede des Zophar

20 Da antwortete Zophar, der Naamatiter, und sprach:

Darum veranlassen mich meine erregten Gedanken zu einer Antwort, und deswegen drängt es mich [zu reden].

Eine Zurechtweisung zu meiner Schande musste ich hören; aber mein Geist treibt mich zu antworten um meiner Einsicht willen:

Hast du dies nicht von alter Zeit her erkannt? Seitdem der Mensch auf die Erde gesetzt wurde,

ist das Frohlocken der Gottlosen kurz, und die Freude der Frevler währt nur einen Augenblick.

Wenn auch sein Stolz bis zum Himmel reichte und sein Haupt die Wolken berührte,

so geht er doch, gleich seinem Kot, auf ewig unter; die ihn gesehen haben, werden sagen: Wo ist er?

Wie ein Traum verfliegt er, man wird ihn nicht mehr finden; er wird weggescheucht wie ein Nachtgesicht.

Das Auge, das ihn sah, sieht ihn nicht wieder, und erblickt ihn nicht mehr an seinem Ort.

10 Seine Söhne müssen die Armen entschädigen, und seine Hände sein Vermögen wieder herausgeben.

11 Seine Gebeine waren voller Jugendkraft: Die liegt nun mit ihm im Staub.

12 Ist das Böse noch so süß in seinem Mund, dass er es unter seiner Zunge birgt,

13 dass er es hegt und nicht lassen kann und an seinem Gaumen festhält:

14 so verwandelt sich doch seine Speise in seinen Eingeweiden, wird zu Schlangengift in seinem Inneren.

15 Den Reichtum, den er verschlungen hat, muss er wieder von sich geben; Gott treibt es ihm aus seinem Bauch heraus.

16 Schlangengift hat er gesaugt: Darum wird ihn die Zunge der Otter töten.

17 Er wird seine Lust nicht sehen an den Bächen, an den Strömen von Honig und von Milch.

18 Den Gewinn muss er zurückgeben, und er kann ihn nicht verschlingen; an dem Reichtum, den er erwarb, wird er nicht froh;

19 denn er hat Arme misshandelt und sie liegen lassen, hat ein Haus beraubt anstatt gebaut.

20 Sein Bauch kannte keine Ruhe; vor seiner Begehrlichkeit blieb nichts verschont.

21 Nichts entging seiner Fressgier, darum wird auch sein Gut nicht Bestand haben.

22 Mitten in seinem Überfluss wird er in Not geraten; alle Hände der Unglücklichen kommen über ihn.

23 Es wird geschehen, während er seinen Bauch noch füllt, wird Er die Glut Seines Zornes über ihn senden und sie auf ihn regnen lassen, in seine Eingeweide hinein.

24 Flieht er vor eisernen Waffen, so wird ihn der eherne Bogen durchbohren.

25 Er zieht [an dem Pfeil], und er kommt aus dem Rücken hervor; blitzend fährt er aus seiner Galle, Todesschrecken kommen über ihn.

26 Alle Finsternis ist aufgespart für seine Schätze; ihn wird ein Feuer verzehren, das nicht angefacht wird; übel wird es dem ergehen, der in seinem Zelt übrig geblieben ist.

27 Der Himmel wird seine Schuld offenbaren und die Erde sich gegen ihn empören.

28 Der Ertrag seines Hauses fährt dahin, muss zerrinnen am Tag Seines Zornes.

29 Das ist das Teil des gottlosen Menschen von Gott, das Erbe, das Gott ihm zugesprochen hat!

Hiobs Antwort: Das Wohlergehen der Gottlosen

21 Darauf antwortete Hiob und sprach:

Hört, o hört doch an, was ich zu sagen habe; das soll der Trost sein, den ihr mir gewährt!

Erlaubt mir, dass ich rede; und nachdem ich gesprochen habe, magst du spotten!

Richte ich etwa meine Klage an einen Menschen? Und warum sollte ich nicht ungeduldig sein?

Wendet euch zu mir und staunt, und legt die Hand auf den Mund!

Ja, wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern erfasst meinen Leib.

Warum leben denn die Gottlosen, werden alt, groß und stark?

Ihr Same gedeiht vor ihrem Angesicht um sie her, und ihre Sprösslinge sind vor ihren Augen.

Ihre Häuser haben Frieden, keine Furcht; die Rute Gottes schlägt sie nicht.

10 Sein Stier bespringt, und nicht umsonst; seine Kuh kalbt ohne Fehlgeburt.

11 Ihre Jungen lassen sie ausziehen wie eine Schafherde, und ihre Kinder hüpfen herum.

12 Sie singen laut zur Pauke und Laute und sind fröhlich beim Klang der Schalmei.

13 Sie verbringen ihre Tage in Wohlleben und fahren in einem Augenblick[m] in das Totenreich hinab.

14 Und doch sprechen sie zu Gott: »Weiche von uns; nach der Erkenntnis deiner Wege fragen wir nicht!

15 Was ist schon der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten, und was nützt es uns, ihn anzurufen?«

16 — Doch siehe, ihr Glück liegt nicht in ihrer Hand; [darum] sei der Rat der Gottlosen fern von mir! —

17 Wie oft erlischt die Leuchte der Gottlosen und ereilt sie ihr Unglück, teilt Er ihnen Verderben zu in seinem Zorn,

18 werden sie wie Stroh vor dem Wind und wie Spreu, die der Sturm entführt?

19 Spart Gott das Unglück [des Gottlosen] für seine Kinder auf? — Ihm selbst sollte er vergelten, sodass er es weiß!

20 Seine eigenen Augen sollen sein Verderben sehen, und den Zorn des Allmächtigen soll er selbst trinken!

21 Denn was liegt ihm an seinem Haus nach seinem Tod, wenn die Zahl seiner Monate abgerissen ist?

22 Kann man Gott Erkenntnis lehren, da er es doch ist, der die Hohen richtet?

23 Der eine stirbt im Vollbesitz seiner Kraft, vollkommen ruhig und sorglos;

24 seine Tröge fließen über von Milch, und das Mark seiner Gebeine ist getränkt.

25 Der andere aber stirbt mit betrübter Seele und hat nie Gutes geschmeckt:

26 Gemeinsam liegen sie im Staub, und Gewürm bedeckt sie beide.

27 Seht, ich kenne eure Überlegungen und die listigen Pläne, mit denen ihr mir Unrecht tun wollt!

28 Denn ihr denkt: »Wo ist das Haus des Fürsten? Und wo ist das Zelt, in dem die Gottlosen wohnten?«

29 Habt ihr nicht die befragt, die auf dem Weg vorüberzogen? Und habt ihr ihre Hinweise nicht beachtet,

30 dass der Böse verschont wird am Tag des Unglücks und dem Tag des Zorns entgeht?

31 Wer kann ihm ins Gesicht seinen Wandel vorhalten, und sein Tun, wer vergilt es ihm?

32 Doch er wird [feierlich] zu Grabe getragen, und über seinem Grabhügel hält man Wache.

33 Angenehm sind ihm die Schollen des Tales; hinter ihm her zieht jedermann, und vor ihm her eine unzählbare Schar.

34 Was tröstet ihr mich da mit Nichtigkeiten? Eure Antworten sind nichts als Trug!

Die dritte Rede des Eliphas

22 Darauf antwortete Eliphas, der Temaniter, und sprach:

Kann ein Mann Gott etwas nützen? Es nützt ja der Verständige nur sich selbst.

Hat der Allmächtige Freude, wenn du gerecht bist? Ist"s ihm ein Gewinn, wenn du in Unschuld wandelst?

Straft er dich etwa wegen deiner Gottesfurcht, und geht er deshalb mit dir ins Gericht?

Sind nicht deine Missetaten groß und deine Schulden ohne Ende?

Du hast deine Brüder grundlos gepfändet und den Entblößten die Kleider ausgezogen;

du hast dem Ermatteten kein Wasser zu trinken gegeben und dem Hungrigen das Brot verweigert.

Dem Gewalttätigen gehört ja das Land, und der Angesehene wohnt darin.

Du hast Witwen leer fortgeschickt, und die Arme der Waisen wurden zerbrochen.

10 Deshalb waren rings um dich her Fallen, sodass dich plötzlich Schrecken überfiel.

11 Oder siehst du die Finsternis nicht und die Wasserflut, die dich bedeckt?

12 Ist Gott nicht so hoch wie die Himmel? Sieh doch die höchsten Sterne, wie hoch sie stehen!

13 Und du denkst: »Was weiß Gott! Sollte er durch das Wolkendunkel hindurch richten?

14 Die Wolken sind eine Hülle für ihn[n], sodass er nicht sehen kann, und er wandelt auf dem Himmelsgewölbe umher!«

15 Willst du den Weg der Vorzeit befolgen, den Pfad, auf dem die Frevler einhergingen,

16 die vor ihrer Zeit weggerafft wurden, deren Fundament der Strom wegriss,

17 die zu Gott sprachen: »Weiche von uns!«, und: »Was kann der Allmächtige einem schon tun?«

18 Und er hatte doch ihre Häuser mit Gütern gefüllt! — Doch der Rat der Gottlosen sei fern von mir!

Footnotes

  1. (14,1) w. mit Unruhe gesättigt.
  2. (14,9) w. wie ein Schössling.
  3. (14,17) w. zugeklebt.
  4. (15,8) od. geheimnisvollen Ratschluss.
  5. (15,31) od. Nichtiges; so auch im zweiten Teil des Verses.
  6. (15,34) od. die Versammlung / Sippe der Frevler.
  7. (16,10) od. versammeln sich gegen mich.
  8. (16,19) od. Fürsprecher / Verteidiger; jemand, der Zeugnis für einen anderen ablegt.
  9. (16,21) w. Menschensohn.
  10. (19,26) Andere Übersetzung: aus meinem Fleisch.
  11. (19,27) w. und nicht als Fremden.
  12. (19,27) w. Es schmachten meine Nieren in meinem Inneren.
  13. (21,13) od. und fahren in Ruhe …; d.h. sie haben keinen Leidenskampf beim Sterben.
  14. (22,14) w. sind ihm ein Versteck.